Читать книгу VERHANDLUNG MACHT ERFOLGREICH - Georg Moor - Страница 8
ОглавлениеAUF DEN SPUREN ZUM ERFOLG
Erfolg hat nur, wer etwas tut, während er auf den Erfolg wartet.
Thomas Alva Edison – US amerikanischer Erfinder und Unternehmer
EIN STEINIGER WEG
Aktuell bin ich für die Verhandlungen über den Bau unserer neuen Firmenzentrale verantwortlich. Neben einer Menge Geld geht es hier auch um Prestige, was dieses Projekt besonders wichtig macht. Hier sind Erfahrung, Geschick und Feingefühl äußerst gefragt, eben alles was einen hervorragenden Einkäufer auszeichnet.
Doch die Stimmung im großen Besprechungsraum ist im Keller, daran ändert auch der frischgebrühte Kaffee nichts. Drei Leute von uns sitzen auf einer Seite des langen Tischs, drei weitere Personen uns gegenüber auf der Lieferantenseite. Die Ausgangssituation für die finale Verhandlung war denkbar schlecht. Sieben Lieferanten waren während der Ausschreibung bereits entweder wegen der engen Terminvorgabe oder der technischen Details ausgestiegen. Nur noch ein Einziger ist übrig. Zu meinem Leidwesen stellt sich die letzte Baufirma seit Wochen als äußerst hartnäckig heraus und meine Nerven liegen blank. Die Verhandlungen ziehen sich hin, Angebote werden gemacht und wieder verworfen, Termine verstreichen nacheinander und wir führen zum scheinbar hundertsten Mal Diskussionen über ein und das dasselbe Thema, den angemessenen Preis zu unserer Spezifikation. Am Anfang wurde uns beinahe alles zu einem fantastischen Preis zugesichert, unverbindlich versteht sich. Wir waren froh und wollten den finalen Vertrag aufsetzen. Davor bestand der Lieferant darauf, die Spezifikation genau zu prüfen und ein verbindliches Angebot zu erstellen. Jetzt prüfen die Techniker beider Seiten seit Wochen jedes Detail und wir hören häufig, das etwas nicht geht oder zu erheblichen Mehrkosten führt. Jedes neu überarbeitete Angebot wird teurer als das vorherige und sowohl unser Budget als auch die Zeit zerrinnt zusehends in meinen Händen. Ich habe keine andere Wahl, als die Verhandlungen endgültig abzubrechen. Was bleibt mir anderes übrig? Die Ausschreibung neu starten, dafür bleibt keine Zeit. Oder vielleicht mit eingekniffener Rute auf den Lieferanten zugehen? Und was werden der Vorstand und die Kollegen dazu sagen?
Die ganze Situation erinnert mich an die Anfangsphase meiner Karriere, die man damals noch kaum als Karriere bezeichnen konnte. Vor zwölf Jahren begann ich als frischer und naiver Einkäufer meine ersten Erfahrungen im Business zu sammeln. Ich war zwar jung und unerfahren, hatte jedoch das Glück, auch mit einer ordentlichen Portion an Tatendrang und Motivation ausgestattet zu sein. Ich arbeitete hart und hartnäckig, bis meine Kollegen mich als ernstzunehmend ansahen und richtig in ihre Arbeit miteinbezogen. Wow, dachte ich, die ganzen Mühen lohnen sich wirklich! Ich hatte echten Spaß an den Planungen und Verhandlungen, an denen ich teilnahm, und gewann immer mehr Selbstvertrauen.
Eines Tages bat mich mein Chef darum, die Verhandlung über die Herstellung unseres neu entwickelten Elektromotors zu leiten. Mit diesem Produkt wollten wir endlich wieder die Technologieführerschaft übernehmen und uns unseren Marktanteil wiederholen. Doch dann der Schock: Ausgerechnet die bisher wichtigste Verhandlung, die mir mein Chef anvertraut hatte, vergeigte ich komplett. Ich hatte die Position unseres Lieferanten komplett falsch eingeschätzt und er wollte nicht auf unsere Preisforderungen eingehen. Seine Entwickler haben mit unseren Leuten die letzten Monate zusammen an der Spezifikation gearbeitet. Dabei wurde dafür gesorgt, dass diese genau auf die Bedürfnisse des Lieferanten zugeschnitten war, sodass kein anderer Anbieter diesen Motor kostengünstig herstellen konnte. Mein Verhandlungspartner wusste, dass wir einem hohen Termindruck ausgesetzt waren und die fertige Spezifikation nicht mehr ändern würden. Wie so oft wurde der Einkauf, also ich, viel zu spät in die Entwicklungsarbeit mit einbezogen, um darauf noch entscheidenden Einfluss nehmen zu können. Er hatte sich schließlich eine höhere Machtposition erarbeitet. Obwohl ich mit viel Selbstsicherheit und einem guten Plan in die Verhandlung gegangen war, war ich nicht auf alle möglichen Ausgänge und Entwicklungen vorbereitet. Nach den ersten beiden Verhandlungsgesprächen musste ich mir ehrlich eingestehen, dass der Lieferant die Oberhand gewonnen hatte und sich seiner eigenen Position so sicher war, dass er an seinen Preisen kein Stück rütteln ließ. Ich hatte in der Zeit davor einiges über Verhandlungen gelernt, kam nun im entscheidenden Moment aber trotzdem nicht weiter und musste meinen Vorgesetzten schlussendlich enttäuschen. Noch Wochen nach dem Desaster fühlte ich mich vollkommen niedergeschlagen und demotiviert, nicht mal einen einzigen Cent aus der Verhandlung herausgeholt zu haben. Stattdessen durfte ich mir die leeren Floskeln des Vertriebsleiters anhören, dass wir ja froh sein sollten, solch einen guten Preis bekommen zu haben. Aufgrund des sehr hohen Motorpreises wurde unser Produkt vom Markt nicht richtig angenommen und die Umsätze entwickelten sich nur schleppend. Du kannst dir vielleicht vorstellen, was für ein herber Rückschlag das war.
Doch mein Chef hatte mein Potenzial erkannt und stellte mir nach der Katastrophe einen erfahrenen Mentor zur Seite. Ihm bin ich bis heute zu größtem Dank verpflichtet, denn er war es, der mir die wichtigsten Verhandlungstechniken beibrachte und mich darin schulte, ein hervorragender Einkäufer zu werden. Der Ankereffekt, die Verlustaversion, das Gefangenendilemma und viele andere Phänomene – mir eröffnete sich eine ganz neue Welt in Sachen Psychologie, Kommunikation und Verständnis. Der Weg zum Erfolg war durchaus steinig und manche Lektionen lernte ich nur, indem ich weitere Rückschläge einstecken und meine Fehler selbst analysieren musste.
Dieser Abschnitt meiner Karriere war hart, doch er machten mich stärker. Ich lernte nicht nur, meine Verhandlungspartner, sondern auch meine Kollegen, Vorgesetzten und Personen in meinem privaten Umfeld genau zu beobachten und aus ihrem Verhalten zu lernen. Bald war nicht nur mein Mentor in der Firma mein Lehrer, sondern alle Menschen um mich herum. Ich lernte zudem, mein eigenes Verhalten besser zu beobachten und es gezielt zu steuern – kurz gesagt, ich wurde achtsamer und verinnerlichte mit der Zeit alle essenziellen Tipps und Tricks der Verhandlungsführung. Mittlerweile leite ich den Einkauf im oberen Management einer handelsführenden Firma und kenne die Hoch- und Tiefphasen meines Berufs genau.
Zugegeben, ich habe mich das ein oder andere Mal über meine vergangenen Fehler geärgert. Dieses eine Gespräch mit meinem Chef damals, hätte ich doch bloß nicht…! Und die Verhandlung mit dem Eigentümer des Lieferanten für Druckgussteile, wieso habe ich nicht bemerkt, dass…? Aber diese Zeiten sind vorbei. Ich blicke auf all meine vergangenen Fehltritte mit einem zufriedenen Lächeln zurück, weil ich weiß, dass sie mich zu meinem heutigen Erfolg geführt haben.
Durch zahlreiche Beobachtungen und das enorme Wissen, das ich mir angeeignet habe, durfte ich über die Jahre hinweg lernen, womit eine Verhandlung steht und fällt. Welche Knöpfe man drücken muss, um einem Gespräch eine plötzliche Wendung zu geben. Was zu tun ist, wenn es um etwas wirklich Wichtiges geht. In den nächsten Kapiteln möchte ich dich auf eine persönliche Reise mitnehmen. Auf eine Reise, die die Spuren zum Erfolg in einem harten Business aufweist!