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5. Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Fragestellungen a) Sozialversicherung
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Die Frage der Sozialversicherungspflicht der Bezüge des GmbH-Geschäftsführers ist durch eine kaum mehr zu überschaubare Kasuistik und eine in den letzten Jahren gesteigerte Tendenz der Sozialgerichte geprägt, die Vergütung von GmbH-Geschäftsführern der Sozialversicherungspflicht zu unterwerfen. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob der Geschäftsführer abhängig beschäftigt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ist. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung in diesem Sinne sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Es kommt auf den Umfang der persönlichen Abhängigkeit des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft bei Ausübung seiner Tätigkeit an und nicht darauf, ob der Geschäftsführer in einem Arbeitsverhältnis im engeren Sinne bei der Gesellschaft steht.110
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Als Grundsatz ist festzuhalten, dass der Fremdgeschäftsführer stets in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft steht. Er unterliegt den Weisungen der Gesellschafterversammlung und kann daher seine Tätigkeit nicht frei bestimmen.111 Insbesondere ist er aufgrund fehlender Beteiligung an der GmbH nicht in der Lage, ihm nicht genehme Beschlüsse und damit Weisungen zu verhindern. In der bisherigen Rechtsprechung machten die Sozialgerichte bei der Sozialversicherungspflicht von Fremdgeschäftsführern nur dann eine Ausnahme, wenn die Gesellschafter aufgrund familiärer Beziehungen oder aufgrund besonderer Fach- oder Branchenkenntnisse von ihrem Weisungsrecht keinen Gebrauch machten und der Geschäftsführer somit „schalten und walten“ konnte, also – so die Rechtsprechung – „Kopf und Seele“ der Gesellschaft war.112 Dies galt auch für Geschäftsführer, die keinerlei Geschäftsanteile an der Gesellschaft hielten.
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Von dieser sog. „Schönwetter“-Rechtsprechung haben sich die Sozialgerichte inzwischen distanziert und räumen tatsächlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft keine maßgebliche Bedeutung mehr bei.113 Es komme nicht darauf an, wie die Gesellschafter in friedlichen Zeiten agieren – also bei Schönwetter – sondern (nur) darauf, ob der Geschäftsführer aufgrund seiner Rechtsmacht in der Gesellschaft deren Geschicke beeinflussen und ihm nicht genehme Beschlüsse verhindern kann.114 Dies führt letztlich dazu, dass Fremd- und mit Minderheit an der GmbH beteiligte Geschäftsführer ohne Vetomöglichkeit in der Gesellschafterversammlung sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.115 Mit Mehrheit beteiligte Geschäftsführer sind demgegenüber nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig und unterfallen damit nicht § 7 Abs. 1 SGB IV.116
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Bis vor Kurzem hatten zahlreiche Landessozialgerichte angenommen, dass ein Fremd- oder mit Minderheit beteiligter Geschäftsführer auch dann nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt, wenn er zwar nicht durch sein Gesellschaftskapital, wohl aber durch seine Stimmrechte Entscheidungen der Gesellschafterversammlung verhindern konnte.117 Ein in der Beratung seither erprobtes Mittel war daher der Abschluss von Stimmbindungsvereinbarungen zugunsten des Geschäftsführers. Damit hatte der Geschäftsführer zwar nicht das hinreichende Kapital, konnte aber die Mehrheit der Stimmen und damit auch ihm unangenehme Weisungen kontrollieren.
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Diese Möglichkeit hat das BSG nunmehr endgültig kassiert und dies damit begründet, dass eine solche Stimmbindungsvereinbarung, wenn auch nur aus wichtigem Grund, so doch kündbar sei und die daraus resultierende Rechtsmacht des Geschäftsführers daher insbesondere in Krisenzeiten nicht hinreichend sicher genug sei, um von einer durchsetzbaren Rechtsmacht des Geschäftsführers, Beschlüsse zu verhindern, auszugehen.118 Wenngleich diese Rechtsprechung nicht in allen Facetten überzeugt, muss sich die Beratungspraxis darauf einstellen. Im Zweifel ist der Gesellschaft und dem Geschäftsführer aufgrund der mit einer unterlassenen Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verbundenen Risiken (z.B. § 266a StGB) anzuraten, ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund einzuleiten und den Status des Geschäftsführers verbindlich klären zu lassen (§ 7a SGB IV).119