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Vierzehnter Brief.

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26. brumaire VII. (9. Novbr. 98) Köln.

„... Die Adjutanten des Generals, von denen einer der Bürger Caulaincourt ist, haben mich gestern zum Diner eingeladen. Die Mahlzeit war sehr heiter und freundschaftlich. Später gingen wir in das Zimmer des Generals, der die Rose am Beine hat, und ich bin wohl eine halbe Stunde mit ihm allein gewesen. Er sprach mit dem ungezwungenen Anstande und der Leutseligkeit eines Mannes der früheren Zeit — erkundigte sich, wie ich wohne und esse, und stellte tausend Fragen über meine Vergangenheit, meine Geburt und meine Verbindungen. Als er hörte, daß die Frau und Tochter des Generals von La Marlière den vergangenen Sommer bei Dir verlebten, daß die Tochter des Generals Guibert meinen Neffen geheirathet hat und daß Mad. Dupin von Chenonceaux die Frau meines Großvaters gewesen ist, wurde er immer gütiger, und ich sah wohl, daß dies Alles ihm nicht gleichgültig war. Hernach machte man Musik. Es waren auch viele elegante Herren und Damen aus Köln da, die für Deutsche keine schlechten Manieren hatten. Jeder fragte: „Wer ist denn dieser Jäger?“ denn es ist in Deutschland nicht Sitte, daß die Ordonnanzen in Gesellschaft der höheren Offiziere sind und diese Verletzung der Etikette machte sie ein wenig verwirrt. Ich lache darüber und gehe meinen Gang und das um so mehr, als nach der Musik eine köstliche Collation gereicht wurde, der ich alle Ehre anthat. — Dann kam Punsch, dann walzte man und endlich luden mich die Adjutanten ein mit denen des Platzkommandanten General Fréguier zu soupiren. Wir tranken Champagner, der uns über den Haufen warf, dann noch einmal Punsch — waren Alle etwas benebelt und trennten uns erst um Mitternacht.

„Du siehst, ich lebe wie ein Prinz, trotzdem ich nicht einen Kreuzer in der Tasche habe. Der Generalstab ist sehr gut zusammengesetzt. Die Adjutanten sind alle junge liebenswürdige Leute und der „Bürger“ Caulaincourt hat mir im Auftrage des Generals gesagt, daß ich in drei oder vier Monaten Offizier sein würde.

„Man schlägt sich noch immer mit den Rebellen herum und zwischen Mons und Brüssel sind mehrere Städte verbrannt worden. Köln ist ruhig ...“

„Sage meiner Bonne, daß hier mehrere Stellen als Marketenderin offen sind und daß ich ihr eine davon anbiete. Il Signor Fugantini-Deschartres umarme ich. — Schwatzt man in unserer Gegend noch immer dummes Zeug über meine Abwesenheit oder fängt man an zu glauben, daß ich nicht flüchtig, sondern Soldat bin? Gehen denn alle unsere guten Bauern fort? Fragen sie, wo ich bin? Es kommen hier eine Masse junger Mannschaften an; man zählt sie und rangirt sie ein wie Schafe. Alle Morgen steht die Straße des Generalstabes voll; Manche singen, Andere, die armen Burschen, haben die Augen voll Thränen. Ich möchte sie trösten und ihnen meine Heiterkeit geben können.“

„Gestern glaubte ich mich bei Dir in dem perlgrauen Boudoir, auf der Straße Roi de Sicile zu befinden — es ist merkwürdig, wie die Musik Erinnerungen herbeizaubert.— Dasselbe gilt von Gerüchen. Wenn ich Deine Briefe rieche, glaube ich immer in Deinem Zimmer in Nohant zu sein und das Herz hüpft mir vor Freude bei dem Gedanken, daß ich Dich das Pult von eingelegter Arbeit öffnen sehe, das so gut riecht und so ernste Erinnerungen der vergangenen Zeiten hervorruft.“ [Dieses Meubel von eingelegter Arbeit war dasselbe, von dem Deschartres und mein Vater im Jahre 93 die Siegel lösten, um die Papiere zu unterschlagen, welche meiner Großmutter das Todesurtheil gebracht haben würden. Ich besitze das Schränkchen mit den dreiundzwanzig Fächern noch immer und einige zeigen noch die Spuren des Siegellackes der Republik, Ich habe nicht gewußt, daß es dasselbe ist, bis ich das Protokoll und den eben mitgetheilten Brief meines Vaters fand. Auch die Meubel haben ihre Geschichte; wenn sie sprechen könnten, wie viel würden sie uns zu erzählen haben.]

„Als ich aus dem Theater kam, hat dieser Satan von gutem Kerl (mein Freund, der Sekretair) mich zum Abendessen geführt. Ich wollte keinen Wein trinken, weil er hier zu theuer ist und ich mich davon zu entwöhnen wünschte — seit sechs Tagen habe ich auch keinen Tropfen getrunken, aber als ich ihn auf dem tische stehen sah und von meinem Kameraden genöthigt wurde, konnte ich nicht widerstehen.“

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