Читать книгу Unsere Flotte im Weltkriege 1914/1916 - Eugen Kalau vom Hofe - Страница 15
S. M. S. „Goeben“ und „Breslau“ verlachen die Feinde im Mittelmeer.
ОглавлениеDas heraufziehende Kriegsgewitter im Mittelmeer, der Eindruck, welchen unsere Kreuzer dort machten, sind von dem Reichstagsabgeordneten Lic. Mumm in so packender Weise seinerzeit geschildert worden, dass die Darstellung seiner Erlebnisse auf dem Reichspostdampfer „General“ ausgezeichnet als Einleitung für die Beschreibung der Taten S. M. S. „Goeben“ und „Breslau“ geeignet ist. Sie möge deshalb hier folgen. Überdies ist sie wertvoll als Bild der Stimmung, die auf vielen unserer und fremder Schiffe geherrscht haben mag, die auf dem Meere von der Kriegsnachricht überrascht wurden.
Am 31. Juli war es. Fast war es Mitternacht. Der stattliche Reichspostdampfer „General“ fährt längst südlich von Kreta. Ein alter Admiral zeigt eben gen Himmel und erklärt denen, die noch nicht die Kabine aufgesucht haben, dass man nun gar bald das Kreuz des Südens sehen werde. Da fällt es auf einmal dem Monde ein, sich das schöne Schiff an Backbord anzusehen, derweil er bisher nur die Steuerbordseite mit seinem wunderbaren Glanz bestrahlt hatte. Die Wachenden wissen, was es zu bedeuten hat. Zugleich fangen die Maschinen an zu fauchen wie noch nie. Einige Passagiere wollen hinauf zur Kommandobrücke, den Kapitän Fiedler über den Grund der Wendung zu befragen. Aber an den Treppen stehen, wie aus dem Boden gestampft, Matrosen, jede Annäherung an den Kapitän zu verbieten. Der erprobte Seemann steht die ganze Nacht auf der Kommandobrücke und hat Besseres zu tun, als neugierigen Passagieren Auskunft zu geben. Andern morgens findet es jeder am Anschlagbrett: Drohende Kriegsgefahr. Zurück! Das Schiff steht unter Befehl des deutschen Mittelmeergeschwaders. Der Funkspruch des „Goeben“ lenkt auch unser Schiff. Bald ist der Kurs schier westlich, bald schier nördlich. Geht es nach Brindisi? Nach Triest? Nach Neapel? Niemand gibt Auskunft, jeden Augenblick kann ein Befehl des Admirals Souchon vom „Goeben“ eine neue Lage schaffen — und der „Goeben“ selbst empfängt wieder seine drahtlosen Nachrichten und Weisungen von einer anderen drahtlosen Station.
Wird uns eine fremde Macht wegschnappen? Warum sollten die vielen in Malta lagernden Kriegsschiffe nicht das Bedürfnis haben, einen Ausflug zu machen und ein kostbares Andenken vom Ausflug mitzubringen? Oder auch nur unsern Dampfer anhalten und ihn dann recht gründlich untersuchen, bis der Bruch da ist und damit die Offiziere, die wir an Bord haben, ohne einen Schuss gefangen sind? Denn unsere einzige Kanone an Bord versteht nur Salut zu schießen. Unsere Prismengläser streiften eifrig den Horizont. Bald fahren wir stundenlang mit abgeblendeten Lichtern, bald mit solcher Anordnung der Lichter, dass wir in der Ferne als harmloses Segelschiff erscheinen.
Sonntag wird es. Schon in der Nacht hat uns die Kunde von der Mobilmachung der deutschen Armee drahtlos erreicht. Der Schiffsgottesdienst wird zum Kriegsgottesdienst und endet mit der Einsegnung derer, die zu den Waffen gerufen sind. Die Sammlung für unsere Krieger gibt reichen Ertrag. Dann landen wir im Hafen von Messina. Da kommt zu dem deutschen Kriegsschiff, das dort schon ankert, ein zweites hinzu. Der „Goeben“ — hatte er uns zur eigenen Sicherheit vor sich her gesandt? Erst sehen wir nur die Schornsteine. Dann gleitet das stolze Schiff näher und näher heran. Wir sind an Deck dicht geschart, und nun braust auch schon das „Hurra“ von uns zum „Goeben“ herüber, dort in der gleichen Weise erwidert. Und „Die Wacht am Rhein“ singen wir, wie wir sie nie im Leben gesungen.
Schon löst sich eine Pinasse vom „Goeben“, und Admiral Souchon fährt zu uns heran, unser Schiff förmlich in Besitz zu nehmen. Der „General“ wird Lazarettschiff. Eine wahre Lust war es, die strammen Gestalten der Matrosen und die straffen, in aller Schlichtheit schmucken Offiziere zu schauen. Da spürte man den Windhauch großer Zeit. Und diese Mannschaft ging in den Kampf gegen eine erdrückende Übermacht. Kein Abschied von den Lieben war ihr vergönnt. Aber nichts glänzte auf den Gesichtern als die Freude, dass es nun Ernst ward.
So war doch alle die jahrelange Mühe der Vorbereitung nicht umsonst. Das war der Geist, in dem einst am 2. August 1870 unsre Saarbrücker Soldaten dem übermächtigen Feinde die Stange hielten, solange es nur möglich war. Mehr noch, das war der Geist der Husaren, die den Totenkopf an der Stirn tragen, war der Mut von Lützows wilder verwegener Jagd. Als ich von dem Heldenmut dieser Schar hörte, die schon am gleichen Abend in See stach, die Truppentransporte von Algier nach Frankreich zu stören, wurde mir das Auge feucht.
Ich habe in den letzten Tagen viel Augen vor Freude aufleuchten sehen, dass es in den Kampf fürs Vaterland gehe. Aber der schönste Anblick war doch der unsrer blauen Jungen im Hafen von Messina. Rings starrte die Welt von Feinden: nur umso fester strafften sich die Muskeln! Vorwärts mit Gott für Kaiser und Reich! Das Leben ist der Güter höchstes nicht.
(Deutsche Tageszeitung.)
Noch am 1. August lagen der Schlachtkreuzer „Goeben“ und der Kleine Kreuzer „Breslau“ scheinbar friedlich vor Brindisi zu Anker; innerlich kriegsbereit, denn der elektrische Funke hatte ihnen mitgeteilt, dass in der Heimat der Kriegszustand erklärt war und jeden Augenblick der Mobilmachungsbefehl ergehen konnte. Wie die elektrischen Funken weiter wirkten und im Mittelmeer warnten, haben wir schon erfahren.
Als die Schatten der Nacht sich ans die Reede senkten, verschwanden geräuschlos unsere Kreuzer, nicht um vor der Übermacht der Feinde sich durch schnelle Flucht in Sicherheit zu bringen, sondern zu kühner Tat mitten hinein in das feindliche Lager. Die französische Flotte war im Mittelmeer versammelt, in Malta und Gibraltar lagen englische Geschwader bereit, sämtlich in Verbindung untereinander und mit den in allen Häfen des Mittelmeers sich findenden englischen und französischen Agenten offizieller oder privater Gattung. Sie wähnten die beiden deutschen Kreuzer abzufangen, ihre sichere Beute. Nur hatten sie nicht mit der Schnelligkeit dieser Schiffe und dem prächtig dazu passenden Schneid ihrer Kommandanten, und ihres Admirals gerechnet, die alle Pläne der Feinde über den Haufen warfen. Auf dem Führer dieses kleinen, aber sehr wichtigen Geschwaders lastete schwer die Ungewissheit der politischen Lage, die ihn zwang, für jeden Szenenwechsel des diplomatischen Ränkespiels, das dem vollen Kriegsausbruch voranging, seine Pläne fortwährend umzuformen, damit er die Freiheit des Handelns solange wie möglich behielt.
Am 2. August war im ganzen Mittelmeer bekannt, dass die deutschen Kriegsschiffe Messina angelaufen hatten, um Kohlen zu nehmen. Dort konnte man sie also sicher antreffen! Als der Morgen des 3. August graute, waren sie verschwunden. Wohin? Feindliche Kreuzer suchten natürlich hauptsächlich im Westen; denn wenn die deutschen Kreuzer sich hätten in Pola oder in Triest in Sicherheit bringen wollen, so wären sie nicht von Brindisi nach Messina gelaufen, sondern wären direkt die Adria nordwärts gesteuert. Also aufpassen bei Gibraltar, damit sie nicht durchschlüpfen, und auf dem Wege dahin! Und nach Westen geht richtig ihre eilende Fahrt: in den Rachen des Feindes!?
An Sizilien vorbei hatten allem Anschein nach „Goeben“ und „Breslau“ den Kurs auf Gibraltar gerichtet. Am 4. August im fahlen Frühlicht wurde die afrikanische Küste erspäht. Kein Feind in Sicht. Unsere Kreuzer richteten nun ihre Fahrt so ein, dass sie mit Tagesanbruch dicht vor den Häfen von Bone und Philippeville stehen und ihr Vernichtungswerk beginnen konnten. Auf die Störung der französischen Truppentransporte nach Frankreich war es abgesehen. Mit Sonnenaufgang schlugen deutsche Granaten an die am Kai liegenden Transportdampfer; bald waren die Hafenanlagen, Petroleumlager, Kräne und Eisenbahnen zerstört. Schläfrig antworteten die französischen Kanonen von den Festungswerken — ohne zu treffen. Blitzschnell, wie sie gekommen, dampften unsere Kreuzer aus Sicht und trafen sich an verabredeter Stelle.
Kurz darauf tauchte am östlichen Horizont ein Geschwader auf. War es ein Feind? Unter „Klar zum Gefecht“ fuhren unsere Kreuzer, die wieder Kurs nach Messina genommen hatten, um aus dorthin bestellten deutschen Dampfern Kohlen zu nehmen, ihm entgegen. Beim Näherkommen wurden die englischen Schiffe „Inflexible“, das die Flagge des Höchstkommandierenden im Mittelmeer, des Admirals Sir Archibald Barkeley Milne trug, „Indefatigable“ und ein Kreuzer der „Weymouth“-Klasse erkannt; die beiden ersten von der Größe und Gefechtskraft des „Goeben“, der letzte zwar ein kleiner Kreuzer, aber größer und stärker armiert als die „Breslau“. Die beiden Admirale begrüßten sich nach den Regeln des Seezeremoniells, als die Geschwader aneinander vorbeifuhren. England hatte den Krieg in Berlin noch nicht erklärt. In höchst verdächtiger Weise änderte nach dem Passieren das englische Geschwader seinen Kurs und folgte den deutschen Schiffen. Noch bevor auf eine Anfrage der englische Admiral sein Verhalten durch das Signal „Drohende Kriegsgefahr zwischen England und Deutschland“ außer Zweifel gestellt hatte, wurde in den Kesselräumen der deutschen Schiffe eine fieberhafte Tätigkeit entwickelt, um die höchste Maschinenleistung für eine Wettfahrt auf Leben oder Tod vorzubereiten. Jeden Augenblick musste der deutsche Admiral jetzt die Kriegserklärung Englands und den sofortigen Angriff des mehr als doppelt überlegenen Gegners erwarten; es galt nicht nur diesen abzuschütteln, sondern vor allem die schon bedenklich geleerten Kohlenbunker wieder aufzufüllen.
Am Abend, als die Sonne am westlichen Himmel unterging, verschwanden auch dort die englischen Kreuzer, sie hatten trotz aller Anstrengung mit den Deutschen nicht Schritt halten können. In der Nacht traf mittels Funkspruch vom Admiralstab in Berlin die Nachricht von der Kriegserklärung Englands ein; also endlich Gewissheit und noch gerade zu rechter Zeit, um die jetzt unter dem Vollmond aus dem Dunkel der sizilianischen Küste auftauchenden sechs englischen Torpedoboote gebührend zu empfangen und, bevor sie Schaden anrichten konnten, mit dem Schnellfeuer der leichten Artillerie abzuweisen. Am 5. August 8 Uhr morgens erreichten die deutschen Schiffe den Hafen von Messina, aber nicht, um nach der ungeheuren Anspannung der letzten 24 Stunden auszuruhen, sondern um unverzüglich mit der Übernahme der Kohlen aus den Dampfern, die hier gewartet hatten, zu beginnen, da die italienischen Neutralitätsvorschriften den Kriegsschiffen der im Kriege befindlichen Staaten nur einen eintägigen Aufenthalt in italienischen Häfen in der Regel gestatten.
Der Dampfer „General“ hatte selbst gerade noch Kohlen genug. Der englische Konsul hatte einem englischen Kohlendampfer untersagt, Kohlen an die Deutschen abzugeben. Dennoch verkaufte der edle Brite, nachdem er durch einen mit Whisky versehenen Leutnant gemütlich gestimmt war, seine Kohlen.
Durch den Streich gegen Algerien war das Mittelmeer alarmiert; von allen Seiten eilten die Feinde mit höchster Geschwindigkeit herbei und umstellten die Ausgänge des Hafens von Messina. Die Engländer hatten außer dem schon genannten Geschwader noch zur Stelle das 1. Kreuzergeschwader unter Befehl des Kontreadmirals Troubridge, bestehend aus den Großen Kreuzern „Defence“, „Black Prince“, „Duke of Edinburgh“ und „Warrior“, 4 Kleinen Kreuzern, 16 Zerstörern und 6 Torpedobooten. Dieses Aufgebot war mehr als ausreichend, um das Entkommen unserer Schiffe zur Unmöglichkeit zu machen. Dazu noch Vollmond im Kalender. Eine Anzahl Verbände des französischen Mittelmeergeschwaders war ebenfalls zur Stelle. Den draußen auf der Lauer stehenden Feinden war übrigens bekannt, dass die Deutschen wegen der italienischen Neutralitätsvorschriften sich mit ihrem Kohlenübernehmen beeilen und binnen kurzem wieder in See gehen mussten. Sie brauchten sich also die Zeit nicht lang werden zu lassen.
Kaum hatten unsere Kreuzer am Abend des 6. August die Grenze der italienischen Territorialgewässer überschritten, so waren sie von den vorgeschobenen Wachschiffen des Feindes bemerkt worden, die ihren Kreuzergeschwadern den Aufbruch der Deutschen zu melden hatten. In weitem Umkreise war die Überzahl der Feinde sofort gefechtsbereit, um die deutschen Kreuzer zu jagen, ihnen den Weg zu verlegen und sie bei Tagesanbruch zu vernichten. Im Westen stand das französische Geschwader, im Osten das englische, dessen Führer glaubte, dass die Adria das wahrscheinlichste Ziel der Deutschen sein würde. In dieser Voraussetzung wurde der englische Admiral bestärkt, als seine Leichten Kreuzer ihm meldeten, dass das deutsche Geschwader mit nördlichem Kurs aus die Straße von Otranto unterwegs wäre. Während er seine Schiffe nun bei Brindisi versammelte, nahm Admiral Souchon, zunächst von englischen Kreuzern nicht bemerkt, um Mitternacht mit höchster Fahrt südlichen Kurs, den nächsten Weg nach Konstantinopel, da ein Entkommen aus dem Mittelmeer oder ein Anschluss an die Freunde in der Adria nicht möglich war.
Es glückte ihm aber nicht, spurlos zu verschwinden. Ein englischer Kreuzer entdeckte die deutschen Schiffe zufällig unter der griechischen Küste. Seine wiederholten Versuche, die Stellung der Deutschen seinem Admiral durch Funkspruch zu melden, wurden mit Erfolg gestört. Von der „Breslau“ in ein Gefecht verwickelt und verletzt, blieb er zurück. Schon glaubte man an Bord der deutschen Schiffe, ihn abgeschüttelt zu haben, da kam er wieder in Sicht, gerade als diese Kurs in das Ägäische Meer genommen hatten. Dorthin folgen wollte oder konnte er nicht mehr. Bei einer der Eykladen erwarteten „Goeben“ und „Breslau“ in den nächsten Tagen den Ausgang von Verhandlungen zur Erlangung der Erlaubnis für das Einlaufen in die sonst fremden Kriegsschiffen vertraglich gesperrte Meerenge der Dardanellen oder die Ankunft der Feinde, die ihnen den Untergang bereiten wollten.
Am 10. August um 5 Uhr nachmittags liefen die deutschen Schiffe, von türkischen Lotsen erwartet und geführt, durch die Sperren in die Dardanellen ein. Zwei Stunden später erschienen auch fünf englische Kreuzer und zehn Zerstörer; sie verlangten die Auslieferung von „Goeben“ und „Breslau“ oder Einlass in die Dardanellen. Ihre Wünsche wurden von den Türken abgelehnt.
Im Hafen von Alexandrien lag Anfang September ein schwer beschädigter englischer Kreuzer, der deutliche Spuren der Beschießung aufwies. Außerdem waren im dortigen Dock zur Reparatur ein zweiter englischer Kreuzer, ein Zerstörer und zwei Torpedoboote, die sich sämtlich früher nach Port Said geflüchtet hatten.
Der Durchbruch war glänzend gelungen. Admiral Souchon hatte seine Gegner richtig eingeschätzt und frisch gewagt und „ganz“ gewonnen.
Lange Gesichter mögen seine zahlreichen Feinde darob gemacht haben. Verdarben zu viele Köche den Brei? Fast möchte es so scheinen; denn beide englischen Admirale, die vor Messina kommandierten, wurden durch das enttäuschte und in seinem Stolz gekränkte Albion vor das Kriegsgericht gestellt, um sich wegen des Entkommens des „Goeben“ und der „Breslau“ zu rechtfertigen, und ihrer Posten enthoben. Die beiden deutschen Kreuzer waren nicht nur der ihnen von der englischen Admiralität zugedachten Vernichtung entgangen, sondern sie wurden, nachdem alsbald ihr Übertritt zur türkischen Marine vollzogen war, in der sie unter den Namen „Sultan Jawus Selim“ und „Midilli“ ihre ehrenvolle Laufbahn fortsetzen sollten, eine wertvolle Verstärkung der Wehrkraft der Türkei im Kampfe gegen ihre Todfeinde: Russland und England.
Auf Betreiben der englischen Diplomatie waren durch die in türkischen Diensten stehenden englischen Seeoffiziere unter Führung des Admirals Limpus unter dem Vorwande der Reorganisation alle irgendwie brauchbaren Werftanlagen und Kriegsschiffe in völlige Unordnung gebracht worden. Mit Kriegsausbruch hatte die englische Regierung die beiden türkischen Linienschiffe, von denen eines bereits mit türkischer Besatzung in Dienst gestellt war, ohne weiteres trotz aller Proteste mit Beschlag belegt. Alles dies war geschehen mit dem Ziele, die Türkei wehrlos zu machen gegen über der verabredeten Liquidation ihres europäischen Bestandes, wobei Russland mühelos in den Besitz Konstantinopels gelangen und die Entschädigungen der Balkanstaaten für ihre gegen die Mittelmächte zu leistenden Kriegsdienste herausspringen sollten. Die Türkei hatte noch unter den Folgen der beiden letzten unglücklichen Kriege schwer zu leiden. Wohl wünschte die türkische Regierung deshalb dringend, dem eben ausgebrochenen Weltkriege fernzubleiben; aber angesichts der drohenden Gefahren verband sie ihr Schicksal mit dem der Mittemächte und raffte sich in letzter Stunde zu einer Kraftentfaltung auf, die ihr niemand mehr zugetraut hatte und deren eine Nation nur fähig ist, die begriffen hat, dass es um ihr Bestehen als unabhängiger Staat geht. Der Übertritt von „Goeben“ und „Breslau“ unter die türkische Flagge war mehr als ein symbolisches Zeichen der Waffenbrüderschaft.
Am 29. Oktober 1914 kam es zu einem plötzlichen Zusammenstoß russischer und türkischer Seestreitkräfte vor dem Bosporus und infolgedessen zu weiteren Unternehmungen im Schwarzen Meer gegen Odessa, Sewastopol und Batum, bei denen die türkische Flotte stets erfolgreich war. Die von der russischen Flotte drohende Gefahr blieb für diesmal und auch später abgewandt, als es sich um die Überführung eines russischen Landungskorps handelte, das mit den auf der Halbinsel Gallipoli gelandeten Engländern und Franzosen gemeinsam gegen Konstantinopel vorgehen sollte. „Sultan Jawus Selim“ und „Midilli“ hatten den russischen Seehelden einen gewaltigen Schrecken eingejagt.