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Lichtblicke

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Als Dora kurz nach der Ankunft darauf bestand, das Czernowitzer Mädchenlyzeum besuchen zu dürfen, konnte KellnerKellner, Leon kaum nein sagen, denn was er PaulaKellner, Paula erlaubt hatte, musste er auch Dora gestatten. Es führte zwar auch nur zur Lyzeal-Matura, war aber staatlich anerkannt und galt als sehr liberal. Unter den rund 400 Schülerinnen waren Deutsche, Rumäninnen, Rutheninnen und Polinnen. Weit über die Hälfte von ihnen waren Jüdinnen, denn Czernowitz hatte eine große jüdische Bürgerschaft, darunter viele Akademiker, Geschäftsleute und hohe Beamte. Auch der Bürgermeister, Dr. Eduard ReißReiß, Eduard, war Jude und setzte sich für die deutsch-jüdische Kultursymbiose ein.[101]

Da es in Czernowitz wenig Ablenkung gab, hatte Dora genügend Zeit, Klavier und Gesang zu üben. Auf dem Klavier spielte sie besonders gern BachBach, Johann Sebastian, HaydnHaydn, Joseph, MozartMozart, Wolfgang Amadeus und BeethovenBeethoven, Ludwig van, den sie für den größten aller Komponisten hielt. SchumannSchumann, Robert, BrahmsBrahms, Johannes und GriegGrieg, Edvard lagen ihr weniger. Sie meinte, dass sie vergeblich versucht hätten, das Klavier wie ein eigenes »Instrument« zu behandeln, während es in Wirklichkeit nur ein unvollkommener Ersatz für das Orchester sei.[102] Bei wem sie lernte – ob bei ihrer Mutter, im Selbststudium oder bei einem Lehrer –, ist leider nicht bekannt.

Im Mai 1905 trat sie bei einer Feier auf, die das Lyzeum zum 100. Todestag Friedrich SchillersSchiller, Friedrich gab. Die gesamte Presse – das kleine Czernowitz hatte sieben Tageszeitungen! – berichtete darüber. Gemeinsam mit fünf anderen Mädchen sang Dora Solopartien aus dem »Lied von der Glocke« in einer zeitgenössischen Vertonung, eine »anmutige Huldigung« an den »Verkünder der Freiheit und Wahrheit«.[103]

Auch Camilla, die Heldin ihres Romans, ist eine begabte Sängerin. Dora weiß das Timbre ihrer Stimme genau zu beschreiben:

Tief und dunkel, nicht groß, aber warm und lebendig, frei von falschem Schmelz und Sentimentalität. Sie stieg, klar, einfach und ungezwungen empor und senkte sich mit der Leichtigkeit einer Feder, die zur Ruhe kommt.[104]

Sang Dora so ähnlich? »Warm und lebendig«, aber nicht »groß« genug, um zur Bühne zu gehen, was ihr VaterKellner, Leon vermutlich auch nie erlaubt hätte? Ihre Liebe zur Musik soll sie immer behalten haben. In ihrem letzten – Londoner – Domizil stand ein Blüthner-Flügel, an dem sie spielte und sang, meistens BeethovenBeethoven, Ludwig van.[105]

Als der erst 57-jährige Eduard ReißReiß, Eduard 1907 an einem Schlaganfall starb, war die Trauer groß. Von allen Seiten gingen Kondolenzschreiben ein, sogar vom »Verein der christlichen Deutschen«. Zu seinem Begräbnis hatten sich sämtliche Schülerinnen des Mädchenlyzeums, viele Studenten, der Vorstand der jüdischen Kultusgemeinde und große Teile der Bürgerschaft versammelt. Alle Zeitungen waren sich darüber einig, dass ReißReiß, Eduard den »nationalen und konfessionellen Frieden« in dieser »vielsprachigen Gemeinde« gestärkt und gefördert habe und auf lange Sicht von niemandem ersetzt werden könne.[106]

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