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KAISER OTTO I. DER GROSSE (936–973)

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Ks. Otto I. wurde am 22. 11. 912 geboren (Ort unbekannt). Seine Eltern waren Kg. Heinrich I. und Mathilde (siehe oben). Er war zweimal verheiratet: 929 mit EDGITH (910/12–946), einer Tochter Kg. Eduards des Älteren von Wessex (871–924), und 851 mit ADELHEID (931/32–999), einer Tochter Kg. Rudolfs II. von Hochburgund (um 880–937). Er hatte sieben Kinder, darunter LIUDOLF (930–957), Hz. von Schwaben, LIUDGARD (um 931–953), die mit KONRAD DEM ROTEN (922–955), dem Stammvater der Salier (siehe S. 57), verheiratet war, die Äbtissin MATHILDE (955–999), der Reichsverweserin für Ks. Otto III. (siehe S. 53), und Ks. OTTO II. (siehe unten).


Otto der Große setzte zum einen die Politik seines Vaters Kg. Heinrich I. fort, zum anderen entfaltete er eine neue Staatsidee, um europäische Hegemonie zu erlangen. Dass es nach dem Tod seines Vaters keine fünf Wochen dauerte, bis er in Aachen zum König erhoben wurde, zeigt nur, dass die von Heinrich I. getroffene Nachfolgeregelung allgemein akzeptiert wurde. Bei der Krönung und dem anschließenden Krönungsmahl wurden erstmals jene Zeremonien gepflegt, wie sie dann später üblich und in der Golden Bulle festgelegt wurden (vgl. die Aufgaben von Kämmerer, Truchseß, Mundschenk und Marschall).

Kg. Otto versuchte gleich nach seinem Amtsantritt, die Zentralgewalt des Reiches zu stärken und die Herzogsmacht einzuschränken. 937 praktizierte er dies bei der Nachfolge des Herzogs von Bayern, was zu Gegenreaktionen führte. Dabei setzte Ottos Bruder Thankmar (um 907–938), der bei dieser Auflehnung kurze Zeit später den Tod fand, den jüngeren Bruder Heinrich (919/20–955) gefangen. Dieser fühlte sich in der Thronfolge übergangen und beabsichtigte 939 – auf die Erregung im Adel wegen der Zentralisierung bauend –, Otto zu stürzen. Die Herzöge von Lotharingien und Franken verbündeten sich mit ihm. Bei Birten am Niederrhein (südlich Xanten) wurden sie aber von Truppen Kg. Ottos besiegt. Die beiden Herzöge wichen nach Frankreich aus, wurden aber dann bei Andernach am 2. 10. 939 erneut geschlagen, wo sie auch umkamen. Der Bruder Heinrich musste sich unterwerfen.

Kg. Otto musste einsehen, dass er mehr Rücksicht auf Verwandte und hohe Adelige nehmen und ihnen mehr Mitwirkungsrechte einräumen musste. Sie waren offenbar nicht bereit oder imstande, seinem Reformprogramm so rasch zu folgen. Otto verzieh daher seinem Bruder rasch. Auch als dieser 941 erneut durch einen Mordanschlag auf den Thron gelangen wollte, gewährte ihm Otto ebenso rasch Vergebung und übertrug ihm nach einer Haft 947 das Herzogtum Bayern. Kg. Otto gelang es nicht zuletzt auch durch eine geschickte Heiratspolitik, bis Ende der vierziger Jahre alle Herzogtümer in königliche bzw. königsnahe Hand zu bringen. Gefährlich wurde für ihn aber, dass sich seine innenpolitischen Gegner mit Kg. Ludwig IV. dem Überseeischen (920/21–954) von Frankreich verbündeten. Otto hingegen kam wiederum in Kontakt mit Ludwigs Gegnern und nützte diese Chance, um zwischen diesen und dem französischen König zu vermitteln. Das führte schlussendlich dazu, dass das französische Königtum nur durch Ottos Stützung existieren konnte. Ähnlich konnte Otto seine Schutzrolle auf Burgund und Italien ausdehnen. Letzteres war für den Erwerb der Kaiserkrone wichtig. So ist Otto bereits 951 nach Oberitalien (Pavia) gezogen, doch von Rom kam bezüglich einer Kaiserkrönung noch kein positives Signal.

Kg. Otto betätigte sich auch als Bistumsgründer: 948 wurden die später in der Reformation untergegangenen Bistümer Brandenburg, Havelberg, Schleswig und Oldenburg (1160 nach Lübeck verlegt) errichtet. Bedeutsam war in dieser Hinsicht der Reichstag von Arnstadt im Jahr 954. Hier betraute Otto geistliche Amtsträger mit weltlichen Aufgaben und begründete damit das ottonisch-salische Reichskirchensystem.

Ein zweiter großer Aufstand gegen Ottos Herrschaft ging von seinem Sohn Liudolf (930–957) aus, der Herzog von Schwaben und von seinem Vater als Nachfolger ausersehen worden war. Mit dem Bruder Ottos, Herzog Heinrich von Bayern, gab es wiederum wegen Oberitalien Differenzen. Außerdem war Liudolf durch Ottos neuerliche Heirat (mit Adelheid) wegen einer möglichen Änderung der Thronfolge irritiert. Andere zusätzliche Umstände verstärkten 953 die offene Empörung gegen Otto, die rasch auf ganz Franken, Süddeutschland und Sachsen übergriff. Ein Stimmungsumschwung trat erst ein, als im Frühjahr 954 die Ungarn bis an den Rhein vorstießen. Die Aufständischen verloren nun alle Sympathien. Liudolf gab Ende 954 auf und entsagte seiner schwäbischen Herzogswürde.

Vorerst drohte aber Gefahr von den Ungarn. 955 fielen sie wieder in Bayern ein und konnten am 10. 8. 955 von Otto und dem hl. Ulrich (um 890–973), Bischof von Augsburg, auf dem Lechfeld vernichtend geschlagen werden. Die eine Folge dieser Niederlage war, dass sich die Ungarn in die pannonische Tiefebene zurückzogen, dort sesshaft wurden und später den christlichen Glauben annahmen. Die andere Folge war die Gründung der bayerischen Ostmark zwischen der Enns und dem Wienerwald, der Keimzelle Österreichs.

Nach dem Lechfeldsieg ist Otto von seinem siegreichen Heer als »Vater des Vaterlands« und als imperator gefeiert worden. Das Einheitsgefühl der zu einem Volk in einem Vaterland geeinten Stämme kam darin ebenso zum Ausdruck, wie offenbar auch der Wunsch, dass dem Sieger eine echte Anerkennung seiner für jedermann in Europa erkennbaren hegemonialen Stellung gebühre: nämlich die Kaiserkrone. Doch Sondierungen in Rom brachten vorläufig keine Ergebnisse.

Vorerst standen auch noch andere Aufgaben an. So kam es zu einem letzten Aufbäumen der Ostseeslawen, das mit einem Sieg Ottos 955 beendet wurde. Durch den Tod Kg. Ludwigs IV. von Frankreich entstand dort eine Krise um die Thronfolge des noch minderjährigen Lothar I. (941–986). Dessen Mutter Gerberga war Ottos Schwester. Seinem Einfluss war es dann zu verdanken, dass die westfränkisch-französische Linie der Karolinger vorerst noch weiter regieren konnte.

Die unruhigen politischen Zustände in Oberitalien veranlassten Papst Johannes XII., sich 860 hilfesuchend an Otto zu wenden. Dadurch kam die »Kaiserfrage« wieder in Bewegung. Im August 861 brach Otto mit einem ansehnlichen Heer nach Italien auf und zog Ende Januar 862 in Rom ein. Am Fest Mariä Lichtmess (2. 2.) wurde er in St. Peter zum Kaiser gekrönt, womit die weströmische Kaiserwürde erneuert wurde. Im Gegenzug dazu bestätigte Otto am 13. 2. die karolingischen Schenkungen an den Papst. Danach zog er wieder nach Oberitalien, um dort die Lage zu ordnen. Da Papst Johannes XII. bald merkte, dass er von Ks. Otto in seinem Aktionsradius beschnitten wurde, verbündete er sich mit dessen Gegnern. Im Herbst 863 kehrte daher Ks. Otto nach Rom zurück, setzte Papst Johannes XII. ab und bestimmte, dass künftig kein Papst mehr ohne kaiserliche Bestätigung gewählt werden dürfe. Zum neuen Papst wurde Leo VIII. (963–965) gewählt. Der geflohene »Alt-Papst« konnte aber Anfang 864 in Rom gegen seinen Nachfolger und Ks. Otto einen Aufstand anzetteln, so dass dieser wieder eingreifen musste und damit für ein weiteres halbes Jahr gebunden war. Erst nach dreieinhalbjähriger Abwesenheit konnte er Anfang 965 nach Deutschland zurückkehren.

Während Ottos Abwesenheit hatten seine Vertreter, u. a. sein Bruder Brun, Erzbischof von Köln und Herzog von Niederlothringen mit dem Titel archidux, seine Politik weitergeführt. Jetzt war die östliche Slawenmission ein Schwerpunkt, was dazu führte, dass sich Polen enger an das Reich anschloss. Im Jahr 965 wurde der Erzbischof von Mainz Erzkanzler des Reiches mit dem Recht der Einberufung und Leitung der Königswahl.

Doch bereits 966 ist Ks. Otto zu einem dritten Italienzug von Papst Johannes XIII. (965–972) gerufen worden, der von den Römern gefangen gesetzt worden war, aber fliehen konnte. Ein hartes Strafgericht traf die Römer beim Eintreffen Ottos im Dezember 966. Auf einer Synode in Ravenna 967 wurden endlich Ottos Pläne für die Gründung eines Erzbistums Magdeburg gebilligt, das für die Ostmission wichtig war. Es wurde dann 968 gemeinsam mit den Bistümern Meißen, Merseburg und Naumburg-Zeitz errichtet. (Magdeburg und die beiden letzteren sind in der Reformation untergegangen.) Ks. Otto blieb fast sechs Jahre in Italien, obwohl ihn dort keine übergroßen Schwierigkeiten mehr aufhielten. Aber bei dieser Gelegenheit ließ er zu Weihnachten 967 seinen Sohn Otto II. vom Papst zum Mit-Kaiser krönen.

Im August 972 kehrte Otto I. nach Deutschland zurück. Auf einem Hoftag in Quedlinburg zu Ostern 973 wurde seine hegemoniale Stellung in Europa nochmals bestätigt. Zahlreiche Gesandtschaften aus dem Ausland huldigten ihm, auch Frankreichs Kg. Lothar I., sein Neffe, erkannte seine Vormacht an. Wenige Wochen später, am 7. 5., starb Otto in seiner Pfalz Memleben.

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