Читать книгу Der Verdrüssliche - Eva Holzmair - Страница 8
II.
ОглавлениеZu Hülfe! Ich will nicht verrückt werden. Einmal vier Zoll nach links, dann wieder drei Zoll nach rechts, und Mamsell ist noch immer nicht zufrieden. Sie mustert mich, als ob ich etwas verbrochen hätte. Bähhhh! Nicht einmal bemerken tut sie meinen Verdruss, so beschäftigt ist sie, befehligt eine Riege starker Männer, die hinter ihrem Rücken die Augen rollen. Ahhhhh, endlich lassen sie ab von mir und gehen hinaus.
Wie ruhig es plötzlich ist, nur die Frau noch hier. Nervös blättert sie in einer Mappe mit Skizzen. Na, meine Schöne, wie wär’s mit einer klitzekleinen Tändelei? Hm? Spürst du den zarten Hauch? Er ist anders als jener, den eure Air-Condition verströmt. Ach, mach nicht diese wegwerfende Handbewegung, weil dich ein ungewohnter Luftzug ablenkt. Ich könnte auch deine blonden Locken zerzausen, doch bilde dir bloß nichts darauf ein. An Ilonas Haarpracht kommen sie nicht heran. Nein, nein und abermalen nein. Nie wieder bin ich einer Frau mit derart dicken Zöpfen begegnet. Schwarzbraune Traumbänder! Ein Geschenk!
Ach, wie inkommod, die Männer kommen zurück. Unser Tête-à-tête hat eben erst begonnen. Und du hast wieder nichts mitgekriegt, weil dir deine Mappe und das, was sie nun hereintragen, wichtiger sind als ich.
- Not here, over there.
Na, großartig! Hört denn dieses Herumgeschleppe nie auf? Ja, ja, schiebt mich nur wieder. Und die neuen Sockel dazu. Schön ist so ein Ringelspiel! Des is’ a Hetz und kost net viel … Das hat der Sepp der Marie ins Ohr gesummt. Und sie hat gelacht, wie allein die Marie lachen konnte. Hell mit diesem verführerischen rauen Ton, der stets mitschwang. Sie wusste, dass die Männer ihn heraushörten. Die Marie. Sie nahm und gab. Unterm Strich eine ausgeglichene Bilanz, hätte der Kommerzialrat gesagt. Doch es blieb nicht dabei. Autsch, einen Deut sanfter, wenn ich bitten darf!
- Stop! That’s it. Now they can have a conversation.
Was meinen gnädige Frau? Mit wem soll ich mich unterhalten? Die Sockel sind doch leer! Oh nein, was bringen sie denn nun? Bälle? Köpfe? Aus Pappmaché. Was in Dreiteufelsnamen wollen sie damit? Soll das etwa Kunst sein?
- Belisarius opposite our Vexed Guy.
Belisarius? Kann mir bitte jemand sagen, wer Belisarius ist! Mit dem soll ich reden? Wie stellen Mamsell sich das vor? Ich lasse mir nicht vorschreiben, mit wem ich konversiere. Ganz bestimmt nicht. Ich und verkleistertes Papier! Eine Impertinenz!
Hm. Der Pappkopf ist also Belisarius. Soll das, was ihm vom Kinn runterhängt, ein Bart sein? Oder ist bloß zu viel Kleisterbrei übrig geblieben? Kein Vergleich mit unserer Truppe. Ausgeprägte Kinn-, Nasen- und Stirnpartien ja, aber keine Gesichtsbehaarung.
- Closer!
Oh nein, nicht schon wieder rücken! Und warum gerade zum Nebenmann links? Warum nicht nach vorne oder nach hinten?
- Otherwise people won’t perceive the similarity.
Ähnlichkeit? Also bitte, ich bin doch einzigartig, unverwechselbar.
- Perfect! Here the Vexed Man’s wavy hair and there the lank strands of his counterpart, as if showing us a before and after of the same man. See what I mean?
Ich sehe gar nichts, mein Blondschopf, es sei denn, ich drehte mich zur Seite … Hi Belisarius, ist der Pappkamerad von nebenan einer, der mir tatsächlich ähnlich schaut, nur nicht so schönes Haar hat? Was heißt, das kannst du nicht erkennen? Wegen des San Francisco Examiner? Ach so, für ihn haben sie den Examiner zu Kleisterbrei verarbeitet, nicht wie bei dir die Los Angeles Times. Beruhige dich, ich verstehe durchaus, was Qualität ausmacht, bin ich doch ein besonders eindrückliches Exempel: von Meisterhand aus dem Stein der Götter gehauen, nicht so eine kindische Bastelei wie du. Ach, sei nicht gleich beleidigt. Ich will mich bloß unterhalten. Seit sie unsere Gallery gesperrt haben, schauen keine Leute mehr vorbei, einzig die blonde Frau mit ihrer Entourage.
Übrigens, ich kenne da eine Anekdote über einen eurer Schriftsteller. Mark Twain hieß er. Als er sich auf seiner Europareise in das Fremdenbuch eines Hotels eintragen wollte, las er, was der letzte Gast vor ihm geschrieben hatte: Baron von Blanck mit Diener aus Wien. Woraufhin er daruntersetzte: Mark Twain mit Koffer aus Leder. Hehehe. Ist das nicht lustig?
…
Nun denn, ich kann auch schweigen.