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ANKEREFFEKT - PREISVORSTELLUNGEN SETZEN

Die Wirklichkeit ist nur veränderbar, insofern sie noch nicht ist. Wir können versuchen, die Zukunft zu beeinflussen, das ist alles.

Friedrich Dürrenmatt – Schweizer Schriftsteller

Verhandlungen über Preise, Produktneueinführungen oder Gehaltsvorstellungen sind meist heikel und können drastische Konsequenzen nach sich ziehen. Umso essenzieller ist es, sich schon im Vorfeld Gedanken über die richtigen Preisvorstellungen zu machen und den Verlauf der Verhandlung dadurch ein Stück weit vorherzusehen.

Ich hatte einmal ein Gespräch mit einem wichtigen Geschäfts-partnerunserer Firma, dem Vertriebsleiter eines mittelständischen Unternehmens für bestückte Leiterplatten aus Taiwan, mit dem ich über den Preis für ein neues Produkt verhandeln musste. Das war eine wichtige Angelegenheit um mit der handelsführenden Konkurrenz mithalten zu können. Das Ziel war auch einen möglichst guten Preis zu erlangen, da die Kosten aufgrund des neuen aufwendigeren Designs zu dieser Zeit stark gestiegen waren. Entsprechend verärgert war ich, als der Verkäufer gleich im ersten Gespräch eine immens hohe Preiserhöhung vorschlug und dadurch meine gesamten Berechnungen durcheinanderbrachte. Es waren viele zeitraubende Gespräche und einiges an Recherchearbeit nötig, bis der Verkäufer auf einen halbwegs realistischen und angemessenen Preis runtergehandelt war. Dabei half vor allem der Vergleich mit Preisen anderer, ähnlicher Angebote und ein kühler Kopf. Ich hatte schlicht nicht die Wahl meinen Ärger zu zeigen und empört zu reagieren, da meine Firma wirklich auf das Produkt angewiesen war. Am Ende einigten wir uns zwar, doch die Verhandlung hatte viel Zeit gekostet und meine Zielpreise habe ich damit nicht erreicht.

Was die Preisverhandlung mit dem Verkäufer von Anfang an belastete, war der zu schwere Anker, den dieser gesetzt hatte. Wenn ich von Anker spreche, meine ich damit nicht die Seefahrt, sondern ein psychologisches Phänomen, das als „Ankereffekt“ bezeichnet wird. Der Ankereffekt tritt dann ein, wenn jemand eine neue Information erlangt und diese dann unterbewusst als Referenz nutzt, sich also an ihr orientiert. Auf den ersten Blick widerspricht das dem gesunden Menschenverstand – wieso wird ausgerechnet die erste, womöglich zufällig vorliegende und oft unzureichende Information als Fixpunkt bzw. Anker genutzt, um darauf aufbauend zu handeln? Erneut ist es das mächtige Unterbewusstsein, das unsere Entscheidung hier beeinflusst. Es setzt sich oft schnell gegen die logische Vernunft durch und hält, wahrscheinlich aus Effizienzgründen, verbissen an dieser ersten Information fest, auch wenn das in den meisten Fällen komplett willkürlich ist. Der Ankereffekt wurde z. B. durch Amos Tversky und Daniel Kahneman im Rahmen ihrer Studie „Judgement under Uncertainty: Heuristics and Biases“ im Jahr 1974 nachgewiesen.

Dies ist einer der am häufigsten untersuchte und bestätigte Effekt in der Verhaltensökonomie. Studien belegen, dass wir von jedem Euro, den wir fordern, aufgrund des Ankereffektes zwischen 50-60 Cent bekommen, also eine Rendite von 50-60 %. Wenn wir uns auf der anderen Seite nur zurückhaltend verhalten und darauf vertrauen, bis wir einen fairen Preis für das eingekaufte Produkt oder ein angemessenes Gehalt erhalten, so zeigen meine persönlichen Erfahrungen, dass wir letztendlich nur mit 0 % Rendite herauskommen. Darum empfehle ich jedem, regelmäßig nach einem besseren Preis oder Gehalt zu fragen. Die Chancen stehen gut, dass wir etwas dafür zurück bekommen.

Im Alltag sind wir ständig mit dem Ankereffekt konfrontiert. Wenn wir jeden Sonntagmorgen beim Bäcker für eine Mohnschnecke 1,60 Euro bezahlen, wird dieser Preis zu unserem Anker – eine Mohnschnecke bei einem anderen Bäcker, die 1,90 Euro kostet, empfinden wir dann als teuer, eine für 1,30 Euro als günstig. Unsere Beurteilung nach teuer und günstig richtet sich also nach einem einzigen Erfahrungswert. Ähnlich verhält es sich in sozialen Situationen, bei denen Geld ins Spiel kommt. Am Ende eines gemeinsamen Essens mit Freunden gibt die erste Person, die für sich bezahlt und dem Kellner ein Trinkgeld gibt, den Preis für das Trinkgeld an, an dem sich die restlichen Freunde dann höchstwahrscheinlich orientieren.


Bezogen auf die Geschäftswelt bedeutet das, dass der zuerst genannte Preis für ein Produkt als Anker fungiert, der die restlichen Verhandlungen stark beeinflusst. Menschen haben schlichtweg keinen internen Preiskalkulator, der bestimmt wie viel ein Produkt wirklich wert ist und warum. Die Herstellungskosten sind in der Regel immer deutlich geringer als der Preis des Endprodukts und werden dem Kunden nicht offenbart. Es gibt nur drei Möglichkeiten, den tatsächlichen Preis eines Produkts zu bestimmen; mit Hilfe eines sogenannten Cost Breakdowns (CBD), durch eine harte Verhandlung mit mehreren Lieferanten oder empirisch. Beim CBD wird dargelegt, wie genau der vorgeschlagene Preis zustande gekommen ist. Bringe deinen Gesprächspartner dazu sich für seinen Preis zu rechtfertigen und die Details der einzelnen Kosten darzulegen, um erkennen zu können, ob das Angebot wirklich angemessen ist. Damit bringst du nicht nur dir selbst einen Vorteil, sondern verstärkst auch den Eindruck, dass du an einer gerechten Lösung für alle interessiert bist. Nicht alle Lieferanten sind dazu bereit, die einzelnen Kosten eines Produkts offen darzulegen. Ist dieser Punkt für dich wichtig, dann nimm ihn direkt zu Anfang als Bedingung in die Ausschreibung und mache klar, dass du ohne Kostenaufschlüsselung keine Verhandlung führen wirst.

Durch eine harte Verhandlung mit mehreren Lieferanten, bei der du den Wettbewerb bewusst antreibst und alle Beteiligten dazu bringst, ihre absolut besten Angebote abzugeben, kannst du die Preise für ein ähnliches Produkt gut vergleichen. Mit ähnlichem Produkt ist gemeint, dass sich die Produkte in der Funktion, Qualität und Anmutung ähneln und somit austauschbar sind. Diese Referenzen helfen dabei einen Überblick zu bekommen und realistisch zu bleiben. Zuletzt kannst du den fairen Preis eines Produkts ermitteln, indem du jedes Jahr das gleiche Produkt bei dem gleichen Lieferanten einkaufst und den Preis jedes Jahr etwas herunterhandelst. Eröffnet dir der Lieferant nach ein paar Jahren, dass er dir keinen besseren Preis anbieten kann, da er sonst die Selbstkosten nicht decken kann und echte Verluste machen würde, weißt du, dass der jetzige Preis wahrscheinlich angemessen ist. Noch sicherer wirst du in deiner Annahme, wenn du die gleiche Prozedur mit anderen Lieferanten durchführst und dir mehrmals bestätigt wird, dass der Preis nicht weiter gesenkt werden kann.

Einen vom Verhandlungspartner gesetzten Preisanker, der dir viel zu hoch und unrealistisch vorkommt, kannst du mit einem extrem niedrigen Preisanker kontern. Diese Strategie lässt sich oft auf Flohmärkten beobachten: Eine Partei verlangt viel Geld für ein Produkt, die andere zeigt sich unbeeindruckt und gibt eine extrem niedrige Preisvorstellung an. Beide rücken dann in der Regel nach etwas Hin- und Her immer weiter in die Mitte und einigen sich schließlich auf einen Preis, mit dem beide leben können. War der Verkäufer schlau, hat er das angebotene Produkt dann für den Preis verkauft, den er wirklich erreichen wollte, indem er gleich zu Anfang einen deutlich höheren verlangte. Der Käufer hat durch seine schnelle und zunächst drastische Erwiderung gezeigt, dass er sich vom hohen Preis nicht beirren lässt und selbst dazu bereit ist, sich in der Mitte zu treffen. Hätte er an der ersten Preisvorstellung festgehalten und einen nur etwas niedrigeren Preis als Gegenantwort genannt, wäre er mehr Geld losgeworden.

Ist es immer sinnvoll, den ersten Preis zu nennen oder das erste Angebot zu machen? Die bekannten Verhandlungstrainer nennen dabei eine Ausnahme und empfehlen abzuwarten und zwar, wenn du nicht weißt, was das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich kostet. Selbst in diesem Fall habe ich gute Erfahrungen gemacht.

Als ich vor einigen Jahren die Einkaufsleitung für ein mittelständisches Unternehmen übernommen habe, war ich mit einem Schlag für den Einkauf von Software, Services und anderen Dienstleistungen verantwortlich. Das waren bis dahin alles neue Bereiche für mich und ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie man solche Services kalkuliert. Als Erstes durfte ich die Entwicklung einer neuen Software für unsere Produktion verhandeln. Nach Klärung der Spezifikation teilte ich dem Vertriebler offen mit, dass ich mich da nicht auskenne und habe anschließend einen extrem niedrigen Preis geschätzt. Mein Ziel der Nennung eines extremen Ankers habe ich damit erreicht. Mein Gegenüber fühlte sich in seiner Ehre nicht verletzt, da ich ihm vorher mitgeteilt hatte, dass ich mich nicht auskenne. Als mein Verhandlungspartner dann sein Angebot vorstellte, war ich natürlich über die hohe Abweichung überrascht und fragte neugierig wo ich mich so schwer getäuscht hätte. Um den Status des Gegenübers aufzuwerten, sagte ich ihm auch, dass er als Experte mir das Angebot bitte genau erläutern möge, da ich ja etwas von seiner Expertise lernen möchte. Er erklärte mir daraufhin lang und breit die Bestandteile des Angebotes und erlaubte mir dadurch viele Einwände für weitere Preisreduktionen.

Das beweist einmal mehr, dass bei dem Ankereffekt immer derjenige den Vorteil hat, der als erster seinen Preis nennt. Als Einkäufer ist es daher schlau, so früh wie möglich seine Preisvorstellung zu kommunizieren, um sein Budget im Blick zu haben und sicher zu sein, dass der Verhandlungspartner keinen beliebig großen Spielraum hat.

Häufig verwenden Lieferanten sogenannte Preisanpassungsschreiben, um ihre Preise für das nächste Quartal, Halbjahr oder Jahr zu ankern. In diesen Schreiben wird den Einkäufern ihrer Kunden erklärt, ab wann und weshalb der Lieferant seine Preise erhöhen muss. In den meisten Fällen wird diesen Schreiben von der Einkaufsseite widersprochen und auf eine Einzelverhandlung bestanden. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass auch hier der Anker seine Wirkung entfaltet. Denn häufig verhandeln beide Seiten nur noch darüber, wie hoch die Preiserhöhung wird und nicht, ob diese überhaupt in Frage kommt. Hinzu kommt noch der zusätzliche Effekt des Rahmens, den ich im nächsten Kapitel ausführlich behandle. Ich empfehle meinen Kunden immer, allen Preisanpassungsschreiben zu widersprechen und selbst eine Preisreduktion zu fordern. Am besten geht man in die Offensive und verschickt selbst Schreiben zur Preisreduktion an seine Lieferanten, um als Erster einen Anker zu setzen und eine Preiserhöhung erst gar nicht verhandeln zu müssen. Dann geht es darum, wie stark die derzeitigen Preise gesenkt werden und nicht, ob diese überhaupt gesenkt werden. Der Spieß wird also umgedreht.

Wer etwas ankern und somit Vertrauen in seine Zahl schaffen möchte, sollte lieber ungerade Zahlen angeben als runde, wie etwa 382,35 anstatt 400. Die Zahlen sollten das Gefühl vermitteln, exakt berechnet worden und somit absolut korrekt zu sein. Im Gegensatz zu Preisen im Supermarkt oder im Kaufhaus, welche attraktiv sein sollen wie z. B. 399 Euro statt 382,35 Euro, und bei denen auch jeder Käufer weiß, dass sie künstlich erzeugt wurden und somit einen Verhandlungsspielraum beinhalten. Die erste gefallene Zahl in der Verhandlung oder einen bereits reduzierten Preis solltest du generell nicht annehmen, sondern immer nach einem besseren Angebot fragen. Reduzierte Angebote sind oft Fallen, bei denen der sehr hohe Originalpreis künstlich reduziert wurde, um das Gefühl eines fairen Zugeständnisses entstehen zu lassen. Dieser Trick wird ebenfalls häufig in Supermärkten, aber auch in Möbelhäusern und bei Autohändlern angewandt.

Der Ankereffekt ist auch bei Vorstellungsgesprächen oder Gehaltsverhandlungen nützlich. Bewerber oder Mitarbeiter erreichen das beste Ergebnis, indem sie als Erste ihre Gehaltsvorstellung kommunizieren. Sie können dabei ein Vergleichsgehalt aus einer Gehaltsstudie oder das angemessene Gehalt eines Freundes in ähnlicher Position nennen. Noch besser ist in einem Gehaltsgespräch die Verknüpfung des Ankers mit einer einleitenden Vorbereitung. Der Kandidat könnte beispielsweise sagen: „Ich vermute, dass meine Gehaltsforderung Ihnen gleich ziemlich hoch erscheinen wird. Ich möchte jedoch betonen, dass sich diese Investition aufgrund meiner Referenzen und Kenntnisse für die Firma mehr als auszahlen wird. Mein Wunschgehalt liegt zwischen 76.500 und 84.300 Euro.“ Durch den eher negativen Einstieg befürchtet der Zuhörer, dass sich der Kandidat ein extrem hohes Gehalt vorstellt. Danach wird das Gehalt als Investition positiv umrahmt und im dritten Satz wird dann der Anker mit krummen Zahlen gesetzt. Diese Vorgehensweise ist äußerst effektiv und beeinflusst unterbewusst die Meinung des Gegenübers.

Darüber hinaus ist das Ankern bei größeren privaten Investitionen von Vorteil. Als ich mein Haus kaufte, benötigte ich einen Bankkredit. Noch bevor ich das Haus überhaupt besichtigt hatte, kontaktierte ich den Makler und teilte ihm mit, dass ich ein begrenztes Budget habe und mir damit ein Haus von 520.000 Euro leisten konnte. Das Haus wurde für 620.000 Euro inseriert. Der Makler bot mir daher ein anderes Haus in meiner Preisklasse an, was ich jedoch mit der Begründung ablehnte, dass mir dieses bestimmte Haus im Inserat gefiel. Auf meine Frage hin, ob sich für mich eine Hausbesichtigung bei meinem Budget überhaupt lohnen würde, teilte mir der Makler mit, dass er erst mit dem Eigentümer reden müsste. Nach zwei Tagen rief er mich an und teilte mir mit, dass sich der Eigentümer bestenfalls einen Preis von 580.000 Euro vorstellen könne. Ich bedankte mich für das Entgegenkommen und teilte ihm mit, dass ich durch Verwandte eventuell noch zusätzliche 30.000 Euro auftreiben könnte, sodass mein neues Angebot 550.000 Euro betrug. Der Makler kommunizierte dies erneut dem Eigentümer und erklärte mir dann, dass dieser noch einmal auf 570.000 Euro heruntergegangen wäre. Wieder bedankte ich mich und sagte, dass ich mich noch einmal mit meiner Bank besprechen würde.

Am nächsten Morgen rief ich ihn erfreut an und eröffnete, dass mir meine Bank ein Darlehen für 565.000 Euro anbieten würde und ich das Haus gerne besichtigen würde, falls der Preis nun angemessen sei. Der Eigentümer ließ von seinen 570.000 Euro nicht ab und so fragte ich ihn, ob er stattdessen einen Teil der Maklergebühr übernehmen könne, was dieser bestätigte. Um so viel wie möglich herauszubekommen, fragte ich zusätzlich nach Dingen wie Möbeln oder Werkzeug im Geräteschuppen, um nicht alles neu kaufen zu müssen. Der Hausbesitzer bestand auf seinen Preis von 570.000 Euro und ich kommunizierte ebenfalls, dass 565.000 Euro mein letzter Zielpreis wäre. Bei erneutem Interesse könnte ich gerne zurückgerufen werden. Ich wartete etwa zwei Wochen, bevor ich erneut bei ihm anrief und mich nach der aktuellen Lage erkundigte. Der Eigentümer lenkte ein und ich hatte mein Ziel erreicht. Hätte er dies nicht getan, hätte ich immer noch das Haus besichtigen und mir dann überlegen können, ob es den höheren Preis wert sei. Eine Hausbesichtigung ohne vorherige Verhandlung wäre für mich schlecht ausgegangen, denn dann hätte ich mich von meiner begeisterten Frau wahrscheinlich sofort zur Vertragsunterschrift überreden lassen.

Wichtig sind auch bei solchen privaten Investitionen die jeweiligen Machtpositionen und Abhängigkeiten. Bei einem Hauskauf handelt es sich meist um eine Verhandlungssituation, in der beide Seiten voneinander abhängig sind und daher zusammenarbeiten sollten. Ab einem bestimmten Verkaufspreis hat der Verkäufer in der Regel nur wenige Interessenten und der Käufer wenige gute Alternativen. Der Makler hingegen interessiert sich ausschließlich für den schnellen Verkauf und für seine Provision. An seiner Provision ändern 15.000 Euro vom Kaufpreis nur wenig, sodass ihm die endgültige Preishöhe relativ egal ist. Dessen sollte man sich vorher bewusst sein.

Selbst eine gute Machtposition, die auf deiner Unabhängigkeit basiert, kannst du immer noch verbessern. Als ich für mein neues Haus den Bankkredit aufnahm, war die Situation im Vergleich zum Hauskauf an sich eine komplett andere. Hier war meine Verhandlungsposition als kreditwürdiger Kunde deutlich besser als die der Bank, denn das Geld einer jeden Bank ist absolut identisch. Außerdem war ich abgesehen vom Bankkredit an keiner engen Zusammenarbeit mit der Bank interessiert, bestenfalls hören wir viele Jahre nichts voneinander. Und so ging ich diesmal vor: Ich ließ mir zuerst fünf detaillierte Angebote von unterschiedlichen Banken geben, sammelte also alle meine Alternativen zusammen. Danach nahm ich das beste Angebot, zog davon noch einmal 5 % ab und teilte das Ergebnis als Zielzinssatz allen Banken mit. Lag das beste Angebot also beispielsweise bei 1,2 %, errechnete sich mein Zielzinssatz als 1,2 % - 5 % = 1,14 %. Zu meiner Überraschung verbesserten alle Banken ihr Initialangebot deutlich. Und so machte ich weiter, bis mir zwei von ihnen mitteilten, dass sie nicht mehr mitgehen könnten, so hörte ich mit meinen Erkundigungen nach dem besten Zins auf und blieb bei den beiden bis dahin besten Anbietern.

Ich fragte nach weiteren verbesserten Nebenleistungen wie einer erhöhten Sondertilgung, einem variablen Zinssatz, Aussetzen von Tilgungen und anderem. Am Ende entschied ich mich für die Bank mit der sympathischsten und schnellsten Beraterin, bei der ich mit allen angebotenen Leistungen zufrieden war. Wie du siehst, kannst du deine Unabhängigkeit in der Verhandlung in vielen Situationen zu deinem Vorteil nutzen. Nutzt du dann auch noch einen Anker, wie ich es mit meinem berechneten Zinssatz tat, wird dein Verhandlungsergebnis sogar besser aussehen.

Um dem Ankereffekt nicht selbst zu verfallen und sich unterbewusst manipulieren zu lassen, solltest du dir bei der Konfrontation mit einer Zahl immer bewusst sein, dass es sich dabei um einen gezielt gesetzten Anker handelt. Überlege vor der Verhandlung genau, welchen Preis du ohne den Anker erwartet hättest und erinnere dich auch zwischendurch immer wieder daran, dass es sich bei den Wertvorstellungen zum Teil um subjektive Betrachtungen handelt. Je nachdem, in welcher Position du dich befindest, musst du dich dem Ankereffekt anpassen und ihn zu deinem Vorteil nutzen.

WAS MUSST DU DIR BEZÜGLICH DES ANKEREFFEKTS MERKEN?

1. Wer den ersten Preis oder seine Forderung nennt, setzt den groben Rahmen und den Referenzpunkt für die Verhandlung, und hat dadurch einen immensen Vorteil.

2. Setze einen anspruchsvollen Anker, der deutlich besser ist als dein Zielpreis und nutze dafür ungerade Zahlen. In der Regel entspricht jeder begründbare Zielpreis einem guten Anker. Möchtest du für ein Produkt 10 Euro bezahlen, solltest du also nach 7,13 Euro bis 7,96 Euro fragen und es auch begründen.

3. Bestenfalls hast du deinen idealen Preis im Voraus dank Produktkalkulation und Vergleichsangeboten herausgefunden; hast du dies nicht getan und dir schwebt kein genauer Preis vor, mache klar, dass du sein Angebot noch prüfen und mit anderen Anbietern vergleichen wirst. Sage ihm z. B.: „Ich gehe davon aus, dass Sie mir ein wettbewerbsfähiges und faires Angebot unterbreiten werden. Sobald ich dieses geprüft habe, werde ich Ihnen Bescheid geben.“ So bleibt dir die Möglichkeit, noch einmal nachverhandeln zu können.

4. Bist du nicht derjenige, der den ersten Anker setzt, gehe auf keinen Fall sofort auf den Preis ein, sondern kontere mit einem niedrigen Preis. In jedem Fall kannst du deine mangelnde Kenntnis nennen und nach einem CBD (Cost Breakdown) oder Kostenherleitung erkundigen. Sage deinem Verhandlungspartner, dass du eine andere Sichtweise hast und bietest ihm an, deine zu erklären.

5. Versuche immer, noch mehr Verbesserungen herauszubekommen. Frage nach optimierten Lieferbedingungen, zukünftigen Preisreduktionen und verbesserten Zahlungsbedingungen. In einem späteren Kapitel dieses Buches wirst du lernen, welche weiteren Ziele es noch gibt und wie du diese in die Verhandlung miteinbringst.

6. Denke daran, dass du von jedem Euro deiner Forderung zwischen 50 – 60 Cent tatsächlich bekommst.

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