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Prolog


Als er die Tiefgarage betrat, lag ein Lächeln auf seinem Gesicht. Man hätte es vielleicht auch eher ein schiefes Grinsen nennen können, aber auf jeden Fall zeugte sein Gesichtsausdruck von einer satten guten Laune, und natürlich käme für ihn dafür die Bezeichnung »Grinsen« gar nicht in Frage; das war etwas für andere Menschen, für Proleten etwa oder anderes Gesocks, mit dem er sich nicht abgab. Sein Lächeln entsprach nur der üblichen Tatsache, dass er wie immer alles im Griff hatte. Möglicherweise oder vielleicht nur eventuell hätte es ja Dr. Peter Mausmann ein wenig die gute Laune verdorben, wenn ihm jemand gesagt hätte, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Aber bekanntlich erfährt man die wirklich wichtigen Dinge nur auf Nachfrage, wenn überhaupt. Jedoch weder auf dem Weg aus seiner Wohnung hier herunter in die Tiefgarage noch hier unten selbst traf er jemanden an, den er hätte fragen können, wenn er hätte wissen können, dass es eine solch wichtige Frage überhaupt zu stellen gab. Abgesehen davon, dass er sich keinesfalls die Blöße gegeben hätte, eine solche Frage zu stellen, natürlich.

Wie üblich zuckte er nur kurz zusammen, als hinter ihm die Stahltür ins Schloss schepperte, während er über den grauen Beton zum Stellplatz seines Wagens schritt. Die Tür sanft hinter sich zu schließen, so dass sie nicht einen solchen Lärm veranstalten konnte, der die ganze hallenartige Garage durchdröhnte, wäre natürlich für ihn, Dr. Peter Mausmann, als Studiendirektor im Dienst der Hamburger Schulbehörde das vermeintlich führende Mitglied eines tatsächlich und wirklich gefürchteten Schulinspektionsteams, auch überhaupt nicht in Frage gekommen. Das war doch was für Weicheier, aber nicht für ihn!

Zielorientiert wie immer schritt Mausmann auf seinen Wagen zu, einen schwarzen Porsche Cayenne. Es war ihm einfach unmöglich zu bemerken, dass sich ein Schatten hinter einer der Säulen, die die Tiefgarage abstützen, löste und ihm folgte. Leise und unhörbar für jemanden wie ihn, der ohnehin selbstzufrieden in sich ruhte und andere Menschen nur dann wahrnahm, wenn er sich bewusst auf sie fokussierte. Der Schatten war kleiner als Mausmann, so dass er sich für diesen auch nicht im hochglanzpolierten Lack des Wagens spiegelte, weil er in gerader Linie hinter Mausmann blieb.

Dieser hatte gerade erst seine Reisetasche hinten in dem Kofferraum des Porsche verstaut, daneben seine schicke Laptoptasche gelegt, hatte die Heckklappe wieder zufallen lassen und war an der linken Seite des Wagens zur Fahrertür gegangen, als ihm der erste Schuss aus der schweren Walther P38 mit donnerndem Getöse die rechte Schulter durchschlug und ihn wider Willen herumwirbelte, seinem Angreifer frontal direkt gegenüber. Der jedoch war völlig vermummt, und die Pistole hatte schon eine ganze Weile durchgeladen und entsichert in seiner Hand gelegen, bereits als er noch als Schatten hinter der Säule lauerte, bis Mausmann endlich die Tiefgarage betrat.

So unvermittelt und unerwartet sich dieser auch mit seiner klaffenden Wunde in der Schulter dem angreifenden Schatten gegenüber sah, blieb ihm dennoch keine Zeit sich zu wundern, als schon der zweite Schuss auf ihn abgefeuert wurde. Diesmal waren seine Weichteile oder jedenfalls der untere Bauchbereich das Ziel, was ihm nun die Beine wegriss, so dass er vor seinem glänzenden SUV eine absolut ungewollte, weil doch irgendwie unterwürfige Sitzhaltung einnehmen musste. Doch lange konnte er sich nicht über diese ungewohnte Ignoranz gegenüber seinem Willen ärgern, weil ihn Schuss Nummer drei nun in die andere Schulter traf.

Eigentlich hätte ihm ja klar sein müssen, dass die in ihm jetzt aufkeimende Angst um die Unversehrtheit seines Wagens hinter ihm ob dieses Beschusses irgendwie nicht völlig rational sein konnte, aber noch bevor ihm diese Einsicht dämmerte, traf ihn schon der vierte Schuss ins rechte Knie, so dass von diesem Gelenk wegen der Kürze der Entfernung, aus der gefeuert wurde, verbunden mit der ihm eigenen Wucht eines Parabellum-Geschosses im Kaliber neun Millimeter, nicht viel übrig blieb.

Nun aber wurde es Mausmann doch zuviel und ihm blieb gar nichts anderes übrig, als endlich bewusstlos zu werden. Aber bevor er solcher Art ins Dunkle gelangte, ohne daraus jemals wieder hinaus zu kommen, und bevor die restlichen Schüsse Nummer fünf bis acht der Walther die Sache endgültig karmachten, konnte sich Mausmann mit bereits erheblich getrübtem Blick noch über eine Beobachtung betreffend seinen Mörder wundern:

Mann, was hat der denn für kleine Füße ...!

Nur kurze Zeit, nachdem Mausmann neben seinem doch erheblich beschädigten Statussymbol ungefragt sein Leben hatte aufgeben müssen, und als nach dem Verhallen des letzten der acht Schüsse wieder eine friedliche Ruhe in der Garage eingekehrt war, verließ ein blauer Mini Cooper in recht hohem Tempo den Ort des Geschehens. Die Harman Kardon-Hifi-Lautsprecher in ihm gaben dabei Born under a bad sign von CREAM in hoher Qualität und Lautstärke wieder. Anschließend wurde es wieder sehr still in der Garage, so als wäre gar nichts gewesen. So, wie es war, bevor Mausmann sie laut mit der Stahltür scheppernd betreten hatte.

Von Mäusen und Morden

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