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KAPITEL SIEBEN

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EDWARD KENNETH KEITH Francis Benson Broward saß auf der Kante seines Armeefeldbetts, sein Kopf in seinen Händen, seine Haut in Farbe von Ebenholz fügte sich in die Dunkelheit ein, als sich die Nacht breitmachte. Er starrte auf das malträtierte, von der Sonne ausgehungerte Gras unter seinen Stiefeln. Er hörte den Geräuschen der Männer außen am Feuer zu, wie sie über die ausgeschmückten Geschichten von einander lachten. Er prüfte die Spannung in seinen Schultern, die Anspannung in seinem Rücken, das Pochen in seinen Schläfen. Er drückte seine Finger in die engen Dreadlocks auf seinem Kopf. Er las Rubalds SMS noch einmal.

Von A getrennt bei einer Bärenattacke; niemand verletzt. Versuchen ihr Handy zu orten. Bringe baldmöglichst auf den neuesten Stand.

Der Prinz seufzte tief. Er hätte niemals Rubald schicken sollen. Der Mann hatte erstaunliche Schutzinstinkte und er war übertrieben loyal … aber er hätte einfach eine Einsatzmannschaft schicken sollen, um sie um sich tretend und schreiend zurück nach Orangiers zu schleppen, so dass sie von Angesicht zu Angesicht sprechen konnten. Er hatte beabsichtigt ihrer Beziehung auf dem rechten Fuß Starthilfe zu geben; ihr den Vorteil vom Zweifel gegeben, dass sie das Richtige tun würde, indem er einen Diplomat anstatt einem Mann des Militärs geschickt hatte … wobei das Richtige wäre schnell und leise zu kommen. Offensichtlich war das zu viel erwartet.

Nun war Edward hin- und hergerissen zwischen der Sorge um ihr Wohlergehen und der Verzweiflung angesichts seiner eigenen Situation—natürlich in der Annahme, dass es nicht die ganze Zeit ihre Absicht gewesen war in das Unverschleierte zu schlüpfen und zu verschwinden. Rubald zufolge wusste sie kaum etwas über dieses Gebiet, also könnte sie ihre Möglichkeit sie abzuschütteln überschätzt haben. Edwards Kopf drehte sich unerträglich. Er hörte, wie jemand genau vor seinem Zelt anhielt.

»Ja?«

Colonel Gasper, seine rechte Hand, stieß seinen Kopf in die Dunkelheit, seine Augen suchend. »Entschuldigt, dass ich Euch störe, Sir. Sie warten auf Euch.«

»Ich bin sofort da.« Edward nahm sein Handy und schrieb Rubald schnell zurück.

Wenn A nicht innerhalb von 8 Stunden gefunden wird, sind weitere Maßnahmen nötig. Halten Sie mich auf dem Laufenden.

Er wusste, dass Rubald es niemals zugeben würde, wenn er den Job nicht erledigen könnte; wenn Edward Verstärkung schicken müsste, würde es dem Stolz des Mannes erheblich schaden. Er war im Rat seines Vaters gesessen, bevor Edward geboren war. Er hatte ihn Onkel Rubald genannt, um Woz’ willen. Obwohl er ihn nicht beleidigen wollte, wäre es vielleicht notwendig. Edward ärgerte sich bereits über die Langzeitfolgen der Entscheidung. Er drückte sich aus dem Zelt und der Colonel fiel mit ihm in Schritt, während sie das Camp durchquerten.

»Sir?«

»Ja, Colonel.«

»Funktioniert der Lichtkörper in Eurem Zelt? Wenn nicht, kann ich jemanden schicken, der ihn ersetzt.«

»Nein, Colonel, er funktioniert. Aber da ist etwas …« Er hielt an der Tür zum Speisezelt inne. »Könnten Sie dafür sorgen, dass nach dieser Besprechung Abendessen in meine Quartiere gebracht wird? Ich habe zuvor die Möglichkeit versäumt am Speisesaal vorbeizugehen.«

Der alte Man lächelte. »Ihr müsst niemals fragen, Sir, oder Euch erklären. Gebt einfach den Befehl.«

Er zuckte lächelnd mit den Schultern. »Richtig.« Befehle geben. Das ist, was Männer des Militärs tun … und Könige. Offensichtlich wird es mehr brauchen, um sich daran zu gewöhnen. Edward ging in Richtung des Speisezelts, welches im Moment eine doppelte Aufgabe erfüllte, da es auch als Treffpunkt für seinen Rat und seine Strategen genutzt wurde. Edward wollte in das Zelt gehen, aber Gasper räusperte sich.

»Entschuldigt, Sir, aber Ihr müsst angekündigt werden, auch für formlose Situationen.«

»Sehr wohl, Colonel.«

Gasper räusperte sich und bellte heraus: »Auf die Füße für den Thronerben, Edward Kenneth Keith Francis Benson Broward, der Zweitgeborene.« Er hasste diesen Titel. Eine beständige Erinnerung, dass er nicht der ursprüngliche Erbe war, dass er die Reserve war. Die Menschen, die um den Tisch herum standen, hatten eine Vielzahl an Hautfarben und er dachte flüchtig, dass sie die Vielfalt in Orangiers gut repräsentierten. Edward bedeutete ihnen sich hinzusetzen und er setzte sich ebenfalls.

Sie starrten ihn schweigend an, warteten auf seinen Einsatz. Edward schaute Gasper an, der sich räusperte.

»Beginnen Sie mit dem Status der Regenten, Paris.«

»Ja, Sir«, sagte Lieutenant Paris, während sie sich von ihrem Stuhl erhob. »Botschafter Brighton in Brevspor berichtet, dass König Pauls Zustand offiziell unverändert ist. Er hört jedoch Gerüchte, dass sich sein Zustand etwas verbessert hat.«

»Moment—verbessert? Dann stirbt er nicht?«

»Wir können noch nicht zu diesem Schluss kommen. Wenn es jedoch wahr ist, erkauft es uns Zeit, bevor Brevspor ins Chaos stürzt. Es könnte wahrscheinlicher sein, dass sie Truppen schicken, um unseren Einsatz zu unterstützen, wenn der König sich erholt, auch wenn es nur vorübergehend ist. Aber die politische Situation dort verbleibt zerbrechlich, besonders da Abelias Absichten noch immer fraglich sind.«

»Konntet Ihr mit ihr in Kontakt treten, Sir?«

Edward schüttelte seinen Kopf. »Jerrinson hat ihr das Handy übergeben, aber sie hat es, meines Wissens nach, noch nicht benutzt.«

»Das verheißt nichts Gutes.«

Nein, dachte Edward, das habe ich von ihr erwartet. Aber sich im Unverschleierten verirrt zu haben … das verheißt nichts Gutes. Nach außen hin nickte er einfach. »Was ist mit meinem Vater?«

»Der Bericht vom Hof besagt, dass es ihm gut geht, wenn man die Situation bedenkt. Er ist etwas ermüdet, aber abgesehen davon, ist er bei guter Gesundheit. Macht sich Sorgen um Euch beide, natürlich.«

Edward blinzelte. Er hatte in der Tat nie innegehalten, um darüber nachzudenken, ob sich sein Vater Gedanken um Lincoln machte. Er drängte die Scham herunter, welche im Inneren nach oben quellte, und wandte seine Aufmerksamkeit zurück auf Gasper.

»Welche Zahlen weist Lincoln auf?«

Der Colonel blätterte durch einen Stapel Papier auf einem Klemmbrett, während er seinen Kopf schüttelte. »Na ja, es ist besser, als wir gehofft hatten. Er hat jetzt gerade 5.000 Truppen, größtenteils von Op’ho’lonia. Er hat außerdem ein paar grathanische Söldner gewonnen.«

»Wissen wir, wie er sie entschädigt? Oder was er ihnen verspricht, sollte ich sagen?«

General Tybald gluckste am Ende des Tischs. »Grathanische Söldner kämpfen nicht für Versprechungen, Sir. Sie nehmen nur Bares, im Voraus. Jemand investiert schwer in diese Unternehmung, und wenn ich raten müsste, wären es die Kiriiener. Brevspor importiert eine Menge derer Güter, und wenn sich Orangiers und Brevspor vereinigen, verlieren sie eine Menge dieses Handels. Ganz abgesehen von Lincolns Vertrag mit Heather.«

»Ich denke Descaret mischt auch mit«, fügte Gasper hinzu. »Die sind rassistisch wie Jersey; sie wollen, dass ihre Monarchie so weitergeht wie bis jetzt, mit schwarzen Herrschern: Punkt. Keine Verehrer gemischter Rassen für Prinzessin Crescena. Sie haben immer mit dem Gedanken gespielt, sie an Abelias Platz zu bekommen, nachdem diese abgehauen ist. Das würde auch ihr Territorium stark erweitern, ihnen die komplette nördliche Küste geben.«

Edward schüttelte seinen Kopf. »Nicht möglich. Sogar wenn Malieka die finanziellen Mittel hätte, was sie nicht hat, benötigen sie unser Bündnis. Für uns geht das tiefer als politische Bindungen.«

»Sir, wir sind uns noch immer nicht im Klaren worauf Lincoln letztlich hofft. Er teilt den Kontinent auf, und das nicht entlang ordentlicher Linien.«

Edward seufzte. »Es ging bei ihm immer um Kontrolle, die Dinge zu manipulieren. Er wird die absolut ultimative Kontrolle und Begünstigung haben wollen, wie auch immer das aussieht. Ich bin sicher, dass er alle Arten von Geschichten zusammenspinnt und alle möglichen Sachen verspricht, welche er nicht abliefern wird. Es gibt keinen zweiten Platz bei ihm. Etwas, das wir nicht vergessen sollten, während wir vorwärtsgehen.«

»Eure Hoheit,  die Jerrinsons berichten auch, dass jemand sie am Arrow Point aufhielt, der nach Abelia gesucht hat. Sie waren in der Lage ihre Angreiferin zu täuschen, aber sie behauptete, dass der oberste Kriegsherr von Gratha eine große Belohnung für Abelias lebendige Ergreifung ausgesetzt hat. Es sieht also so aus, als ob er plant von beiden Seiten aus Kasse zu machen.«

»Das klingt nach Gratha«, sagten Colonel Gasper und General Tybald gemeinsam und jeder lachte, außer Edward.

»Das ist eine ernste Gefahr für ihre Sicherheit. Ich mache mir Sorgen, dass manche sein Angebot missverstehen und versuchen ihr etwas zuleide zu tun; sperrt eure Ohren auf und seht, ob wir eine Bestätigung seines Angebots bekommen, bevor wir anfangen Botschafter mitmischen zu lassen.«

»Ja, Sir«, sprachen sie im Chor, als sie schnell nüchtern wurden und Edward innerlich eine Grimasse zog. Faszinierend; Befehle zu geben ist einfacher, wenn das Leben meiner zukünftigen Ehefrau in Gefahr ist.

»General, Ihre Pläne sind für alle sechs Szenarien vorhanden, welche wir besprochen haben, bezüglich Lincolns Fortschritt bei der Tupelo-Kreuzung?«

»Beinahe, Sir. Sobald wir die Truppen von Fairisle haben, sind wir bereit.«

»Gut. Sie sind entlassen.«


EDWARD VERWEILTE NICHT am Tisch. Er wählte ihre Nummer, während er das Lager durchquerte. Es begann zu klingeln, als er sich in sein Zelt duckte … das war neu. Sein Puls verdoppelte sich. Zweites Klingeln. Komm schon, Abelia, nimm einfach den Anruf ab. Drittes Klingeln. Nimm ab, verdammt, ich kann dir helfen. Viertes Klingeln. Er holte tief Luft, bereitete sich darauf vor eine weitere Mailbox-Nachricht zu hinterlassen.

»Hallo?« Ihre Stimme war geschäftsmäßig und für einen Moment war er sich nicht sicher, ob sie es war.

»H-Hallo, ist dort …« Sollte er ihren echten Namen benutzen? »… Abelia?«

»Ja, wie geht’s dir, Onkel Ed?« Ihre Stimme war gleichmäßig, aber er konnte die Schärfe darin spüren; er hörte andere Stimmen im Hintergrund, manche davon klangen wie Kinder. Okay, sie ist also bei Menschen, aber sie weiß nicht, ob sie ihnen trauen kann. Clever.

»Jetzt gerade bin ich nur froh deine Stimme zu hören. Rubald hat mir erzählt, was passiert ist. Geht es dir gut? Bist du verletzt?«

»Mir geht es gut, aber ich muss eine Nachricht zu Mama und Papa bekommen …« Mama und Papa; ihre Mutter ist tot, also muss sie Rubald und Rutha meinen.

»Ja, das kann ich tun.« Er tastete im pechschwarzen Zelt nach einem Stift und Papier.

»Sag ihnen, dass ich sie in Fairisle treffen werde, an den Docks.«

Er erstarrte.

»Nein, Abelia, geh nicht weiter ohne sie. Das ist eine schreckliche Idee. Sag mir einfach, wo du bist, und ich lasse sie zu dir kommen.«

»Hab dich auch lieb, Onkel Ed.«

»Aktiviere ›Orte Mein Handy‹, so dass wir dein Handy—«

»Okay, wir sprechen uns bald!«

»Abelia! Geh nicht ohne sie weiter! Hörst du mich? Das ist ein Befehl!«

Die Verbindung brach ab. Edward sackte wieder auf dem Bett zusammen, dieses Mal landete er im Tablett, das sie für ihn vorbereitet hatten.

Die Ex-Prinzessin

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