Читать книгу Schloßstraße - Franziska Steinhauer - Страница 15
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Оглавление»Kontakt«, flüstert Tom. »Friedemann hat sein Handy eingeschaltet.« Er legte sein eigenes Mobiltelefon auf den Tisch, verband sich mit dem Laptop.
Zu hören war allerdings wenig.
Offensichtlich bewegten sich einige der Gefangenen. Waren verunsichert. Doch niemand sprach – wahrscheinlich standen alle unter Schock.
Jemand ging auf und ab – vielleicht, nein, wahrscheinlich der Geiselnehmer. Ruhig. Nicht nervös. Der Alarm schien ihn nicht zu beunruhigen. Wusste er, wie man solch einen Einsatz plante? Das mulmige Gefühl kehrte zurück.
»Er weiß jetzt, dass ich hier bin. Er hat mich und meine Nachricht sicher gesehen. Wir gehen ja davon aus, dass er das Bild der Kamera …Trotzdem haben wir keine Verbindung zu ihm. Vielleicht hat er doch gar nicht mich gemeint?«
»Er sieht mit«, bestätigte einer der Security-Gruppe. »Die Innenraumüberwachung des Ladens ist im System deaktiviert. Aber er sieht sonst das, was wir hier auch sehen.«
»Er hat dich gemeint. Da habe ich nicht den geringsten Zweifel«, murmelte Tom.
Plötzlich schwappte Unruhe in den Raum der Center-Security. Zwei Herren in Anzügen und mit aggressiver Aura drängten in den ohnehin überfüllten Raum.
»Münzer. Center-Manager.«
»Einsatzleitung«, antwortete Björn.
»Hören Sie, wir sind sehr besorgt. Bei uns wird Sicherheit mit Großbuchstaben geschrieben. Natürlich legen wir größtes Engagement in die Überwachung des Centers. Unsere Kunden wissen, dass sie während ihres Aufenthalts hier nicht das Geringste zu befürchten haben. Und nun liefert das Fernsehen ständig Bilder des Grauens! Man nennt den Kerl schon Mr. No Mercy!«
Der Manager wirkte fast beleidigt. Als sei es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass ein solch undenkbarer Angriff überhaupt stattfinden konnte.
In seinem Cube!
»Herr Münzer, gegen solche Täter sind Sie machtlos. Warum nun gerade diese Mall ausgewählt wurde, wird uns der Täter vielleicht später erzählen. Aber im Augenblick versuchen wir erst mal herauszufinden, was er überhaupt mit der Geiselnahme bezwecken möchte.« Björn gab seinem Team ein Zeichen, stand auf und drängte die ungebetenen Besucher auf den Gang hinaus.
»Johann, wir brauchen Sebastians Stimm- und Sprachanalyse.«
»Er ist schon dran.«
Auf dem Gang standen weitere Leute.
Andermatt versuchte, nicht allzu deutlich genervt zu erscheinen.
»Einige unserer Mieter«, erklärte Münzer mit einer die Runde umfassenden Bewegung. »Wie geht es weiter? Wie lange wird das hier dauern?«
»Lassen Sie mich das mal so formulieren: Eins ist sicher, heute bleibt das Center zu.«
»Das ist alles, was Sie wissen?«
»Ja. Und noch etwas: Wir haben der Presse keine Bilder zur Verfügung gestellt. Vielleicht haben sensationslüsterne Kunden Handyvideos gedreht. Der Aufruf, uns diese Videos und Bilder zur Verfügung zu stellen, ist raus. Aber auf die Weitergabe an die Presse …«
»Haben Sie keinen Einfluss? Das ist die Standardformulierung bei den Krisenmanagern. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es uns ein kleines Vermögen kostet, dass sich dieser Kerl hier eingenistet hat. Und die weiteren Folgen sind weder abseh- noch bezifferbar!« Der Center-Manager holte tief Luft, spuckte dann »Mr. No Mercy!« in den Gang.
»Ich verstehe Sie natürlich. Aber wir haben, wie gesagt, bisher keinen Kontakt. Sobald wir Konkreteres wissen, werden wir uns bei Ihnen melden. Abgesehen davon sollten Sie und Ihre Mieter das Gebäude jetzt verlassen. Wir arbeiten!«
»Ich bleibe!« Münzer reckte trotzig das Kinn hoch.
»Die anderen gehen! Jetzt!« Björn winkte in den Raum und ließ die kleine Versammlung aus dem Haus eskortieren. »So, Herr Münzer.« Damit nahm er den Widerstrebenden mit in den Überwachungsraum, drehte einen Stuhl in eine Ecke und wies einladend auf das sicher unbequeme Möbel. »Hier können Sie sich setzen und uns im Auge behalten. Bewegen auf dem Gang geht nur nach Anfrage mit Begleitung. Sobald der Kollege, der Ihre Mieter zum Ausgang begleitet, zurück ist, wird er Sie in einen separaten Raum begleiten. Und keine Einmischung!«
Münzer stieß beleidigt Luft aus, schien sich aber fügen zu wollen.
»Machen Sie eine Durchsage«, forderte Andermatt von einem der Mitglieder der Center- Security. »Es komme wegen des ungeplanten Verlassens einzelner Geschäfte zu Fehlalarmen. Und dann planen wir neu!«
Die Durchsage schepperte wenig später laut durch die leeren Gänge des Cube.
Björn drehte sich zu Tom um. »Was macht er?«
»Er läuft. Ruhig. Ansonsten ist es still. Im Hintergrund weint vielleicht jemand, aber das kann ich nicht sicher sagen, vielleicht läuft demjenigen auch nur die Nase.«
»Okay, stellt Sebastian alles Material zur Verfügung, das wir bereits haben. Sobald ein Kontakt hergestellt werden kann, will ich wissen, was man aus Sprechweise, Atmung und Tonfall schließen kann. Der Einsatzleiter der Feuerwehr soll zu uns stoßen, wir planen neu. Ein Orthopäde soll sich die Videos ansehen und ich möchte genau wissen, wer sich in dem Laden aufhält. Gesichtserkennung, da wo es möglich ist. Versucht aus dem Bild der Überwachung vom Täter einen Iris-Scan zu generieren. Könnte sein, dass wir ihn so identifizieren können. Dann wissen wir wenigstens, wer diese Menschen in der Gewalt hat und können vielleicht proaktiv eingreifen.«