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Zweiundvierzigster Brief.

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Thionville, den 20. Messidor. Jahr VII. (Juli 1799).

„Wenn ich lesen könnte, sagt Montauciel, so wäre ich seit zehn Jahren Brigadier. Aber ich, meine gute Mutter, der ich lesen und schreiben kann, bin auf Befehl des Generals zu dieser Würde befördert; und so bin ich thätig in meinem Berufe an der Spitze meiner Compagnie, die sich mit gezogenem Säbel aufstellen mußte, um zu vernehmen, daß sie mir in Allem, was ich befehlen würde, zu gehorchen hätte. Seit diesem ruhmvollen Tage trage ich zwei Tressen auf meinem Aermel und bin Anführer einer Rotte, das heißt von vierundzwanzig Mann, deren Haltung und Frisur ich zu überwachen habe. Dafür habe ich nun aber auch keinen Augenblick für mich; von 6 Uhr Morgens bis sechs Uhr Abends bleibt mir nicht Zeit zum Niesen.

„Unsere Trennung ist schmerzlich, aber ich war es mir selber schuldig eine Anstrengung zu machen, um mich diesem an Freuden reichen Leben zu entreißen, in welchem ich durch meine Sorglosigkeit und meine natürliche Trägheit ganz zum Egoisten geworden wäre. Du liebtest mich so sehr, daß Du es vielleicht nicht bemerkt hättest — und während ich nur das Glück hinnahm, das Deine Güte mir bereitet hatte, glaubtest Du, daß Dein Glück mein Werk wäre, und so wäre ich undankbar geworden, ohne es zu wissen und zu bemerken. Aber ich mußte meiner Nichtigkeit, durch mächtige äußere Verhältnisse entrissen werden — worin gewiß etwas Fatalistisches liegt. Dies Verhängniß, das schwache und furchtsame Seelen niederschlägt, ist das Heil Derer, die sich ihm fügen. Christine von Schweden hatte den Wahlspruch: “Fata viam inveniunt“ (das Schicksal bereitet mir den Weg) — ich ziehe Rabelais' Motto vor: „Ducunt volentem fata, nolentum trahunt!“ (das Schicksal leitet die Willigen und reißt die Widerstrebenden fort). Du sollst sehen, daß ich meinen Beruf gefunden habe. In Revolutionszeiten ist's immer das Schwert, das die Schwierigkeiten löst, und wir sind jetzt im Kampfe mit den Feinden, um unsere geistigen Eroberungen zu vertheidigen. Unsere Säbel werden Recht behalten und Deine Freunde, liebe Mutter, Voltaire und Rousseau sind jetzt beweinenswerth. Wer hatte meinem Vater vorausgesagt, als er mit Jean Jacques plauderte, daß er einen Sohn haben würde, der weder General-Pächter, noch General-Einnehmer, weder reich, noch schöngeistig, nicht einmal sehr philosophisch sein, aber halb gezwungen, halb freiwillig als Soldat im Dienst einer Republik stehen würde und daß diese Republik Frankreich wäre? So werden die Ideen zu Thatsachen und führen weiter, als man vermuthet.

„Leb' wohl, meine liebe Mutter; nach diesen schönen Betrachtungen werde ich den Pferden Hafer geben oder das entfernen lassen, was er hervorbringt.

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