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2. Das Gastmahl

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Der Dialog Das Gastmahl (oder über die Liebe) führt den Leser in die Welt der platonisch verstandenen Liebe (érôs = ἔϱως) ein. Geschildert wird ein antikes Symposion, also eine gesellige Zusammenkunft von Freunden, die den Sieg eines von ihnen, des Agathon, im Tragödienwettbewerb feiern. Mit einzelnen Lobreden auf den Eros versuchen sich nun die Symposionteilnehmer in einer Art geistigem Wettkampf gegenseitig zu übertrumpfen: Einmal wird Eros als ältester Gott, ein andermal als Naturprinzip, dann als leidenschaftliche Sehnsucht, schließlich als der Seele entspringende jüngste und schönste Gottheit besungen. So unternimmt es auch Sokrates, einen Lobgesang anzustimmen. In der ihm typischen Unwissenheit hebt er an, eine an der Wahrheit ausgerichtete Rede über das Wesen des Eros vorzutragen:

„Denn auf diese Art will ich nicht noch eine Lobrede halten; ich könnte es auch gar nicht. Wenn ihr aber einverstanden seid, will ich die Wahrheit sagen, auf meine Art und nicht so, wie eure Reden waren, damit ich mich nicht lächerlich mache.“30

Es scheint so, als wäre Sokrates (wie in der Apologie) wieder in seiner Person der Gewährsmann für die Wahrheit. Unterstützt wird diese Ansicht noch durch den Umstand, dass er sich in seiner Rede auf die Priesterin und Seherin Diotima beruft, die ihm das wahre Wesen des Eros geoffenbart hat: Der Eros ist eine Art Geistwesen, Dämon genannt, der selbst nicht schön ist, indes sich durch Liebe zum Schönen und Guten auszeichnet. Vorgestellt wird er als ein Mittler zwischen Gott und Mensch, Ideal und Erscheinung, Wissen und Meinen. Das Wirken dieses engelhaften Wesens aber will letztlich zur Idee des Schönen führen.31

Doch die Worte des Sokrates, so beglaubigt sie auch durch den vorgetragenen Mythos klingen mögen, sind zur Wahrheitserkenntnis nicht mehr hinreichend. Und so gibt Platon folgendes Gespräch zwischen Sokrates und dem Tragödiendichter Agathon in Bezug auf die Wahrheit wieder:

„»Ich kann dir nicht widersprechen, Sokrates«, habe er erwidert. »Sei es also so, wie du sagst.« »Nein, lieber Agathon«, sagte Sokrates, »der Wahrheit kannst du nicht widersprechen; dem Sokrates zu widersprechen böte gar keine Schwierigkeit«.“32

Platon gibt hier also zu erkennen, dass für ihn die Wahrheit nicht mehr an die Person des Sokrates gebunden, sondern in einer höheren Erkenntnisordnung beheimatet ist, als der menschlichen Rede innewohnt.

Platon und Christus

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