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Die Währungsreform /1924

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Bis im Herbst hat Franz sein Lager komplett von Lebensmittel in Wertgegenstände umgetauscht. Damit hat sich auch der Wert der Ware gesteigert und ist einfacher vor den Franzosen zu verbergen. Ein Teil der wertvollen Gegenstände hat er in eine Blechschachtel verpackt und im Garten vergraben. Danach hat er den Bereich des Gartens umgegraben und zu einem Gemüsebeet umfunktioniert.

Sorgen bereiten ihm die Nähmaschinen und die Mopeds. Die lassen sich nicht so einfach verstecken, deshalb hofft er, dass ihn die Franzosen weiterhin nicht besuchen. Trotz dem Risiko das er eingeht, fühlt er sich besser. Den Verlust der Mopeds könnte er verkraften und die Nähmaschinen hat er im Keller in einer Mauernische gut versteckt.

Im Amtshaus sind die Franzosen sehr gründlich. Alles was sich in Geld umwandeln lässt, wird beschlagnahmt. Er ist sich nicht sicher, ob die beschlagnahmte Ware, alle dem französischen Staat abgeliefert werden, aber das ist nicht sein Problem.

Wenn er am Morgen zur Arbeit im Büro erscheint, kontrolliert er als erstes die eingegangen Telegramme. Er wartet, dass die Regierung in Weimar endlich Massnahmen gegen die Inflationen einleiten, inzwischen zahlt man bereits mit Billionen. Nur, wie kommen sie aus dieser Spirale heraus? Die Rentenmark hat etwas Stabilität gebracht, doch die wirkt nur beim Bezahlen von grossen Beträgen, wie sie der Staat oder Industrieunternehmen leisten müssen. Auf der Strasse zahlt man immer noch mit der Papiermark. Allerdings nur theoretisch, in der Praxis läuft alles nur noch über den Schwarzmarkt im Tauschhandel.

Täglich erwartet Franz deshalb auf eine Reaktion aus Weimar. Wie die aussehen wird, kann er sich schlecht vorstellen. Beginnen die mit dem Drucken von Rentenmark?

Inzwischen hat sich ausbezahlt, dass es von seinem Kredit den er seinerzeit aufgenommen hatte, keine Belege gibt. Die Tilgung von Schulden mit Papiergeld wurde für ungültig erklärt und diese Schulden wurden in Rentenmark umgewandelt.

Wer seine Schulden offiziell mit Papiergeld auf Null abbezahlt hatte, sieht sich jetzt mit einer Hypothek in Rentenmark belastet.

Da Franz bei seiner Transaktion keine schriftlichen Spuren hinterlassen hat, wird keine Schuld angerechnet. Für die Behörden gehörte ihm das Grundstück schon vor dem Krieg, deshalb muss er nur für jeden Quadratmeter Fläche eine Grundgebühr entrichten.

Am 28. August 1924, einem Freitag, ist es soweit. Mit einem Telegramm informiert die Regierung, dass die Rentenmark in Reichsmark umgewandelt wird. Eine Rentenmark entspricht einer Reichsmark, dagegen lässt sich die Papiermark nur im Verhältnis von 4,2 Billionen zu eins in eine Reichsmark umtauschen. Da kommen einig schlecht weg, sie verlieren ihr ganzes Vermögen. Der offizielle Zeitpunkt der Einführung ist der 30. August. Ab Montag gibt es die Papiermark als Zahlungsmittel nicht mehr.

Endlich denkt Franz. Nun kann er daran denken, die Warenwerte in Geldwert umzutauschen. Es eilt allerdings nicht. Für die täglichen Ausgaben reicht der Lohn als Beamter aus. Der Bürgermeister hatte, nachdem er das Telegramm aus Weimar gelesen hatte entschieden, dass der Lohn diesmal nicht am Freitag in Papiergeld ausbezahlt wird, sondern erst am Montag. Bis dann sollten die ersten Noten in Reichsmark geliefert sein. Dies wurde im Telegramm zugesichert.

Am nächsten Samstagmorgen gräbt Franz im Garten seine ersten Uhren aus. Danach macht er sich auf den Weg zu Goldbergs Geschäft. In der Tasche hat er zwei teure Uhren. Er ist gespannt, wieviel ihm Goldberg bietet.

Als er eintritt klingelt das Glockenspiel, welches über der Türe aufgehängt ist. Noch ist niemand im Geschäft, so kann er sich etwas umschauen. Leider sind an den ausgestellten Uhren keine Preise befestigt. Aus der Werkstatt betritt eine Frau den Laden. Franz ist überrascht, damit hat er nun nicht gerechnet.

«Witwe Kunz, äh Maria», stammelte er etwas verwirrt, «was machen sie, äh, machst du den hier?»

«Ich werde in drei Wochen Frau Goldberg!», verkündet sie nicht ohne Stolz.

«Du heiratest Josef», fragt er erstaunt, «ja geht denn das?»

«Warum nicht?», fragt Maria.

«Du bist doch katholischen, wenn ich mich richtig erinnere.»

«Ich war katholischen», korrigiert Maria, «ich werde Jüdin.»

«Aber du kannst doch der Kirche nicht den Rücken kehren, das geht doch nicht.»

«Doch, ich war nie eine überzeugte Christin, ich hatte immer Zweifel am Papst. Zudem sagt der Rabi, welcher mich zur Jüdin macht, ich könne für mich denken was ich wolle. Es sieht ja keiner, aber als Josefs Frau muss der Schein gewartet bleiben. Die jüdischen Rituale muss ich mitmachen. Der jüdische Kochkurs hat mir sehr geholfen, ich konnte vorher gar nicht kochen.»

In dem Moment betritt Josef den Laden. Erstaunt begrüsst er Franz. Mit ihm hat er nicht gerechnet.

«Grüsse Gott Franz», er reicht ihm die Hand, «das ist eine Überraschung, hat dir Maria schon erzählt?»

«Dass ihr heiratet, ja das hat sie eben erzählt. Ich gratuliere, das ist eine Überraschung. - Gut wenn man bei der Abschlussfest genau hingeschaut hatte, so konnte man es erahnen.»

«Du bist also nicht zum gratulieren gekommen, was kann ich für dich tun? Brauchst du eine Uhr?»

«Nein, meine alte Taschenuhr läuft noch gut», dabei zieht er die Uhr an einer goldenen Kette aus der Jackentasche, «ich habe da von einer Tante ein Uhr bekommen, ich möchte sie dir verkaufen.»

Dabei zieht er eine Armbanduhren aus seinem Hosensack und streckt sie Josef hin. Der begutachtet die Uhr gründlich.

«Eine Tante hat sie dir vermacht? - Ein sehr schönes Kunstwerk, leider kann ich nicht soviel Geld investieren, meine Ersparnisse sind alle draufgegangen und jetzt noch die Hochzeit, es geht einfach nicht.»

«Das verstehe ich, wie wäre es, wenn du für mich die Uhr verkaufst? - Natürlich mit einer Provision.»

«Das liesse sich eher machen, allerdings verkaufe ich lieber die Uhren von meinem Lieferanten. Ich muss da eine gewisse Menge Uhren abnehmen, sonst bekomme ich schlechtere Konditionen.»

«Verständlich», Franz merkt, dass er Konzessionen machen muss, «du könntest dreissig Prozent für dich behalten.»

«Das ist zu wenig, das Geschäft läuft nur bei fünfzig zu fünfzig, das ist mein letztes Wort.»

Schliesslich einigen sie sich auf vierzig Prozent für Josef. Das ist mehr, als Franz gerechnet hat. Nur, was bleibt im anderes übrig? Er muss dem Geschäft zustimmen.

«Gut Josef, weil du es bist», er reicht ihm die Hand, um das Geschäft zu beschliessen, dann zieht er noch die zweite, etwas weniger wertvoll Uhr aus dem Hosensack, «dafür verkaufst du die ebenfalls. - Abgemacht?»

Josefs nimmt die Hand und willigt in den Handel ein.

«Du glaubst nicht, was ich eben erfahren habe», erklärt Franz seiner Frau Rosa, als er nach Hause kommt, «Maria und Josef heiraten.»

«Waren die nicht verheiratet?»

«Nicht die aus der Bibel», erklärt er entrüstet, «die waren übrigens auch nicht verheiratet, das solltest du wissen, ich meine Witwe Kunz und Goldberg.»

«Ach die beiden vom Schulfest»?

«Genau die meine ich.»

«Mich überrascht das nicht, die konnten schon damals kaum voneinander lassen.»

«Schon, aber er ist doch Jude», gibt Franz zu bedenken.

«Das spielt doch keine Rolle, sie ist doch froh, hat sie endlich wieder einen Mann hat. Was für einen ist doch egal.»

«Der Josef ist übrigens ein sehr guter Geschäftsmann. Ich musste zu schlechteren Bedingungen verkaufen, als ich eigentlich vorhatte.»

«Was, du schliesst zu schlechteren Bedingungen ab, als du vorhattest?»

«Manchmal muss man zurückstecken», erklärt er bestimmt, «ich muss das gesamte Geschäft im Auge behalten. Von dem könnte der Wilhelm noch etwas lernen.»

«Jetzt mach mal einen Punkt. Der Wilhelm soll nicht zum Halsabschneider erzogen werden, wenigstens jetzt noch nicht.»

«Ein guter Geschäftsmann muss doch kein Halsabschneider sein. Doch wenn er überleben will, braucht es eine gewisse Härte, natürlich muss er auch sein Handwerk verstehen und das beherrscht der Josef.»

Damit ist die Diskussion beendet. Rosa bittet zu Tisch, das Abendessen steht an.

Der Franz hatte sich in Josef nicht getäuscht, als er nach drei Wochen wieder bei ihm vorbei schaute, drückte er ihm einen Bündel Reichsmark die Hände. Beide Uhren konnte er zu einem höheren Preis verkaufen, als sie als Minimalpreis ausgehandelt hatten. Der Josef hatte die Uhren noch total überholt und auf Hochglanz poliert. So kam er der höhere Preis zustande.

Um die Geschäftsbeziehung weiter zu pflegen, kramte Franz weitere drei Uhren aus dem Hosensack. Auf das Märchen von seiner Tante verzichtet er, das würde ihm der Josef eh nicht mehr abnehmen. Er informiert ihn, dass er einige Tauschgeschäfte abschliessen konnte, als man noch mit Billionen bezahlte.

Dem Josef ist das egal, er kann ein gutes Geschäft immer brauchen, die Hochzeit nächste Woche ist nicht günstig, ärgerlich, dass man das Fest nicht früher zur Zeit des Papiergelds organisiert hatte, aber besser spät als nie. Er ist so froh, dass der Joshua wieder eine Mutter bekommt. Noch mehr freut ihn, dass das auch der Joshua so sieht. Dass als Abfallprodukt, die einsamen Nächte zu Ende sind, ist ein weiterer Vorteil.

Der Politiker

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