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Die Niederlande auf der Landkarte

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Mit dem Begriff der »Niederlande« wurde Mitte des 16. Jahrhunderts ein Gebiet umschrieben, das in geographischer Hinsicht ungefähr mit den heutigen Benelux-Staaten übereinstimmt. Politisch einte dieses Gebiet jedoch noch nicht viel mehr als der gemeinsame Name auf der Karte, und auch juristisch und ökonomisch betrachtet war von einer Einheit keine Rede. Die Verfügungsgewalt über die vielen Kleinstaaten war auf Herrscher verschiedenster Couleur und verschiedenen Ranges verteilt. Um 1500 regierte in den meisten südlichen Provinzen sowie in Holland und Zeeland Herzog Philipp der Schöne, Sohn der Maria von Burgund und des Habsburgers Maximilian von Österreich. In den Provinzen Lüttich und Utrecht residierten Bischöfe, wobei sich die Herrschaft des Utrechter Bischofs auch auf Drenthe und Overijssel erstreckte. Im Osten gehörten Geldern und Teile des heutigen Limburgs dem Herzog Karl von Geldern – die Grafschaft Geldern war 1339 zum Herzogtum erhoben worden –, während in Friesland und Groningen eine zentrale Macht fehlte.

Unter Karl V., 1500 als Sohn Philipps des Schönen und der aus Spanien stammenden Johanna von Kastilien geboren, vereinigte sich in diesen Jahren ein großes europäisches Reich. Johanna hatte die spanischen Königreiche Aragón und Kastilien geerbt, aber durch den frühen Tod ihres Mannes im Jahr 1506 und ihre eigene Geisteskrankheit ging die spanische Krone – nach dem Tod des Zwischenregenten, Karls Großvater Ferdinand von Aragón – 1516 auf Karl über. Im Jahr zuvor hatte Karl im Alter von fünfzehn Jahren bereits die Regierung über die Niederlande erhalten, und 1519 trat er die Nachfolge seines Großvaters, Maximilian von Österreich, als König des Deutschen Reichs an.

Seit den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts vergrößerte sich sein Einfluss in den Niederlanden. 1523 fand – durch Eingreifen Hollands – die Unabhängigkeit Frieslands ein Ende, und 1528 zog Karl V. die weltliche Macht im Bistum Utrecht an sich und erhielt damit auch die Verfügungsgewalt über Overijssel und Drenthe. In den Bistümern Kamerijk und Lüttich konnte sich Karl V. nach Vereinbarungen mit dem Papst ihm wohlgesinnter Kirchenfürsten versichern, und in den 1530er Jahren kam auch Groningen unter seine Herrschaft. Nachdem 1543 mit der Eroberung Gelderns eine siebzehnte Provinz hinzugekommen war, stimmten die Niederlande in geographischer Hinsicht nahezu mit den heutigen Benelux-Staaten überein. Allerdings wurde dieses zusammenhängende Gebiet durch das neutrale Bistum Lüttich unterbrochen, wodurch Luxemburg und die Gebiete im heutigen Limburg keine gemeinsame Grenze mit anderen niederländischen Provinzen besaßen. Hinzu kamen noch einige kleinere Enklaven, besonders an der Grenze zwischen Holland und Utrecht sowie in Geldern. Die Pläne Karls V., den niederländischen Provinzen auch Ostfriesland und das Bistum Münster hinzuzufügen, misslangen, allerdings errang er die Grafschaft Lingen, die er ebenfalls seinen niederländischen Besitzungen zurechnete (Karte 1).


Karte 1: Die niederländischen Provinzen um 1550

Die letztlich entstandene niederländische Ostgrenze war keineswegs natürlich, sondern das Ergebnis von Erbschaften, Kriegen und Konflikten, wobei vor allem der Kampf zwischen Habsburg einerseits und Frankreich und dem Herzog von Geldern andererseits von Bedeutung war. 1548 beschloss der Deutsche Reichstag auf Bitten von Karl V., die niederländischen Provinzen in einem gemeinsamen Reichskreis unterzubringen, einer selbstverwalteten Einheit innerhalb des Deutschen Reichs. Dadurch wurde der Zusammenhalt der Provinzen untereinander verstärkt, während das Band zum Reich gerade gelockert wurde. Gleichzeitig wurde in diesem Beschluss, der sogenannten Pragmatieke Sanctie, festgelegt, dass dieses Gebiet »bis in die Ewigkeit« als Einheit bestehen bleiben und nicht auf verschiedene Erben aufgeteilt werden sollte. 1549 bestätigten die siebzehn niederländischen Provinzen die Pragmatieke Sanctie, und der Sohn Karls V., Philipp II. (1527–1598), machte als vorgesehener Nachfolger mit einer ersten Reise durch die Niederlande seine Aufwartung.

Die Pragmatieke Sanctie sollte nicht lange standhalten. In den nördlichen Niederlanden scheiterte der Beschluss bereits unter Philipp II.: Mit einer Abschwörungserklärung, der sogenannten Plakkaat van Verlatinghe von 1581, entließen die nördlichen Provinzen den Landesherrn Philipp II., und sieben Jahre später beschlossen sie, als souveräne Provinzen in der Form fortzubestehen, die als die »Republik der Vereinigten Niederlande« bekannt wurde. Diese sollte nach der internationalen Anerkennung beim Frieden von Münster im Jahr 1648 bestehen bleiben, bis sie 1795 in der französischen Expansion untergehen würde. Die südlichen Provinzen blieben hingegen als Resultat des Aufstands bis 1794 unter den Habsburgern, das Jahr, in dem Frankreich dieses Gebiet unter seine Verwaltung brachte. Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft in Europa im Jahr 1813 sollte auf dem Wiener Kongress (1814–1815) die frühere geographische »Einheit« der Niederlande für kurze Zeit im Vereinigten Königreich wiederhergestellt werden. Belgien und die Niederlande wurden unter König Wilhelm I. vereint, der zugleich Großherzog von Luxemburg wurde. Die belgisch-niederländische Einheit ging 1830 zu Ende, und mit dem Tod König Wilhelms III. im Jahr 1890 wurde auch die Verbindung zwischen den Niederlanden und Luxemburg beendet. Damit waren die Niederlande wieder bei der geographischen Position der Republik angelangt, die ihrerseits wiederum mehr oder weniger mit dem Umfang der sieben nördlichen Provinzen der habsburgischen Niederlande übereinstimmte.

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