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Worüber wir gelacht haben
ОглавлениеWir sechs Konfirmanden unseres Dorfes, die aufs Gymnasium gingen, hatten jeden Dienstagnachmittag Konfirmandenunterricht im Studierzimmer unseres Pastors. Zu den anderen Konfirmanden ging der Pastor morgens in die Volksschule. Es war im Spätherbst und schon dunkel, als wir um 18:00 Uhr die Pastorei verließen und uns auf den Heimweg machten. Einer der Jungen hatte in seiner Hosentasche vier Kerzenstummel mitgebracht, die wir in die Augenhöhlen der beiden steinernen Totenköpfe klebten, die rechts und links die Steinpfosten des Friedhofstores flankierten. Wir zündeten kichernd die Kerzen an und versteckten uns dann hinter einem Gebüsch, um zu warten, ob jemand vorbeikäme, der sich erschrecken könnte. Es dauerte gar nicht lange, da kam eine dicke Frau auf einem Fahrrad angefahren. Sie stoppte abrupt, als sie die leuchtenden Augenpunkte rechts und links vom Friedhofseingang sah. Dann begann sie laut zu schreien „Hilfe“ und „Herr Pastor, Hilfe“. Sie kam kaum wieder auf ihr Fahrrad und rannte mehr schiebend als fahrend schreiend auf die Pastorei zu. Wir platzten fast vor Lachen, sodass auch wir Mühe hatten, unsere Räder zu besteigen. Dann sahen wir zu, dass wir wegkamen. Im Laufe der Woche wurde es uns allen aber langsam doch etwas mulmig, und am darauf folgenden Dienstag saßen wir nicht ganz so entspannt im geistlichen Studierzimmer wie sonst.
Unser Pastor baute einleitend statt jeder Begrüßung schweigend vier winzige Kerzenstummel vor sich auf, sah uns sechs der Reihen nach an und sagte dann: „Wir ändern den gewohnten Verlauf des Unterrichts heute etwas und wollen uns stattdessen mit dem Bibelspruch ‚Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang‘ befassen.“