Читать книгу Vom Schafott zum Altar - Ewald Volgger - Страница 12

Erster Teil: Geschichte der Verehrung Franz Jägerstätters und seiner sterblichen Überreste 1. Hinrichtung und Kremation

Оглавление

Franz Jägerstätter wurde am 9. August 1943 um 16 Uhr in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg-Görden an der Havel durch Enthauptung am Schafott hingerichtet.42 Seit der Verurteilung war er 34 Tage und Nächte gefesselt im Gefängnis. Während dieser Zeit schrieb er die Aufzeichnungen und Briefe mit gefesselten Händen.43


Abb. 12: Schafott aus der NS-Zeit am Originalschauplatz der Hinrichtung in Brandenburg-Görden

Das Todesurteil unterzeichnete Werner Lueben, Präsident des Reichskriegsgerichtes; ohne dessen Unterschrift hätte das Urteil keine Gültigkeit erlangt. Der Verweis auf ihn ist aus verschiedenen Gründen interessant. Während seiner Dienstzeit am Reichskriegsgericht wurden an die hundert Personen zum Tode verurteilt, darunter auch Zeugen Jehovas, die als Kriegsdienstverweigerer wegen Zersetzung der Wehrkraft hingerichtet wurden; deren Verurteilungen waren von ihm bestätigt worden. Am 1. Januar 1944 erhielt er die Ernennung zum Senatspräsidenten des Reichskriegsgerichtes in Berlin. Als er im Mai 1944 drei Priester, Carl Lampert, Pater Friedrich Lorenz und Herbert Simoleit, zum Tode verurteilen sollte, weigerte er sich, da für ihn die Gründe zur Verurteilung nicht ausreichten. Die Verhandlung war auf den 28. Juli 1944 verschoben worden. An diesem Tag fand man ihn in seiner Wohnung in Torgau an der Elbe; er hatte sich mit seiner Dienstwaffe das Leben genommen. Offensichtlich konnte er aus Gewissensgründen die Verurteilung der Priester nicht bestätigen und entschied (oder wurde gezwungen), dafür selbst in den Tod zu gehen. Lueben wurde auf dem Gertraudenfriedhof in Halle an der Saale begraben, wo ihm 2014 durch den katholischen Pfarrer Herold auch ein Gedenkstein gemeinsam mit den drei hingerichteten Priestern errichtet wurde.44

In einem Feature im Deutschlandfunk am 22. Juli 2016 berichtete seine Tochter Irmgard Sinner über ihren Vater; aufgrund ihrer eigenen schicksalshaften Biografie hatte sie sich Versöhnung zur Aufgabe gemacht.45 Sie sprach über den Kontakt zu Angehörigen von Hingerichteten, die durch das Urteil ihres Vaters das Leben lassen mussten. Unter anderem erinnerte sie sich auch an den Kontakt zu den Töchtern von Franz Jägerstätter, der ihrer Erinnerung nach der Letzte gewesen sei, den ihr Vater zum Tode verurteilt habe. Sie habe Maria Dammer geschrieben, von der sie am 15. September 2013 eine „nette“ Antwort erhielt, „die sie ganz glücklich gemacht habe“:

Liebe Frau Sinner, ich war sehr überrascht, von Ihnen einen so liebevollen Brief zu bekommen. Ich schätze es sehr, dass Sie Anteil an unserem Schicksal nehmen, haben Sie doch ähnliches miterlebt. Ihre Idee, zu uns eine Brücke zu bauen, finde ich großartig. Und ich, wie auch meine Schwestern wollen Ihnen ganz die Hand zur Versöhnung reichen. Im Geist der Liebe und für Versöhnung und für eine Kultur des Friedens einzutreten, soll unser aller Aufgabe sein. […] Mit lieben Grüßen und vielen guten Wünschen, Ihre Maria Dammer.

Zurück in das Jahr 1943. Noch am Tag der Hinrichtung, dem 9. August 1943, schrieb Pfarrer Albrecht46 Jochmann47, zuständig für die Haftanstalt Brandenburg-Görden, an die Witwe Franziska und berichtete ihr vom Sterben ihres Mannes.48 Pfarrer Jochmann, der ihn am letzten Tag begleiten konnte, bezeugt, „dass dieser einfache Mensch der einzige Heilige ist, der mir in meinem Leben begegnet ist“.49

Die Leichen von Franz Jägerstätter und aller weiteren Hingerichteten wurden im Krematorium der Stadt Brandenburg eingeäschert50; auf dem Deckel der Urne für die Brandleichenreste von Franz Jägerstätter ist der 11. August 1943 als Kremationsdatum eingetragen. Unmittelbar nach Kriegsende wurde von der katholischen Pfarrgemeinde Brandenburg eine Gedenktafel für 17 getötete Priester und zwei Laien, an erster Stelle Franz Jägerstätter, für insgesamt 1.800 in Brandenburg getötete Gefangene angebracht, welche im Zuchthaus Brandenburg von 1942 bis 1945 ihr Leben lassen mussten.51


Abb. 13: Pfarrer Albrecht Jochmann

Auch der Berliner Standortpfarrer Heinrich Kreutzberg52, der Jägerstätter zwei Mal im Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel besuchte, schrieb am 21. August, nachdem er die Todesnachricht erhalten hatte, an Franziska Jägerstätter und hält u. a. fest:

Ihr Mann ist am 9. [August] verlegt worden und noch am gleichen Tage gestorben. Beigesetzt wurde er am 17. 8. Ich habe an seinem Urnengrab still gebetet. Es waren auch einige Blumen auf das Grab gepflanzt.53


Abb. 14: Pfarrer Heinrich Kreutzberg am Urnengrab von Jägerstätter

Die Benachrichtigung über die Hinrichtung vonseiten des Oberreichskriegsanwaltes an Franziska Jägerstätter erfolgte erst am 9. September 1943.54 In der Mitteilung55 an die Witwe des Hingerichteten wird nichts über die Bestattung des Leichnams bekannt gegeben:

An Frau Franziska Jägerstätter, St. Radegund 7, Post Ostermiething.

In der Strafsache gegen Ihren Ehemann, den Kraftfahrer Franz Jägerstätter wegen Zersetzung der Wehrmacht, wurde dieser vom Reichskriegsgericht am 6. Juli 1943 zum Tode sowie zum Verlust der Wehrwürdigkeit und der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Das Urteil wurde am 14.7.1943 bestätigt und am 9. August 1943 die Todesstrafe vollstreckt.

Ein letzter Brief Ihres Ehemannes wird beigefügt.56

Vom Schafott zum Altar

Подняться наверх