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Was auf der Strecke bleibt

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Europa ist auch im Herbst 2015 ein vergifteter Trank, von dem zu kosten sich selbst robuste Naturen nicht trauen. So hält man sich allenthalben an den Trost seiner Halluzinationen, schliesst die Augen und hofft, das Problem möge auf magische Weise von allein verschwinden. Keine erfolgreiche, aber dafür eine verbreitete Methode: Was riecht, wird auf den Balkon gehängt. So verpesten die zum Verlüften aufgehängten Kümmernisse mehr und mehr die Umgebung. Doch wer die Augen verschliesst, mag sich auch die Nase zuhalten, auch wenn ihm dann bald die Hände für eine vernünftige Arbeit fehlen.

Zu tun gäbe es genug. Die Schweiz hat seit 1990 das niedrigste Wirtschaftswachstum aller OECD-Länder. Ein Umstand, den man hier angeht, indem man Arbeitnehmer drangsaliert, Arbeitszeiten verlängert und Löhne kürzt. Die Linke und die Gewerkschaften, von denen man Protest erwarten könnte, verharren in einer über Generationen angelernten Bravheit, glauben immer noch an den Arbeitsfrieden und den Sozialvertrag und haben noch immer nicht verstanden, dass sie vom Melker zur Kuh geworden sind.

Die Exportwirtschaft ächzt unter dem starken Franken, aber man deutet die monetäre Folter zum Ertüchtigungsprogramm um, das in der gesundbeterischen Logik der ökonomischen Elite schliesslich dem gesamten Organismus zugutekommen wird. Weil sich höhere Angestellte gern beim Dauerlauf in Schwung halten, reden sie sich ein, auch eine Volkswirtschaft müsse ein wenig an die Grenzen gehen, um zu besseren Zeiten zu rennen. Was bleibt dabei auf der Strecke? Löhne, Steuern, Investitionen in Bildung und Forschung.

Sprechen wir über Europa

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