Читать книгу Vom Schafott zum Altar - Ewald Volgger - Страница 15

4. Die zweite Urnenbestattung (1946)

Оглавление

Schwester Kallista Vorhauer schrieb am 16. Juni 1946 aus dem Marien-Krankenhaus in Brandenburg, das damals in der russischen Zone lag:

Liebe Frau Jägerstätter!

Ihren lb. Brief vom 25.I. habe ich leider erst am 8. Mai erhalten. Besten Dank für die lieben Zeilen. Da schon seit Herbst die Heimreise einiger Schwestern geplant ist, wollte ich immer noch abwarten bis ich den genauen Termin der Abfahrt weiß, um Ihnen dann berichten zu können. So sehr sich erst alles verzögert hat, so schnell geht es nun mit einem Mal. Schwester Oberin fährt bereits am Freitag den 21.6. von Berlin über München, mit einigen Schwestern ab, und Schw. Georgia, die auch dabei ist, will Ihnen dann die kostbare Urne mit den letzten irdischen Überresten Ihres teuren Toten mitbringen. Da die Fahrt über Salzburg geht, möchte sie, wenn es irgendwie möglich ist, gleich einen Abstecher nach St. Radegund machen und das Kleinod Ihnen eigenhändig überbringen. Sollte ihr das nicht möglich sein, wird sie Ihnen von dort aus noch weiteren Bescheid geben. Die U.[rne] ist schon seit einigen Wochen bei uns im Haus, weil man schon immer mit der Abfahrt rechnete und wir haben es als eine Gunst angesehen, sie beherbergen zu dürfen. Wir hoffen auch, dass unsere lieben Schwestern durch seine Fürbitte eine ganz besonders gute Reise haben werden.

Ich beglückwünsche Sie, liebe Frau Jägerstätter, und Ihre Kinder zu diesem kostbaren Schatz, den Sie zwar sehr teuer erkaufen mussten, der Ihnen aber für Zeit und Ewigkeit zum Segen gereichen wird. Empfehlen Sie auch mich seiner Fürbitte und seien Sie herzlich gegrüßt von S. Kallista Vorhauer.99

Im Jahre 1984 schrieb Schwester Peregrina Maier der Witwe Jägerstätter, wie schwierig die Reise mit der Urne war:

Wir haben damals viel gebetet für die Opfer, denn Tag und Nacht wurden die armen Menschen verbrannt. Es war eine sehr traurige Zeit. Wir haben auch nicht mehr gerechnet, daß wir noch einmal heim nach Österreich kommen. Wir waren am 20. Juni 1946, drei Wochen auf der Reise, bis wir nach Vöcklabruck kamen. Mußten durch die Lager, bis wieder ein Transport mit 600 Menschen zusammenkam, dann wurden wir in Vieh-Waggons weiter befördert. In Berlin wurde uns gesagt, wir können ohne weiteres nach Österreich fahren, dann stand es überall an, wir konnten nicht weiter. Aber wir hatten Herrn Jägerstätter in der Urne bei uns, so kam „er“ in seine Heimat.100

Die Mitteilung über die Überbringung der Urne erfolgte durch den Brief von Schwester Georgia Holzinger, datiert am 9. Juli 1946:

Liebe Frau Jägerstätter!

Schw. Kallista hat Ihnen vor kurzer Zeit mitgeteilt, daß Schwestern die in die Heimat reisen die Urne Ihres verstorbenen Mannes mitbringen werden. Gerne hätte ich dieselbe zu Ihnen gebracht, wenn nicht die Reisedauer solange wäre. Am 20. Juni sind wir bereits abgefahren u. darf gut gehen, daß wir am 10. Juli nach Vöcklabruck kommen. Somit würde ich Sie bitten, dieselbe erst nach dem 15. Juli vom Mutterhaus Vöcklabruck abzuholen, da am 11. Juli Generaloberinwahl sei u. noch einige Tage vergehen können bis ich Zeit habe mit Ihnen zu sprechen. Gelt Sie verstehen mich u. wir Schwestern aus Brandenburg möchten Sie noch kennen lernen: die Frau eines Märtyrers. […]

H. H. Pfarrer Jochmann hätte ganz gerne etwas näheres von Ihrem Manne erfahren, von seiner Jugend usw., wäre ich zu Ihnen gekommen hätte ich Ihnen Hochwürden Herrn Pfarrer darum gebeten Aufzeichnungen zu machen u. zu schicken. Pfarrer Jochmann würde dann das Bild vollenden. Bitte, sagen Sie H. H. Pfarrer recht liebe Grüße

Schw. Maria Georgia

Bitte eine Bestätigung der Urne mitbringen.

Am 9. Juni geht der Transport von München weiter.101

Am 9. August 1946 konnte die Urne von Franz Jägerstätter dann an der südlichen Kirchenmauer von St. Radegund bestattet werden102, an diesem Ereignis haben viele Leute aus dem Dorf teilgenommen.103 Am 7. September 1946 antwortet Sr. Georgia auf ein Schreiben von Franziska, das sich nicht erhalten hat, in welchem sie aber wohl von der Bestattung berichtete. Der Brief, der hier zur Gänze wiedergegeben werden soll, weil er Ausdruck der frühen religiösen Verehrung Jägerstätters ist, war versehen mit einem Spruch von Pius XI., der nicht absichtslos gewählt war:

Das Gute und das Böse ringen in einem gigantischen Zweikampf miteinander. Niemand hat das Recht, in dieser Stunde mittelmäßig zu sein.

7.9.1946

Liebe Frau Jägerstätter!

Ihr liebes Brieflein mit den Bildchen mit Dank erhalten. Wenn Sie noch einige Bildchen übrig haben würden sich die Schwestern in Brandenburg sehr darüber freuen. Nun haben Sie die letzten Überreste Ihres im Herrn ruhenden Gatten in Ihrer Nähe. Seine Seele ist daheim bereits im himmlischen Vaterhause. Hier noch Kampf, Arbeit und Sorgen, dort oben ein Ausruhen, ein Daheim sein, wo ewiges Licht, himmlischer Friede wohnt. Wer möchte nicht es unseren Lieben vergönnen u. mit ihnen uns an ihrem Glück zu freuen.

Möchten alle unsere Lieben für uns bitten, damit auch dorthin gelangen u. dieses Erdenleben so verbringen, dass auch wir der Verheißungen Christi teilhaftig werden.

Beten wir füreinander, das Fest Maria Geburt unserer himmlischen Mutter möge uns wieder ein neuer Ansporn sein, alles Erdenleid mit großer Geduld zu tragen.

Recht liebe Grüße Schw. Maria Georgia104

Nachdem im Jahre 1961 die Schwestern in Vöcklabruck den Zeitungsartikel von Prof. Gordon C. Zahn105 über Jägerstätter gelesen hatten, antworteten Schw. Georgia Holzinger und Schw. Kallista Vorhauer (Verfasserin) mit dem folgenden „Bericht zum Falle Fr. Jägerstätter aus St. Radegund“ dem Verfasser, der sich noch in St. Radegund aufhielt, und führten zur Überbringung der Urne Folgendes aus:

Noch am selben Abend sagte Pfarrer Jochmann im Kreise der Schwestern: „Ich kann euch nur gratulieren, zu diesem eurem Landsmann, der als Heiliger gelebt und als Held gestorben ist. Ich habe die Gewißheit, daß dieser einfache Mensch der einzige Heilige ist, der mir in meinem Leben begegnet ist.“ Nach Beendigung des Krieges ersuchte ich im Auftrag unserer Sr. Oberin im Krematorium Brandenburg um die Ausfolgung der Urne mit der Asche Jägerstätters. Sie wurde uns nur unter der Bedingung zugesagt, daß wir die schriftliche Zusage für eine kirchliche Einsegnung in der Heimat erbringen. Nachdem wir dieselbe auf unser Ansuchen vom Hochw. Herrn Pfarrer in St. Radegund erhielten, wurde uns die Urne ausgefolgt.

Da sich die Reise der Schw-Oberin nach Vöcklabruck, wegen der Verkehrsschwierigkeiten noch verzögerte, hatten wir das Glück, die Urne noch längere Zeit im Hause zu haben. Ich hatte dieselbe einige Tage auf meinem Nachtkästchen stehen und kann bestätigen, daß mir auf die Fürbitte Jägerstätters eine auffällige Hilfe in einer seelischen Angelegenheit zuteilwurde.

In unseren Augen war Jägerstätter, den wir nur aus den Berichten des Seelsorgers kannten, ein besonderer Freund Gottes.106

Abb. 19: Schwester Peregrina Maier Abb. 20: Schwester Georgia Holzinger

Ein weiteres spätes Zeugnis der Überbringung der Urne verfasste Schwester Peregrina Maier am 10. September 1984 in Hofkirchen, nachdem sich Franziska Jägerstätter bei ihr nach Bildern aus Brandenburg bzw. dem dortigen Krematorium erkundigt hatte.107

Vom Schafott zum Altar

Подняться наверх