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Einleitung 1. Religiöse und politische Bedeutungen des Erinnerns
ОглавлениеOrte der Erinnerung haben eine besondere Aufgabe und Wirkung. Der neugeschaffene Altar der Pfarrkirche von St. Radegund ist ein solcher Ort. Unterhalb der Altarplatte, in die Mitte des Altaraufbaus, wurde ein kreuzförmiger Glaskörper eingebettet, der die Reliquien (Brandleichenreste) des seligen Märtyrers Franz Jägerstätter birgt und seinen Märtyrertod gegenwärtig hält.2
Am 9. August 1943 wurde Franz Jägerstätter am Schafott in Brandenburg an der Havel hingerichtet; am 11. August wurde seine Leiche verbrannt. Das Todesurteil gegen Franz Jägerstätter am 6. Juli 1943 durch das Militärgericht des NS-Regimes brachte „den Verlust der Wehrwürdigkeit und der bürgerlichen Ehrenrechte“ mit sich.3 Eine Widerstandspersönlichkeit, die sich wie nicht wenige aus Gewissensgründen und religiöser Überzeugung gegen das menschenverachtende Regime des Nationalsozialismus aussprach, sollte vernichtet und die Erinnerung an sie ausgelöscht werden. Der Totalitarismus der NS-Ideologie duldete keine Infragestellung und Opposition. Selbst über den Tod hinaus sollte die anonyme Bestattung der Hingerichteten die Erinnerung unterbinden. Die Anonymbestattung verunmöglichte auch die Grabkultur als eine mögliche Form der Erinnerung. Die Haltung Jägerstätters, seine Wirkung auf Menschen um ihn herum, nicht zuletzt im Gefängnis, bewirkte aber das Gegenteil.
Totalitäres Denken, wie es auch vom NS-Regime unter Hitler in unüberbietbarer Weise praktiziert worden war, anerkennt in seiner Radikalität die Individualität und Würde eines Menschen nicht, nicht einmal jene der selbst totalitären Akteur/innen, es negiert die Menschenrechte, es vernichtet die Tatsache der Existenz eines Menschen. Das Leben eines Menschen ist vollkommen überflüssig, weil es jederzeit ersetzt werden kann. Das unterscheidet es vom Mörder.4 Die Verfolgungen, Verurteilungen, Hinrichtungen und die Konzentrationslager des NS-Regimes dienten in ihrer Radikalität dazu, „Menschen so zu behandeln, als ob es sie nie gegeben hätte, sie im wörtlichsten Sinne verschwinden zu lassen“.5 Dieses Ziel verfolgten die Nationalsozialisten konsequent, wenn sich Menschen, aufgrund welcher Überzeugung auch immer, ihrem System und dessen Absichten entgegenstellten oder dessen Grundlagen hinterfragten. Auch die Hinrichtung Jägerstätters entsprach dieser Absicht.
Hannah Arendt hat umfassend reflektiert, wie totalitäre Regime agieren. Sie erläutert dabei drei Tode, die konsequent aufeinander folgen. Die Vernichtung der juristischen Persönlichkeit durch Hinrichtung oder Konzentrationslagerhaft, in der der Tod sicher folgt, ist ein erstes Ziel der totalitären Verfolgung.6 Ein nächster entscheidender Schritt ist die Ermordung der moralischen Person, wodurch Märtyrertum unmöglich gemacht wird und Trauer und Erinnerung unmittelbar verhindert werden. Sterben für etwas sollte seinen Sinn verlieren.7 Und schließlich beabsichtigt das totalitäre Regime auch die Tötung der Spontaneität, damit meint Arendt die Fähigkeit des Menschen, von sich aus etwas Neues zu beginnen, eine Facette der Individualität.8 Auch die Gewissensentscheidung, „besser als Opfer zu sterben, denn als Beamter des Sterbens zu leben“, sollte ihrer Sinnhaftigkeit beraubt werden, indem Anhänger/innen des NS-Regimes „die Entscheidung des Gewissens selbst absolut fragwürdig und zweideutig machten“.9 „Das einzige, was nach der Tötung der moralischen Person noch übrigbleibt, um zu verhindern, dass Menschen lebende Leichname sind, ist die Tatsache der individuellen Differenziertheit, der eigentümlichen Identität.“10 Noch unmittelbar vor seiner Hinrichtung bemerkt Jägerstätter: „… immer noch besser, als wenn der Wille gefesselt wäre“11, und bestätigt damit, dass „dieser Bestandteil der menschlichen Person, gerade weil er so wesentlich von Natur und willensmäßig unkontrollierbaren Mächten abhängt, am schwersten zu zerstören ist“.12 Jägerstätter, der sich mit entschiedener Gewissensüberzeugung und mit von Gott begnadeter Kraft, wie er selbst bestätigt, gegen alle Formen der Lüge wandte, machte deutlich, dass der Glaube eine Instanz ist, die Wert und Würde der Person hochhält und zu verantwortungsvollem Handeln anhält, welche Würde und Individualität des Menschen nicht zu verletzen beabsichtigt.
Franz Jägerstätter begründete seine Haltung dem NS-Regime gegenüber mit seinem Glauben. „Hätte mir Gott nicht die Gnade und Kraft verliehen …“13, merkt er in einem seiner letzten Schreiben an, um deutlich zu machen, dass er diesen Weg des Widerstandes und der Verweigerung nicht einfach von sich aus gesucht hatte. Erst die in der Gottesbeziehung geschenkte Erkenntnis und Kraft ermöglichte ihm den inneren und äußeren Widerstand. Im Todesurteil des Reichskriegsgerichtes wird Jägerstätters Haltung und Aussage damit begründet,
dass er gegen sein religiöses Gewissen handeln würde, wenn er für den nationalsozialistischen Staat kämpfen würde. […] Er erklärte sich jedoch bereit, als Sanitätssoldat aus christlicher Nächstenliebe Dienst zu tun. In der Hauptverhandlung wiederholte er seine Erklärungen und fügte hinzu: Er sei erst im Laufe des letzten Jahres zu der Überzeugung gelangt, dass er als gläubiger Katholik keinen Wehrdienst leisten dürfe; er könne nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein; das sei unmöglich. Wenn er den früheren Einberufungsbefehlen Folge geleistet habe, so habe er es getan, weil er es damals für Sünde angesehen habe, den Befehlen des Staates nicht zu gehorchen; jetzt habe Gott ihm den Gedanken gegeben, dass es keine Sünde sei, den Dienst mit der Waffe zu verweigern; es gebe Dinge, wo man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen; auf Grund des Gebotes „Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst“ dürfe er nicht mit der Waffe kämpfen. Er sei jedoch bereit, als Sanitätssoldat Dienst zu leisten.14
Der Wehrpflicht nicht nachzukommen und nicht mit der Waffe kämpfen zu wollen, wurde als Zersetzung der Wehrkraft beurteilt. Demzufolge wurde Franz Jägerstätter am 6. Juli 1943 zum Tode verurteilt.
Über 50 Jahre später, am 7. Mai 1997 wurde das Feldurteil des Reichskriegsgerichts gegen Franz Jägerstätter auf Antrag seiner Töchter Rosalia Sigl, Maria Dammer und Aloisia Maier aufgehoben. Der Grund lag darin, dass dieses aus religiösen Gründen ergangen ist und lediglich dazu diente, das nationalsozialistische Regime zu unterstützen und aufrechtzuerhalten. Das Landgericht Berlin hält fest, dass „die Entscheidung, aus Gewissensgründen keinen Wehrdienst mit der Waffe zu leisten, zu respektieren ist“.15 Damit sollte das nationalsozialistische Unrecht wiedergutgemacht werden, denn das Todesurteil ist in den Augen der Nachfolgegesellschaft Unrecht und eine rechtswidrige vorsätzliche Tötung, nach österreichischem Recht Mord (vgl. § 75 StGB).16 Damit wird deutlich und bestätigt, dass die Haltung Jägerstätters richtig und konsequent war. Jägerstätter hatte erkannt, dass die „neue Religion“, wie sie von Adolf Hitler bereits in seiner ersten Rede als Reichskanzler 1933 proklamiert worden war, den katholischen Glauben an Gott nicht respektierte. Deutlich gilt es anzumerken, dass alle Soldaten, die in diesem ungerechten Krieg gefallen sind und ihr Leben auf das Spiel gesetzt haben, aber auch alle weiteren zwangsweise zum Soldaten- und Staatsdienst Einberufenen dem menschenverachtenden Machthunger und Größenwahn sowie dem verbrecherischen Krieg und der Vernichtungsmaschinerie zur Verfügung stehen mussten. Franz Jägerstätter, Bauer und Mesner aus St. Radegund, hatte dafür eine klare Sichtweise und entschied sich, gegen den Strom zu schwimmen. Er setzte damit ein prophetisches Zeichen.
Eine Nachfolgegesellschaft gestaltet für Opfer totalitärer Systeme kulturelle und politische Erinnerungsmomente, die vom Denk- bzw. Mahnmal über künstlerisch-kulturelle oder wissenschaftliche Veranstaltungen bzw. philosophisch-ethische Reflexionen bis hin zu politischen Mahnereignissen reichen. Alle Initiativen insgesamt können unter dem Begriff Erinnerungskultur bzw. -arbeit zusammengefasst werden.
Abb. 2: „Einsame Entscheidung“, Bild 5 aus dem Jägerstätter-Zyklus von Ernst Degasperi
Der in Meran/Südtirol geborene und in Wien beheimatete Künstler Ernst Degasperi charakterisierte die NS-Ideologie und Vernichtungsmaschinerie als die „Pervertierung der Gewalt zur Moral“.17 Demgegenüber hat Jägerstätter durch seine moralische Haltung deutlich gemacht, dass die menschen- und glaubensfeindliche Gewalt der Nazis nicht zu rechtfertigen ist, und hat sich der Pervertierung entgegengestellt. Degasperi verstand sein künstlerisches Schaffen als Friedensarbeit. Sein Jägerstätter-Zyklus bringt die Haltung Jägerstätters gegen den Strom seiner Zeit in bewegender Weise zum Ausdruck.
Abb. 3: „Gegen den Strom“, Bild 6 aus dem Jägerstätter-Zyklus von Ernst Degasperi
Der Papst, die höchste Autorität der Kirche, sprach Franz Jägerstätter 2007 selig, womit er einen bleibenden Platz im Martyrologium der katholischen Kirche hat. Seine Lebenshingabe wird mit einer neuen Wertigkeit versehen, die von Menschlichkeit und Gottesbezug geprägt ist. Die Kirche pflegt den Brauch, Märtyrer/innen unter einem Altar zu bestatten, so wie ursprünglich über den Gräbern von Märtyrer/innen Kirchen und Altäre erbaut wurden. Das ist eine besondere Form der Erinnerungskultur. Jägerstätters Bestattung unter dem Altar, die ihm als Märtyrer zukommt, stiftet ein bleibendes Gedenken und verbindet die Lebenshingabe Jesu und ihren Sinn mit der Lebenshingabe des Märtyrers in der Nachfolge Jesu, um der Liebe zu den Menschen den Vorrang zu geben.18
Auch die offizielle Politik in Österreich rehabilitierte den, der sich geweigert hatte, mit der Waffe in der Hand für Hitler zu kämpfen. Anlässlich der Seligsprechung schrieb der österreichische Bundespräsident Dr. Heinz Fischer an Frau Franziska Jägerstätter und konstatierte im Namen der Republik Österreich:
Mit diesem besonderen Schritt wird das Wirken von Franz Jägerstätter weit über die Grenzen unseres Landes hinaus geehrt und dokumentiert. Auch für unser Land war es nach 1945 nicht leicht, die Opfer des Widerstandes anzuerkennen und zu akzeptieren. Die bewusste Gehorsamsverweigerung von Franz Jägerstätter, die aus einem langen Reifungsprozess entstanden ist, verdient unseren höchsten Respekt und Anerkennung. Die Nationalsozialisten konnten Franz Jägerstätter töten, aber genau dadurch haben sie seine moralische Größe sichtbar gemacht. Sie wollten seinen Namen auslöschen und haben ihn eben dadurch ins Buch der Geschichte eingetragen.19
Durch die Selig- bzw. Heiligsprechung in der katholischen Kirche wird eine bleibend gültige Entscheidung gegen das Vergessen einer Persönlichkeit, gegen die Negation der Individualität der menschlichen Person und deren Würde gesetzt, das Erinnern zur Anregung, zur Aufgabe, ja Pflicht erhoben sowie unter den Kategorien der kirchlichen Riten und Feiermöglichkeiten und durch die darüber hinaus zu gestaltende Erinnerungskultur verwirklicht. Die Haltung einer Persönlichkeit gegen die Kräfte des Bösen wird anerkannt und in ihrer bleibenden Bedeutung (Heroizität) zur Verwirklichung des Evangeliums gewertet.20
Nachdem Franz Jägerstätter als Märtyrer anerkannt worden war und dessen Seligsprechung im Jahr 2007 erfolgte, unternahm die Pfarrgemeinde von St. Radegund im Zuge einer Generalsanierung der Pfarrkirche auch die Neugestaltung des Altarraumes ihrer Pfarrkirche und übertrug die Reliquien des seligen Franz Jägerstätter (Brandleichenreste) nach Absprache mit der Diözesanleitung in den neuen Altar. Damit wird dem Ansinnen des totalitär denkenden Nationalsozialismus mit dessen verbrecherischer und menschenverachtender Tötungsmaschinerie und seinem Kriegsfanatismus, die Erinnerung all derer auszulöschen, die sich dagegen aussprechen und dagegen verhalten, eine bleibende Gedächtnisstätte entgegengesetzt. Die Seligsprechung von Franz Jägerstätter bestätigt, dass er mit seinem Gewissen ein klares Urteil gegen das religionsfeindliche und den Wert eines Menschen verachtende System für sich gefunden hatte und dafür in den Tod ging. Die Aufhebung seines Todesurteiles bestätigt, dass er nicht nur im religiösen Sinne richtig lag, sondern auch aus politischer Perspektive Recht bekommen sollte, ist doch der Nationalsozialismus derart zu verurteilen, dass bereits das Aufgreifen dieses Gedankengutes und dessen Verbreitung heute (in Deutschland und Österreich) verboten sind und geahndet werden.21
Wie sehr Jägerstätter inzwischen auch in Kultur, Politik und Gesellschaft angekommen ist, mögen drei weitere Beispiele zeigen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen verweigerte im September 2018 durch Androhung seines Veto-Rechtes dem freiheitlichen Politiker Hubert Keyl die von der Regierung beschlossene Ernennung zum Richter am Bundesverwaltungsgericht, weil er Franz Jägerstätter einen Verräter genannt und dessen Seligsprechung in Frage gestellt hatte. SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda meinte nach der Nominierung von Keyl, „dass das Ansehen eines Nationalhelden unserer Republik, eines Menschen, der zum Inbegriff des Anstands und der aufrechten Haltung unter Inkaufnahme der Vernichtung der eigenen Existenz wurde, zutiefst beleidigt wird“.22
Zur Eröffnung des Internationalen Brucknerfestivals in Linz am 8. September 2019 brachte der Chor V. I. P. Voices in Progress den von Schriftsteller Franzobel (Franz Stefan Griebl) verfassten Text „Jägerstätter“ und das von Thomas Mandel komponierte Chorwerk zur Uraufführung. Dazu meinte Bürgermeister Klaus Luger in seiner Festansprache, dass der Aufbruch in neue Welten immer auch Erkenntnisse aus der alten Welt mitnehmen möge, und konkretisierte seine Aussage: „Wir können zum Beispiel mitnehmen – das hat die Inszenierung des Chors mit dem Lied über Franz Jägerstätter bewiesen –, dass wir Jahre wie 1933, 1934, 1938 und ganz besonders 1939 als gesellschaftlichen Auftrag sehen, dass solche Entwicklungen, und zwar von ihren Wurzeln an, nie wieder stattfinden dürfen. Das soll uns gerade in diesem September bewusst sein.“23 Mit diesem Chorwerk und demselben Chor unter Leitung von Stefan Kaltenböck war Oberösterreich auch beim Festkonzert am 3. November 2019 im Großen Saal des Wiener Musikvereines vertreten. Gefeiert wurden 70 Jahre Chorverband Österreich. Jägerstätter wurde inzwischen zu einem Ausweis Oberösterreichs auch in der kulturellen Welt.24
Das Weltkriegsdrama A Hidden Life von Starregisseur Terrence Malick wurde beim Filmfestival in Cannes am 19. Mai 2019 im Wettbewerb um die Goldene Palme uraufgeführt. Der Spiegel schrieb anlässlich der Premiere: „Der neue Titel A Hidden Life, einem Zitat von George Eliot entlehnt, setzt einen anderen, prägnanteren Akzent: Immer wieder machen Nazischergen Jägerstätter klar, dass von seinem Akt des Widerstands keine Wirkung ausgehen wird, dass niemand von seinen Taten hören wird. Dieser Film stellt sicher, dass von diesem Mann und diesem Leben nichts verborgen bleibt.“25 Am 21. November 2019 feierte er als Eröffnungsfilm des Filmfestivals Around the World in 14 Films in Berlin seine Deutschlandpremiere, bevor er am 31. Januar 2020 in die deutschen Kinos kam. Seine weltweite Wirkung wird erst nach Jahren abschätzbar sein.
Dieses Buch beschreibt und dokumentiert die Geschichte der sterblichen Überreste Franz Jägerstätters von der Erstbestattung auf dem Friedhof in Brandenburg am 17. August 1943 bis hin zur Translatio und Bestattung unter dem Altar am 20. Mai 2016 bzw. der Weihe des Altares am darauf folgenden Tag in St. Radegund. Der erste Teil der Studie blickt auf die Genese der Verehrung und Rezeption Jägerstätters bis zur Seligsprechung im Jahr 2007. Zu den Schwerpunkten gehört dabei die Überbringung der Urne von Brandenburg nach Vöcklabruck bzw. nach St. Radegund nach Ende des Zweiten Weltkrieges und der zweiten Bestattung an der Kirchenmauer der Pfarrkirche von St. Radegund (1946). In die dokumentarische Rekonstruktion eingebunden werden auch jene Personen, die mit der Würdigung seiner „Reliquien“ und seines Andenkens in einem jahrzehntelangen Prozess ein „bleibendes Gedenken“ ermöglicht und gestiftet haben. Dies gilt vor allem für die frühe Verehrung Jägerstätters in der intimen Sphäre von einzelnen Initiativen, die anhand der Briefnachlässe von Franz und Franziska Jägerstätter, der Pfarrchronik von St. Radegrund und anderen historischen Aufzeichnungen des Pfarrarchives beleuchtet wird. Die sterblichen Überreste von Franz Jägerstätter haben von Anfang an eine Achtsamkeit erfahren, damit sein Weg, sein Leiden, sein Sterben und sein Zeugnis nicht vergeblich waren. Die Darstellung stellt jedoch nicht den Anspruch, eine umfassende Wirkgeschichte Franz Jägerstätters seit seinem Tod zu bieten. Insbesondere die jüngere Entwicklung einer intensiven und vielschichtigen Rezeption in Kunst und Gesellschaft bleibt weitgehend ausgespart.26 Der gebotene Überblick fokussiert auf einige Aspekte der internationalen Entdeckung Jägerstätters sowie der kirchlichen Entwicklung vor allem im Bereich der Diözese, die als wegbereitend für die Seligsprechung Jägerstätters betrachtet werden müssen. Der zweite Teil des Buches nimmt das Interesse bzw. die kirchliche Sorge für die Reliquien des Märtyrers sowie die intensivierte Form der Verehrung Jägerstätters infolge der Seligsprechung in den Blick. Dies gilt zunächst für die Konzeption der Reliquienstele im Linzer Mariendom (2007), in die der Autor in seiner Funktion als Liturgiewissenschafter von der Diözese Linz besonders eingebunden war. Daran schließen die Urnenhebung 2008, die kirchenamtliche Erkundung und Bestätigung (2015) und die Translatio bzw. Einbringung der Reliquien unter dem neuen Altar der Pfarrkirche von St. Radegund und dessen Weihe 2016 an. Letztere wird ausführlich dokumentarisch festgehalten und aus liturgietheologischer Perspektive kommentiert. In der Darstellung wird auch die Erkundung der Echtheit der Reliquien umfassend dokumentiert, da diese eine wesentliche Voraussetzung für deren Bestattung unter einem Altar darstellt. Der Altar über den Reliquien des Märtyrers wurde im Zuge der Generalsanierung der Pfarrkirche und der neuen Altarraumgestaltung samt Taufbecken und künstlerischer Gestaltung der Kirche als Gedankenraum eingerichtet. Mit einbezogen werden auch weitere wichtige Orte und Objekte außerhalb von St. Radegund, die (Primär-)Reliquien von Franz Jägerstätter zeigen bzw. bergen. Dem vorangestellt sind kurze theologische, kirchengeschichtliche und liturgische Erläuterungen, die den Altar und den gesamten Kirchenraum der Pfarrkirche als christlichen Deutungshorizont für die Erinnerung und Verehrung des seligen Franz Jägerstätter aufzeigen.