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2.3Halo-Effekt

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Der Halo-Effekt ist ein Klassiker der Psychologie. Wenn wir glauben, eine Eigenschaft einer Person oder einer Sache erkannt zu haben, dann besteht die starke Tendenz, dieser Person oder Sache weitere ähnliche Eigenschaften zuzuordnen, ohne dass es hierfür eine Grundlage gibt. Für dieses weitverbreitete Phänomen gibt es zahlreiche Beispiele. Wenn eine Person in einem bestimmten Bereich eine gute Leistung bringt, dann werden ihr auch in anderen Bereichen überdurchschnittliche Kompetenzen zugetraut. Wirkt eine Person sympathisch auf uns, dann vermuten wir eine Fülle weiterer positiver Eigenschaften bei ihr. Von einem Politiker, der unser Vertrauen genießt, nehmen wir an, dass er ein ausgeglichenes Familienleben hat und von bestimmten Sexualpraktiken Abstand hält, die wir selber unangemessen finden. Man ist überrascht, wenn man erfährt, dass ein als seriös geltender Finanzminister sadomasochistische Sexualpraktiken auslebt.

Häufig hat der Halo-Effekt auch eine absichtsvoll finalistische Qualität. Das heißt, ein bestimmtes Ergebnis, eine bestimmte Sichtweise auf eine Person oder auf eine Sache ist uns angenehm. Dann werden wir bereitwillig nach Aufhängern suchen, die uns dieses Bild bestätigen. Man kann das bisweilen im Urlaub beobachten. Die meisten Menschen wollen ein positives Urlaubserlebnis. Sie stellen dann in der Ferne plötzlich eine Fülle von Dingen fest, die besser sind als zu Hause (die Menschen sind viel freundlicher, hilfsbereiter, das Essen schmeckt besser, es herrscht allgemein eine größere Zufriedenheit, der Zusammenhalt zwischen den hiesigen Familien ist besser etc.). Es gibt im Übrigen auch das Gegenteil, das einem subjektiv bestätigt, dass zu Hause alles besser ist. Auch hier wird es – wie bei den vorangegangenen Beispielen – häufig so sein, dass insgesamt eigentlich ein gemischtes Bild vorliegt, das aber einseitig interpretiert wird.

Es sei an dieser Stelle schon festgehalten, dass für uns gemischte Bilder, also Sichtweisen, die Ambivalentes zutage fördern, generell unbequem sind. Der Halo-Effekt ist daher Ausdruck eines Bedürfnisses nach eindimensionaler Klarheit, die keine Verwirrung auslöst. Wir wollen klare, einfache, eindeutige, lineare und einheitliche Verhältnisse haben. Wir bevorzugen klare Polaritäten (schwarz/weiß, Freund/Feind, gut/schlecht). Eigentlich wissen wir, dass es häufig komplizierter ist. Unsere Sehnsucht ist aber auf klare Polarität gerichtet. Diese Sehnsucht wird in Politik, Werbung und der Wirtschaft ausgiebig bedient. Man kann sich hier wiederum vorstellen, dass die Tendenz zu klaren, linear harmonisierten Beurteilungen evolutionär Vorteile hatte. Die Wirklichkeit differenziert erfassen? Nein, denn Geschwindigkeit und Klarheit sind wichtiger als der Inhalt. Das ist der Sinn der Generalisierungstendenz des Halo-Effekts. Homogene Beurteilungen bieten eine bessere Grundlage dafür, rasch und eindeutig zu handeln, als differenzierte Sichtweisen, deren Einzelaspekte nicht alle in der gleichen Richtung angeordnet sind. Wie beim paranoiden Urzeitmenschen begünstigt die Evolution falsche Sichtweisen, wenn dafür ein Gewinn in der Handlungskompetenz erreicht werden kann (rasches und eindeutiges Handeln).

Darwin schlägt Kant

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