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Yanchigong

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Es gibt in China spezielle Übungskomplexe, die jeder kampforientierte Wushu-Schüler absolvieren muss. Einer dieser Komplexe ist das yanchigong (砚弛功). Das Schriftzeichen yan bedeutet Tuschestein, und das Schriftzeichen chi steht für entspannen und lockern. Für einen chinesischen Tuschestein wird die Tusche durch sehr langwieriges und langsames Mahlen verarbeitet, um so die beste Qualität zu erreichen. Genauso sind die Übungen des yanchigong – langsame Bewegungen, bei denen sich Spannung und Entspannung abwechseln. Jede Position, die der Körper einnimmt, beeinflusst die inneren Organe, wie ich es bereits am Beispiel der natürlich eingezogenen Brust erklärt habe. Durch das Zusammenspiel der einzelnen Übungen werden nach und nach sämtliche Organe stimuliert, was sich wiederum auf die Energie für das Training auswirkt. Das Training stärkt den Körper, und der starke und gesunde Körper wiederum ermöglicht ein gutes Training. Während des Übens muss sich das Zeitgefühl ändern. Das heißt, der Stundenzeiger der Uhr sollte sich sozusagen in den Minutenzeiger verwandeln. Ohne eine derart veränderte Wahrnehmung der Zeit wäre das traditionelle Gong-Training kaum zu ertragen.

Das yanchigong besteht aus 21 Bewegungen, die in drei Teile zu jeweils sieben Übungen eingeteilt werden. Gerade die letzten sieben Bewegungen haben es in sich. Hierfür muss man in verschiedenen sehr tiefen Stellungen stundenlang ausharren. Der erste Teil fördert den Blutdurchlauf im Körper. Man bewegt sich beispielsweise langsam in die Hocke und geht dann ebenso langsam wieder nach oben, wodurch die Durchblutung erheblich verbessert wird. Der zweite Teil unterstützt das Gewebe und die inneren Organe. Diese Bewegungen sind wesentlich komplizierter. So benutzt man jeweils nur ein Bein, um in die Hocke zu sinken und sich anschließend wieder aufzurichten. Auch zieht man seine Knie oft zum eigenen Körper, was sehr gut ist für die inneren Organe. Der dritte Teil ist sehr schwer. Er dient allen inneren Organen und fördert eine innere Körperkraft. Es wird statisch trainiert, in tiefen Stellungen, ohne sich zu bewegen. Ich selbst, obwohl kein trainingsfauler Mensch, habe mit dieser Art des Übens Schwierigkeiten. Wenn man dieses gong durchhält, ist der Effekt allerdings sehr gut. Bei meinem Lehrer Li Zhenghua und auch bei ein oder zwei anderen Meistern, die in ihren jungen Jahren ähnliche Trainingsmethoden anwendeten, sah ich Muskelpartien am Bein, die ich bis dahin noch gar nicht kannte. Und das, obwohl diese Herren schon um die 60 Jahre alt sind.


Foto 14


Foto 15

Fotos 14 und 15: Bewegungsfolge aus dem ersten Teil des yanchigong. Man beachte die eingezogene Brust; das Herz wird durch diese Stellung »eingewickelt« und dadurch in eine pflegende und beruhigende Position gebracht. Man geht hierbei ganz langsam nach unten und wieder nach oben; je langsamer, desto besser.


Foto 16


Foto 17


Foto 18

Fotos 16 bis 18: Sequenz aus dem zweiten Teil des yanchigong. Die Bewegungen werden ganz langsam ausgeführt. Man dreht sich von der Haltung auf Foto 17 in die von Foto 18, ohne dabei zu wackeln, den erhobenen Fuß abzusetzen oder die Höhe zu verändern.

All das gilt nicht nur für das yanchigong, sondern für sämtliche echten Gong-Übungen. Welches Training das Beste ist, lässt sich nicht sagen. Die Frage stellt sich nicht einmal. Meister Li, der seit frühster Kindheit mit den verschieden Meistern trainierte und dabei auch die verschiedensten Arten von gong übte, bevorzugt das yanchigong, aber andere Meister haben andere Ansichten. Doch solche Widersprüche sollten zu keinem Streit zwischen den einzelnen Vertretern der Kampfkünste führen. Streit über derartige Dinge hat meines Erachtens oft nur den Grund, dass jemand von eigenen Schwächen ablenken will.


Foto 19


Foto 20


Foto 21

Fotos 19 bis 21: Bewegungsfolge aus dem dritten Teil des yanchigong. Hier bewegt man sich nicht mehr, sondern steht statisch in tiefen Stellungen (über eine Stunde lang). Der gesamte Körper hält die ganze Zeit über eine starke Innenspannung aufrecht und baut dadurch eine große und effektive Kraft auf. Wie man im Bildausschnitt auf Foto 20 b erkennen kann, werden in Position 20 die Fersen angehoben, so dass man auf den Ballen steht.


Foto 20 b

Wu

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