Читать книгу VERHANDLUNG MACHT ERFOLGREICH - Georg Moor - Страница 7
ОглавлениеVERHANDLUNGSFÜHRUNG – DAS SCHLÜSSELELEMENT
Wir können nicht mit jenen verhandeln, die sagen: Was mein ist, ist mein; und was dein ist, ist Verhandlungssache.
John Fitzgerald Kennedy – Ehemaliger US Präsident
In unserem alltäglichen Leben führen wir jeden Tag und in fast allen Situationen unbewusste Verhandlungen. Ob wir mit unserem Partner über eine teure Anschaffung sprechen, unsere Kinder zum Aufstehen überreden wollen oder auf der Arbeit einen neuen Deal durchbringen möchten: Die Fähigkeit, gut zu verhandeln, ist essenziell für unseren Lebenserfolg. Es liegt in unserer Natur, mit anderen Menschen zu kommunizieren und dabei zu versuchen, unsere Interessen durchzusetzen.
Aber was ist eigentlich gute Verhandlungsführung? Manche denken hierbei an psychische Manipulation, das kaltblütige Ausnutzen von offensichtlichen Schwächen beim anderen oder stets den eigenen Vorteil maximieren zu wollen. Das ist jedoch ein ziemlich einseitiger Blick auf die Dinge. Im Grunde stimmt es, dass in der Verhandlung vieles möglich ist. Doch ganz so simpel ist es nicht – wer verstehen will, wie eine erfolgreiche Verhandlung gelingt, muss zuerst verstehen, wie sie funktioniert.
Bei einer Verhandlung kann es im Prinzip um alles gehen. Um Güter und Geld, persönliche Vorteile, Gefallen, Zeit oder den Umgang miteinander. Jede Partei versucht dabei, durch einen Tausch mit der anderen Partei Gewinn zu machen. Dadurch entwickelt sich ein gewisser Druck, denn in den meisten Fällen steht zusätzlich etwas auf dem Spiel (eine Beförderung, Ansehen bei den Kollegen, etc.) und alle Parteien wissen, dass sie auch Verluste machen könnten. Daher erweist es sich als wichtig, seine Emotionen zu kontrollieren und stets konzentriert zu sein. Menschen sind zwar oft unvorhersehbar und handeln aus ihren Gefühlen heraus, doch in fast allen Fällen lassen sich Verhaltensmuster identifizieren, die wiederum das Einsetzen von Verhandlungsstrategien ermöglichen. Besonders für professionelle Einkäufer gehört es zum Beruf, die besten Verhandlungsstrategien zu kennen – nicht nur um sie selbst anzuwenden, sondern auch, um sie bei anderen früh genug zu erkennen und sich nicht in gefährliche Spielchen verwickeln zu lassen. Eine psychologisch gut durchdachte Strategie ist bei der Verhandlung von Verträgen, Preisen und anderen Zielen mindestens genauso bedeutend wie korrekte Berechnungen.
Um zu verstehen, wieso wirklich jeder die spannenden Techniken des Verhandelns lernen sollte, lohnt es sich, einen Blick auf die Erkenntnisse des US-amerikanischen Psychologen Robert Sternberg zu werfen. Dieser widmete sich in jahrelangen Studien den Themen Intelligenz, Kreativität und Weisheit sowie Führungsstärken und unterschiedlichen Denkprozessen. Zu seinen bekanntesten Theorien gehört die der „practical intelligence“, also der praktischen Intelligenz. Sternberg unterscheidet zwischen der analytischen, normalen Intelligenz und der Art von praktischer Intelligenz, die uns zu guten Verhandelnden macht. Diese ist eine Fähigkeit, die es uns ermöglicht zu erkennen, was man zu wem sagen sollte, wann man es sagen sollte und wie man es sagen sollte, um das Beste in einer Konversation zu erreichen. Man könnte auch sagen, dass es sich um einen speziellen Grad der sozialen Kompetenz handelt, dank derer man Situationen schnell richtig einschätzt und weiß, wie man mit unterschiedlichen Menschen interagiert, um das Gewollte zu erreichen. Manche Menschen besitzen mehr analytische Intelligenz, andere mehr praktische und einige wenige haben beides im Überfluss.
Anhand von Sternbergs Studien lässt sich etwas Wunderbares erkennen; die Intelligenz, die über den IQ-Test gemessen wird und bestimmt, wie gut wir analytisch denken können, ist angeboren. Die praktische Intelligenz jedoch, die uns zu großen Teilen nicht in den Genen liegt, kann erlernt werden. Natürlich spielt unser Umfeld für diese Fähigkeit eine große Rolle, insbesondere unsere Sozialisation in jungen Jahren. Vor allem aber liegt es an uns selbst, unsere praktische Intelligenz und unsere natürliche Fähigkeit, mit anderen Menschen in der Welt zurechtzukommen, zu trainieren. Wer nur auf seine brillanten Ideen vertraut und immer davon ausgeht, dass Geschäftspartner und Kollegen schon erkennen, wie gut man ist, wird nie ein hervorragender Einkäufer und verspielt auch im Privatleben viele wertvolle Chancen.
Stell dir zur Verdeutlichung diese Szene vor: Ein Mitarbeiter einer angesehenen Firma ist äußerst schlau, seine Marktanalysen sind beinahe perfekt und ihm scheinen die Ideen nur so zuzufliegen. Leider mangelt es ihm an praktischer Intelligenz; er kann seine Ideen anderen Menschen nur schlecht vermitteln und besitzt nicht das Feingefühl, das es für gelungene Kommunikation und Verhandlungsführung braucht. Ein anderer Mitarbeiter ist kein natürliches Talent, sein IQ ist etwas niedriger als der seines Kollegen. Er muss viel Zeit in neue Ideen investieren und härter arbeiten, um seine Projekte zu gestalten. Oft macht er Überstunden, um sich das zusätzliche Wissen zu erarbeiten, dass sein Kollege wie ein Schwamm aufzusaugen scheint. Trotzdem ist er in der Firma höher angesehen und macht bessere Deals, weil er eine hohe praktische Intelligenz besitzt. Er spricht Leute in den richtigen Augenblicken an und verschafft sich durch Verhandlungsstrategien Vorteile, gleichzeitig wird er nie als zu forsch oder berechnend angesehen. Das ist es, was den entscheidenden Unterschied macht. Es gibt viele Menschen, die einen hohen IQ haben und denen komplexe Denkprozesse leichtfallen. Aber hohe Intelligenz und Kreativität werden nicht belohnt, wenn sie nicht richtig bei anderen Menschen angewandt und folglich nicht gesehen werden.
Eine weitere wissenschaftliche Erkenntnis ist die Tatsache, dass unser Unterbewusstsein für die Mehrheit aller 10.000 bis 20.000 täglichen Entscheidungen verantwortlich ist. Zurückzuführen ist das darauf, dass es schnell, kompetent und immer greifbar ist, während unser Verstand manchmal im wahrsten Sinne des Wortes aussetzt und uns im Stich lässt. Das Unterbewusstsein reagiert auf Emotionen, während das Bewusstsein rationale Entscheidungen trifft. Im Verlauf des Buches werde ich immer wieder auf diesen entscheidenden Faktor eingehen, denn unterbewusst ablaufende Prozesse bestimmen in den meisten Fällen unser Verhalten.
Es ist eine Sache der Übung, seine praktische Intelligenz und damit seine soziale Kompetenz zu perfektionieren sowie seine Handlungen bewusster zu steuern. Die Fähigkeit zur zielorientierten Verhandlungsführung bringt nicht nur den entscheidenden Vorteil, lukrativere Deals herauszuschlagen und andere zu beeindrucken, es nimmt dem Verhandelnden auch einiges an Druck. Wer viele psychologische Kniffe kennt, weiß wie man seine Zuhörer an sich bindet und geschickt kommuniziert, und geht deswegen viel entspannter in eine anstehende Verhandlung. Auch wenn es zu unerwarteten Wendungen kommt, bleibt der geschulte Verhandler souverän und lässt sich nichts anmerken – es sei denn es gehört zu seinem Plan, sich etwas anmerken zu lassen, um die Reaktion des Gegenübers für sich zu nutzen. Er ist zurückhaltend und emphatisch, passt seine Körpersprache der Situation an und wählt seine Formulierungen geschickt. Er gibt nie zu viel preis, zeigt sich aber dennoch offen und verständnisvoll. Er schätzt ab, berechnet, sucht nach Lücken und bleibt dabei trotzdem immer freundlich und zielorientiert.
Professionelle Einkäufer planen ihre Verhandlung im Voraus und schaffen eine Atmosphäre die es ihnen erlaubt, sich immer mehrere Optionen offen zu halten. Durch aktives Zuhören und Beobachten gelingt ihnen eine effiziente Verhandlungsführung, die sie selbst und ihren Verhandlungspartner zufrieden aus der Verhandlung hervorgehen lässt. Denn das sollte immer das höchste Ziel sein; eine Verhandlung aus der beide Parteien mit dem Gefühl gehen, etwas zu der Verhandlung beigetragen und gewonnen zu haben.