Читать книгу Mit langem Atem zum großen Glück - Gabriele Klink - Страница 12
ОглавлениеAm 27. Mai 1980 - Ein Hoffnungsschimmer aus Peru
Im Briefkasten lauerte ein blauer Luftpostbrief mit peruanischen Briefmarken. Inkamotive waren darauf abgebildet. Vor lauter Aufregung und Anspannung riss ich mit zittrigen, ungeschickten Händen den Umschlag auf. Noch auf der Treppe las ich die ersten Zeilen. Sie waren mit der Schreibmaschine auf Deutsch getippt. Dann musste ich mich setzen. Meine Beine knickten wie Gummi ein. Vor Schreck wurde es mir ganz übel.
Eigentlich hätte ich ja einen Jubelschrei heraustrompeten müssen, dass die Wände wackeln, oder einen Luftsprung bis an den Himmelsrand vollführen. Aber da saß ich und starrte auf die wenigen, mit der Schreibmaschine getippten Zeilen auf dem hauchdünnen Luftpostpapier.
„… und möchte Ihnen mitteilen, dass ich in einigen Wochen ein Kind zur Adoption finden könnte. Sobald ich Ihre deutschen Unterlagen nach beiliegendem Papier in den Händen halte …“
Die Buchstaben verschwammen, ich vergaß zu atmen, saß da wie zur Salzsäule erstarrt und konnte es nicht fassen. Ich konnte es einfach nicht glauben und saß zusammengesunken auf der kalten Steintreppe. Und gleichzeitig sagte eine Stimme tief in meinem Inneren. „Glaub es nicht, es kann wiederum nur ein Strohfeuer sein. Mach dir keine Hoffnungen, du bist schon viel zu oft enttäuscht worden. Das ist eine Fata Morgana.“ Aber mein anderes „Ich“ schrie den inneren Schweinehund nieder: „Warum soll es dieses Mal nicht klappen, es ist doch eine Zusage.“ Und um ganz sicherzugehen, dass ich keiner Halluzination aufsaß und es auch kein Traum war, strich ich mit der Hand über den unwillkürlich zusammengedrückten Brief. Das leise Knistern holte mich blitzschnell in die Wirklichkeit zurück. Sorgsam strich ich das hauchdünne Papier glatt, eilte die Treppe hinauf und legte den Brief wie ein kostbares Geschenk behutsam auf den Tisch.
„Das wird heute Abend die Überraschung der Welt werden, wenn Siegfried nach Hause kommt.“ Es fiel mir unendlich schwer, nicht zum Telefonhörer zu greifen und mein Glück hinauszurufen.