Читать книгу 9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017 - Frank Rehfeld - Страница 55
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ОглавлениеCaptain Leonard Lovell war der typische Eisenfresser.
Er war es immer gewesen, und daran hatte sich bis heute nichts geändert.
Barry Deegan brauchte nur kurz hinzusehen, um das festzustellen. Zwei Uniformierte führten ihn in Lovells Büro. Sie dirigierten ihn auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, und sie wollten sich zurückziehen, ohne ihm die Handschellen abzunehmen. Lovell forderte sie mit einem herrischen Wink auf, den Trucker von der Stahlacht zu befreien. Die Beamten gehorchten. Barry rieb sich die Handgelenke. Er sah sich nicht um. Die hochwertige, aber schlichte Einrichtung des Büros interessierte ihn nicht. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing das obligate Porträt des Präsidenten.
Lovell war die bedeutendere Person. So sah er jedenfalls aus, unter dem Bild mit dem lackierten Holzrahmen. Gegen den Chef der State Police in Tulsa verblasste der Präsident total.
Lovell trug sein aschblondes Haar kurzgeschnitten wie ein Ledernacken. Sein Gesicht, schmal und kantig zugleich, hatte harte Furchen, hauptsächlich um den schmallippigen Mund herum. Lovell trug einen dunkelblauen Anzug wie seine Untergebenen. Einzig die silbern schimmernde Krawatte zum weißen Hemd wies ihn als ranghöher aus.
„Sorry, aber die Handschellen mussten sein“, sagte Lovell. „Ich will den Kreis der Eingeweihten so klein wie möglich halten.“
„Die Dinger stören mich am allerwenigsten“, entgegnete Barry. „Viel schlimmer ist die ganze Art und Weise. Mussten deine Leute mich wie einen Verbrecher abführen? Wäre das nicht etwas rücksichtsvoller gegangen?“
„Wie denn?“
Ein spöttisches Lächeln entstand in Lovells Mundwinkeln.
„Du hättest mich anrufen können.“
„Anrufen?“
Der Captain blies die Atemluft durch die Nase aus. Und er wiederholte: „Wie denn? Sag jetzt nicht ,per Telefon’! Sonst könnte es passieren, dass ich mich nicht in der Gewalt habe.“
„Deine Einschüchterungsversuche kannst du dir schenken“, knurrte Barry. „Ich halte mich an unser Abkommen, aber ich lasse mich nicht bedrohen. Und wenn deine Handlanger noch mal so was abziehen wie auf dem Truck-Stopp, dann ... dann betrachte ich das Abkommen als beendet. Irgendwann muss Schluss damit sein. Ich will nicht dauernd von meiner eigenen Vergangenheit eingeholt werden.“
„Undank ist der Welt Lohn“, seufzte Lovell. „Ich hätte es wissen müssen. Du bist der lebende Beweis dafür, dass in alten Sprichwörtern viel Wahres steckt. Du hast mir ewige Dankbarkeit geschworen. Erinnerst du dich vielleicht noch daran?“
„Sicher. Ich konnte damals nicht ahnen, wie unverschämt du das ausnutzen würdest.“
„Alright. Sind wir jetzt fertig mit der Vorrede?“ Lovell legte die Unterarme auf den Schreibtisch und faltete die Hände. „Ich musste eine Festnahme vortäuschen, weil das für deine Legende wichtig ist. In deinem eigenen Interesse! Es geschah praktisch zu deiner eigenen Sicherheit.“
„Toll!“, knurrte Barry. „Und es gab natürlich überhaupt keine Möglichkeit, mich vorher wenigstens mal zu fragen, ob ich überhaupt mitmache.“
„Das siehst du falsch“, grinste Lovell. „Ich hatte gar nicht vor, dich zu fragen. Dass du mitmachst, ist selbstverständlich. Davon muss ich einfach ausgehen.“ Dem Trucker blieb die Luft weg. Er konnte sein Gegenüber nur noch anstarren.
„Interessiert es dich denn gar nicht, was du für mich tun sollst?“, fragte Lovell, indem er sich vorbeugte.
Barry schüttelte den Kopf. „So, wie ich dich kenne, kann es nur ein Himmelfahrtskommando sein.“
Lovell lehnte sich zurück. Er lachte. „Ich muss sagen, du kennst mich gut. Verdammt gut...“ Mehrere Sekunden lang erforschte sein Blick aus schmalen Augen die Gesichtszüge Barry Deegans.
Der Trucker hielt diesem Blick stand. Zumindest das würde er schaffen: in diesem stummen Kräftemessen der Sieger zu bleiben.
„In Ordnung“, sagte Lovell schließlich. „Dann wollen wir mal in die Einzelheiten einsteigen. Unsere Zeit ist nämlich knapp.“