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15Drehbuch zum Töten
ОглавлениеChiara parkte den Mini vor einem alten Fabrikgebäude, das zwischen Autobahn und Zuggleisen lag. Dass es sich um ein Wohngebäude handelte, war von draußen schwer zu erkennen.
Max stieg aus. »Gemütlich wohnst du hier.« Fahrzeuglärm dröhnte herüber. »Und in einer so ruhigen Gegend.«
»Drinnen bekommt man davon kaum etwas mit, außerdem sind die Mieten sehr günstig.«
»Alles hat seinen Preis. Auch wenn es nix kostet.«
»Wenn du deine philosophischen Abschweifungen beendet hast, sollten wir vielleicht hineingehen, wir haben zu tun.«
Er folgte ihr. Sie stiegen eine Treppe hoch auf ein Podest, wo Chiara die Wohnungstür öffnete.
Max klappte die Kinnlade herunter. Er musste den Kopf in den Nacken legen, um die Decke über dem offenen Raum zu erspähen. Eine Stahltreppe verband die unterschiedlich hohen Wohnebenen miteinander.
»Noch nie in einem Loft gewesen?«, riss ihn Chiara aus dem Staunen.
»Nein. Ich weiß nur, dass es sich dabei um umgebaute Fabrikgebäude handelt. Ein architektonischer Trend, der in New York und London der fünfziger Jahre seinen Ursprung nahm.«
»Schlaues Kerlchen.« Chiara klappte den Laptop auf. »Gib mir den Stick.«
Sie kopierte Max´ Dateien auf den Rechner und fing an, den Artikel zu schreiben.
Drehbuch zum Töten?
Zwei Morde in Wiesbaden innerhalb von zwei Wochen. Dass es sich um einen Serientäter handelt, der seine Opfer gezielt aussucht, ist mehr als nur eine Vermutung. Sie wird dadurch verstärkt, dass ein seit einigen Wochen im Internet erscheinendes Manuskript diese Morde haargenau beschreibt. In ›Mörder aus Versehen‹ zeigt der unter dem Pseudonym Janusch Donker schreibende Autor einen Mann, der durch einen Fehler bei einer Gehirnoperation zum Serienmörder wird. Er wird verurteilt, in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Nach seiner Flucht aus der Anstalt tötet er alle Personen, die er als verantwortlich für sein Handeln ansieht. Als Erster stirbt ein Journalist, danach ein Anwalt. Soweit das bisher veröffentlichte Manuskript, nachzulesen unter www.mörderausversehen.de.
Der Vergleich mit den Morden an Redakteur Peter Reimann und Notar Gregor Hofstätter lässt weiter vermuten, dass es einen Zusammenhang gibt. Einen Copykill, wie die Engländer sagen?
Tatsächlich gibt es eine Verbindung: Bei den Opfern handelt es sich um Mitglieder der deutschen Sektion der Human Dignity Watch. Im Fall Hofstätter sogar um den Vorsitzenden. Wie der Name sagt, widmet sich diese Organisation der Bewahrung der Menschenwürde. Sie hat viele Feinde in der Welt, Gruppierungen, die ihr das Leben schwer machen können. Wollte sich jemand an ihr rächen? Verhindern, dass sie eine Aktion durchführt, die dem Mörder oder seinem Auftraggeber zum Verhängnis werden könnte?
Und wer ist das nächste Opfer?
Die spannendste Frage aber lautet: Wird das Internetmanuskript als Drehbuch für diese Morde benutzt? Wenn ja, wer steckt dahinter?
Fragen, denen die Polizei nachgehen sollte.
An dieser Stelle unterbrach Chiara den Bericht. »Soll ich erwähnen, dass der Verfasser und der Verlag der Redaktion bekannt sind?«
Max überlegte kurz. »Besser nicht. Die Polizei könnte dich eventuell zwingen, die Namen herauszugeben. Solange wir nicht sicher sind, dass Modric dahintersteckt …«, er ließ den Satz unbeendet im Raum hängen.
»Du hast Angst, dass er das Projekt stoppen würde?«
»Unsinn. Wenn sich herausstellt, dass es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen diesen Morden und meinem Manuskript gibt, schreibe ich natürlich keinen Satz mehr. Da verzichte ich lieber auf das Honorar. Doch falls es keinen Zusammenhang gibt, möchte ich weiterschreiben. Das verstehst du doch, oder?«
Sie wendete den Blick ab. »Okay.« Sie schrieb den Artikel zu Ende, druckte ihn aus und gab ihn Max zu lesen. Dann schickte sie ihn an die Redaktion.
Falls es mir gelingt, herauszufinden, wer hinter diesen Morden steckt, kann das mein Durchbruch als Journalistin sein!
Sie lehnte sich zurück, schwang den Drehsessel zu Max hinüber, verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Ich habe Hunger. Lust auf Pizza?«
Max sah auf die Uhr: sechs. Eigentlich wollte er mit Lena zu Abend essen.
Und dann lässt sie mich wieder hängen? Nein, carpe diem!
Er nickte Chiara zu. »Okay, wo gehen wir hin?«
»Unten am Rhein gibt es ein nettes Lokal. Um die Zeit bekommen wir auch ohne Reservierung einen Tisch.«