Читать книгу Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz - Eva-Maria Kremer - Страница 34

2. Der Haftungsschuldner

Оглавление

12

Vollstreckungsschuldner ist nach Absatz 1 Buchst. b ferner der Haftungsschuldner. Er haftet persönlich und grundsätzlich auch unbeschränkt an Stelle des Selbstschuldners oder neben ihm für dessen gesetzliche Leistungsschuld (BVerwG U 29.6.2000 – 1 C 25/99, juris Rn. 12 = NVwZ 2000, 1424). Die Haftung kann auch gesamtschuldnerisch sein.

Gegen den Haftungsschuldner kann nur vollstreckt werden, wenn die Gläubigerbehörde gegen ihn einen Verwaltungsakt erlassen hat, mit dem seine Haftungsschuld begründet ist. Dieser Verwaltungsakt ist ein Leistungsbescheid nach § 3 Abs. 2 Buchst. a (Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG § 2 Rn. 3; App/Wettlaufer, § 5 Rn. 17; zum entsprechenden § 20 Abs. 2 Nr. 2 ThürVwZVG VG Meiningen B 11.5.1998 – 5 K 1261/97, juris = NVwZ-RR 1999, 220). Der Leistungsbescheid ist notwendig. Denn er ist die grundsätzliche Voraussetzung für die Einleitung der Vollstreckung (§ 3 Rn. 9, 28).

Beispiele für Haftungsschuld:

Haftung des überlebenden Ehegatten bei Gesamtgutverpflichtungen der fortgesetzten Gütergemeinschaft: § 1489 BGB.
Erbschaftskauf: § 2382 BGB.
Erwerb eines Handelsgeschäfts: § 25 HGB.
Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns: § 28 HGB.
Haftung des Gesellschafters der OHG: § 128 HGB.
Haftung der Komplementäre der KG: § 161 Abs. 2, § 128 HGB.
Haftung des Kommanditisten: § 171 Abs. 1 HGB.
Kostenhaftung des Ausländers und anderer Personen: § 66, § 68 AufenthG (BVerwG U 14.6.2005 – 1 C 11/04, juris = BVerwGE 123, 382; BVerwG U 14.6.2005 – 1 C 15/04 –, juris = BVerwGE 124, 1; VGH München B 8.9.2006 – 24 ZB 06.1326, juris = DÖV 2006, 1010).

13

Eine besondere Haftungsschuld gibt es bei der Einziehung von Kurbeiträgen in Badeorten. Für diese sind die Kurgäste beitragspflichtig. Jedoch können nach Satzungsrecht auch Personen oder Unternehmen, die Personen beherbergen, verpflichtet sein, die Kurbeiträge einzuziehen und an den Staat abzuliefern (VGH Kassel B 22.2.1995 – 5 N 2973/88, juris = NVwZ 1996, 1136; OVG Lüneburg U 13.6.2001 – 9 K 1975/00, juris = NVwZ-RR 2002, 456; OVG Lüneburg U 22.11.2010 – 9 LC 393/08, juris = NdsVBl 2011, 84; VGH München U 12.2.2004 – 5 N 02.1674, juris = NVwZ-RR 2004, 895; OVG Koblenz U 17.5.2011 – 6 C 11337/10, juris = NVwZ-RR 2011, 778). Der Kurbeitragspflichtige und der Wohnungsgeber können als Gesamtschuldner haften (OVG Lüneburg B 29.3.2005 – 9 LA 33/05, juris = NVwZ-RR 2005, 567).

Neben Übernachtungsgästen können auch Tagesgäste kurbeitragspflichtig sein, falls sie kostenaufwendige Einrichtungen des Kurortes in Anspruch nehmen (OVG Lüneburg B 10.6.2011 – 9 LA 122/10, juris = NVwZ-RR 2011, 784).

14

Bei Schuldübernahme nach § 414 BGB oder Bürgschaft nach § 765 BGB entsteht keine öffentlich-rechtliche Haftungsschuld zugunsten der Behörde gemäß Absatz 1 Buchst. b. Denn hierbei handelt es sich um privatrechtliche Verträge zwischen dem Übernehmenden oder Bürgen und der Behörde. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von § 54 VwVfG scheidet aus, weil die öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien fehlen. Diese bestehen nur zwischen dem Selbstschuldner und der Behörde. Deshalb ist hier gemäß § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes der ordentliche Rechtsweg gegeben. Vgl. zur Bürgschaft: BGH U 16.2.1984 – IX ZR 45/83, juris = BGHZ 90, 187; OVG Lüneburg B 29.1.1993 – 1 M 5564/92, juris = NVwZ 1994, 87; OLG Frankfurt/Main U 14.4.1983 – 1 U 216/82, juris = NVwZ 1983, 573.

Für Fremdenverkehrsbeiträge kann auch der Verwalter von Wohnungseigentum haften (OVG Lüneburg B 18.10.2012 – 9 LA 151/11, juris = ZMR 2013, 1007).

Sowohl die Schuldübernahme als auch die Bürgschaft können aus folgenden Gründen keine Rechtsgrundlage für eine Haftungsschuld sein: Eine Haftung des Übernehmenden oder Bürgen ergibt sich nicht unmittelbar aus § 414 BGB oder § 765 BGB (a.A. für die Bürgschaft: Erlenkämper/Rhein, VwVG NRW § 4 Rn. 22). Denn diese Rechtsinstitute beruhen im Rahmen der Vertragsfreiheit des § 311 BGB ausschließlich auf zivilrechtlichen Grundgeschäften. Folglich würden Rechtsstreitigkeiten in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichte fallen. Dagegen wäre für Streitigkeiten im hoheitlichen Verwaltungsvollstreckungsverfahren der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Hieraus ergibt sich: Eine Haftungsschuld kann allein durch einen freiwilligen öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 54 S. 1 VwVfG zwischen der Vollzugsbehörde und dem Garanten begründet werden. Das sollte mit der Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung nach § 61 VwVfG geschehen.

Für die Bürgschaft im Zusammenhang mit dem Verwaltungsakt einer staatlichen Subventionsbehörde gilt Folgendes: Der Sicherungszweck einer Bürgschaft für eine durch Verwaltungsakt festzusetzende Rückforderung einer staatlichen Subvention reicht im Zweifel nur soweit, wie die zuständige Behörde den Empfänger der Subvention bei fehlerfreier Ermessenausübung tatsächlich in Anspruch genommen hätte (BGH U 28.4.2009 – XI ZR 86/08, juris = WM 2009, 1180).

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz

Подняться наверх