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Heiligtum direkte Demokratie
ОглавлениеEine Manie ist nach dem Pschyrembel eine psychotische Störung der Affektivität, häufig mit Wahnvorstellungen und Katatonie verbunden. Man muss dies alles nicht als Diagnose der hiesigen Malaise lesen. Man muss nicht, aber man kann. Wie auf der Postkarte verliert das Land auch in der Wirklichkeit mehr und mehr jede erkennbare Kontur. Zerrüttet von den globalen Stürmen, sucht das Land Halt in nationalen Monumenten, die mittlerweile auf Miniaturgrösse geschrumpft sind, als Beifang des täglichen Konsums kostenlos abgegeben werden und problemlos in die persönliche Nippessammlung passen. Selbst der Werbespruch auf dem Umschlag scheint die hiesige Umnachtung aufzunehmen: ‹Mit vielen tollen Rätseln!›
Die Kräfte, die dieses Land im 21. Jahrhundert formen, werden derweil erfolgreich ignoriert. Wie Geister flössen sie den Menschen Angst ein und lähmen sie bis zur Katatonie. Keine der politischen Parteien hat den Mut, sich im Wahlkampf den realen Herausforderungen zu stellen. Dabei liegen sie meterhoch vor den Chalets des gebeutelten Heimatlandes, und es braucht enorme Verdrängungsleistungen, um an ihnen vorbeizusehen.
Am lautesten ist nach wie vor das Schweigen über das Verhältnis zur Europäischen Union. Die Situation ist einfach auch zu kompliziert: staatsrechtlich, diplomatisch und ökonomisch undurchschaubar und obendrein für jeden Politiker im Wahlkampf eine unerhörte Peinlichkeit. Wie soll er seinen Wählern auch erklären, was sie damals, am 9. Februar 2014, bei jener Abstimmung über die Masseneinwanderung, angerichtet haben? Und dass das Heiligste aller schweizerischen Heiligtümer, so himmelsgleich und gnadenreich, dass selbst die Spieledesigner es nicht gewagt haben, es in Plastik zu giessen, die direkte Demokratie nämlich, für diesen Unfall verantwortlich ist? Den nationalen Karren hat er so tief in den Dreck gefahren, dass keiner weiss, wie er jemals wieder befahrbaren Boden unter die Räder bekommen soll.