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Herta stand schon in der Tür und sah ihnen entgegen. Als Agnes Troller vor ihr stand, lachte sie: „Da ist er ja. Nun zeig ihn mir mal her!“

Agnes gab ihr das fremde Kind. Schlaff fielen die Arme an ihr herunter. Herta blickte in das Gesicht, und sofort öffnete sich ihr Herz für das Wesen.

„Wie heißt es denn?“, wollte sie wissen.

„Das wissen wir nicht“, sagte Agnes.

„Lag denn kein Zettel dabei?“

„Nein!“

Herta drückte es an ihr Herz.

„Schau, Alter“, rief sie ihren Mann. „Nun werden wir noch einmal jung. Ist das nicht ein Prachtbursche. Urban?“

„Schaut recht munter aus“, sagte der Höfer.

„Wie sollen wir ihn nennen, Urban? Das Kind muss doch einen Namen haben.“

„Florian.“

„Das ist ein hübscher Name“, erklärte Agnes.

So wurde er dann auch später in das Amtsregister eingetragen. Bald nannte das Dorf ihn nur noch den Höferbuben.

Florian wurde ein Jahr alt. Agnes brachte ihm ein Schaukelpferd. Am heutigen Tag musste sie sich ein wenig ablenken. So verweilte sie in der Hütte und sah dem Knaben zu, wie er versuchte, auf seinen Beinchen zu stehen. Er lachte über das ganze Gesicht, wenn er wieder hinpurzelte.

„Bist heute so niedergeschlagen, Agnes“, sagte Herta. „Hast du Kummer? Bist du krank?“

„Ach“; sagte sie leise. „Man hat so sein Packerl zu tragen, Herta.“

„Aber wenn man darüber spricht, dann ist es nit mehr gar so schwer.“

„Nein, Herta. Das kann ich nicht. Du würdest mir auch nicht helfen können.“ Sie dachte wieder an ihren Mann. Der saß jetzt daheim in der Stube und zergrübelte sich den Kopf. All die Wochen und Monate warteten sie nun schon auf eine Nachricht von Margaretha. Aber sie schrieb nicht.

Johannes war nach Innsbruck gefahren und hatte dort Erkundigungen eingezogen. Ein Mann wollte für Geld Nachforschungen halten. Aber nichts, kein Anhaltspunkt. Selbst die Polizei konnte ihnen nichts sagen. Sie war in Innsbruck gemeldet, aber die Wirtin erzählte ihnen, dass sie vor Monaten das Zimmer aufgekündigt habe, und seither habe sie Margaretha Troller nicht mehr gesehen. Der Zeitpunkt stimmte, das war an dem Tag gewesen, als sie zu ihnen gewandert war.

Wenn Johannes besonders niedergeschlagen war, dann tröstete ihn Agnes.

„Johannes, vielleicht will sie jetzt nicht schreiben. Bestimmt wartet sie erst, bis es ihr besser geht, und sie dir beweisen kann, dass sie mit ihrem Leben fertig wird. Arg stolz ist sie ja, du kennst sie doch.“

Dann glaubte er wieder eine Weile daran. Aber im Herzen hatte er ein so banges Gefühl.

Eines Tages war dann eine bunte Ansichtskarte aus Australien für Margaretha angekommen. Da schrieb eine Elfriede Smith, sie lebe jetzt mit ihrem Mann in Australien im Busch. Sie hätten eine kleine Farm und ihnen ginge es schon ganz gut. Als der Troller die Karte las, da glaubte er, dass seine Tochter auch ausgewandert sei und fragte bei den Behörden an. Aber niemand hatte ihr die nötigen Papiere dafür ausgestellt.

An dies alles musste Agnes denken, während sie in der Stube saß und den Kuchen aß. Das Kind spielte zu ihren Füßen. Mit schmerzlichen Augen blickte sie darauf nieder.

„Ich muss heim, hab mich schon viel zu lange aufgehalten, Höferin. Sorge weiterhin so gut für das Kind! Du hast eine glückliche Hand dafür. Und bestimmt macht das Kind dir auch viel Freude, nit wahr?“

„O ja“, sagte Herta mit glänzenden Augen. „Ich könnt es nimmer mehr abgeben. Die Mutter wird sich doch jetzt nit mehr melden?“

„Ich glaube nicht, Herta.“

Die Frau nahm das Kind hoch und ging mit bis zum Zaun und sah Agnes nach.

Zu Hause saß Johannes in der guten Stube. Leise schloss Agnes hinter sich die Tür. Walburga hantierte in der Küche.

„Ich war beim kleinen Florian. Ein hübsches Bübchen ist das geworden.“

Johannes sah seine Frau an.

„Was glaubst du, Agnes, kommt unser Kind wieder?“ Ihr selbst war es weh ums Herz. Was sollte sie antworten? „Ja, ja“, sagte er schwer. „Du glaubst also auch nicht mehr daran. Ich spüre es, Agnes. Sie kommt nie mehr wieder. Vielleicht haben wir sie in den Tod getrieben.“

„Red doch nit so! Du hast ihr doch Geld gegeben und ihr gesagt, dass sie nit mehr darben braucht. Sie hat doch eingesehen, dass sie nit hier im Dorf bleiben kann.“

„Aber warum meldet sie sich denn nicht? Ich tät so gern zu ihr hinfahren und mit ihr reden. Ach, Agnes, es ist doch unser einziges Kind.“

„Gott wird uns schon beistehen, Mann.“

Johannes blickte aus dem Fenster. Mit ihm würde der Name erlöschen. Fremde Leute würden nach ihm auf diesem Hof leben. Das stolze Geschlecht Troller gab es dann nicht mehr. Sollte man da nicht zu hadern anfangen?

„Komm, Mann, es ist Abendbrotzeit.“

Schwerfällig stand er auf. Er legte den Arm um seine Frau.

„Wir haben es nit leicht, aber wenn wir zusammenhalten, werden sie uns nicht unterkriegen.“

Ein Findelkind und eine bedrohte Liebe: Wildbach Bergroman Sammelband 3 Romane

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