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Der schwarze Freitag /1929

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Willi hat für seinen 14. Geburtstag Schulkollegen eingeladen. Joshua hat sich krank abgemeldet. Willi weiss nicht, ob er Willi ersparen wollte, dass mehrere Kollegen absagen, weil ein Jude eingeladen ist. Auf jeden Fall bekommt er dank der Absage von Joshua, keine Probleme. Er nimmt sich vor, ihn später einzuladen und nur mit ihm, Mutter und Gabi, zu essen.

Gabi hilft bereits am Donnerstagabend Rosa bei der Vorbereitung. Sie richten das Gartenhaus so ein, dass die Feier dort stattfinden kann. Rosa beobachtet die beiden Turteltauben mit einer Mischung aus Stolz und Eifersucht. Bei ihr und Franz war es nie so romantisch. Jedes Mal wenn sich die beiden näher kommen, streicheln sie sich, so ein richtig unschuldige Liebe.

Als Franz von der Arbeit nach Hause kommt, wirkt er nervös und schaltet sofort das Radio ein. Er hat in einem Telegramm aus Amerika gelesen, dass dort an der Börse einige Unruhe herrscht. Soll er die Aktien verkaufen? Noch hätte er einen kleinen Gewinn aufzuweisen, allerdings rät ihm sein Bankberater, nicht jetzt zu verkaufen, die Kurse gehen nur kurzzeitig runter.

Er vertraut seinem Berater, bis jetzt lag er immer richtig. Heute ist die Börse eh bereits geschlossen, er kann noch die ganz Nacht überlegen. Die Meldungen im Radio deuten nicht auf Probleme hin. So kann er nach den Nachtessen noch beim Fahrradhändler vorbei gehen und das Geburtstagsgeschenk für Wilhelm abholen. Ein solches Fahrrad hat Wilhelm noch nie gesehen, es hat fünf Gänge. Der wird Augen machen, ist Franz überzeugt. Als Wilhelm Gabi nach Hause bringt ist es günstig, er kann das Geschenk hinter dem Gartenhaus verstecken, eine Decke schützt es vor Blicken.

Noch bevor Franz am Freitagmorgen zur Arbeit fährt, weckt er seinen Sohn und führt ihn zum Gartenhaus.

«Herzlichen Glückwunsch zum 14. Geburtstag!»

Er zieht die Decke Weg und beobachtet Wilhelm, - seine Augen strahlen.

«Jetzt wo du vierzehn bist, kannst du nicht mehr mit dem alten Fahrrad zur Schule, der Händler hat mir versichert, dass es das Neuste auf dem Markt ist.»

«Danke!»

Mehr bringt Wilhelm nicht raus, er muss alles genau anschauen. Die fünf Gänge sind der grösste Luxus, aber auch der Sattel, der Gepäckträger und ein Schloss zum abschliessen gehören zur Ausrüstung.

«Darf ich mit ihm in die Schule?»

«Natürlich es ist deins, du kannst mit ihm machen was du willst», erklärt Vater, «so, ich muss zur Arbeit, heute Abend werden wir feiern, aber jetzt kannst du schon die erste Runde drehen.»

Franz verabschiedet sich und schwingt sich auf sein Fahrrad mit drei Gängen. Er hat auf dem Weg zum Stadthaus keine Steigung zu bewältigen, da reichen drei Gänge aus.

Im Stadthaus liest er die eingegangenen Telegramme durch. Letzte Nacht war in Amerika einiges los. Die Zahlen über das Wirtschaftswachstum vielen schlecht aus. Die Börse reagiert entsprechend. Er schaut auf die Uhr, die Bank ist noch geschlossen. Er ärgert sich, die ganze Woche schon hat er überlegt, ob er seine Aktien verkaufen soll, doch er konnte sich nicht entscheiden. Nun könnte es zu spät sein. Zum Glück haben sie jetzt im Stadthaus Telefonapparate. Zwei Minuten nach neun Uhr ruft er seinen Bankberater an. Der lässt sich entschuldigen, er sei in einer dringenden Sitzung.

Langsam begreift Franz, dass er ein grösseres Problem hat. Jetzt geht es nur noch um Schadensbegrenzung. Nur, Franz sind die Hände gebunden. Ohne seine Bank kann er nicht verkaufen, er kann nicht selber an der Börse Aktionen auslösen. Er ahnt, dass er mit grossen Verlusten rechnen muss. Wie gross sie ausfallen, das weiss er noch nicht.

Kurz vor Mittag erreicht er endlich seinen Bankberater. Der informiert ihn, dass die Kurse um mehr als die Hälfte gefallen sind.

«Wenn du jetzt verkaufst», gibt er zu bedenken, «dann werden die Verluste noch grösser. Jede Aktie die auf den Markt zum Verkauf angeboten wird, drückt die Kurse weiter nach unten.»

«Du meinst, ich soll die Aktien behalten?»

«Im Moment ist es sehr ungünstig, zu verkaufen, glaube mir, das ist nur eine kurze Talfahrt, danach geht es wieder aufwärts.»

«Gut, ich vertraue dir», geht Franz auf den Vorschlag ein und legt auf.

Die Erholung lässt auf sich warten. In einer Woche hat er praktisch seine ganzen Ersparnisse verloren. In Deutschland bricht Panik aus. Die Arbeiter werden zu hunderten entlassen. Im Stadthaus ist die Stimmung schlecht. Die Beamten beobachten einander argwöhnisch. Jeder befürchtet, dass er als nächster entlassen wird. Dass es zu Entlassungen kommt, steht ausser Frage, es ist nur noch eine Frage der Zeit.

Rosa macht ihm Vorwürfe: «Ich habe immer gesagt, dass das mit den Aktien ein Risiko ist, aber du wolltest ja nicht hören. Diese Kandidatur für den Stadtrat, war auch nicht nötig, das gibt nur Neider.»

«Du hast ja Recht», verteidigt sich Franz, «aber wie sollte ich den Gewinn aus meinen Geschäften sonst anlegen.»

«Ist schon gut», besänftigt Rosa, «immerhin haben wir noch unser Haus und das ist schuldenfrei.»

«Wir müssen trotzdem unsre Ausgaben reduzieren, ich weiss nicht wie lange ich noch Arbeit habe. Die Stadtkasse ist leer, die müssen Leute entlassen.»

«Aber doch nicht dich Franz, das können die nicht machen.»

«Mit können hat das nichts zu tun, eher mit müssen. Zudem bin ich jetzt in der falschen Partei, die Sieger der Wahl wollen jetzt ernten.»

Langsam geht der Streit, in eine Diskussion wie man die Zukunft meistern kann, über. Man trifft einige Massnahmen. So soll der Garten wieder vermehrt auf Gemüse umgestellt werden. Die drei Blumenbeete werden geopfert. Essen ist wichtiger. Zudem wird von Wein auf Bier umgestellt. Im Schachklub gibt er den Austritt und Rosa will sich in Zukunft die Kleider wieder selber nähen. Im Keller wird ein Vorratslager mit Zucker, Marmelade und Kartoffeln angelegt. Der im Garten geerntete Kohl wird zu Sauerkraut verarbeitet. Sie sind auf schlechte Zeiten vorbereitet.

Der Politiker

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