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I

Nicht alle irischen Mädchen hatten rote Haare. Da gab es beispielsweise Brighid Ó Buadhaigh1 aus Dundalk, die hatte blondes Haar, oder Doireann Ó Dónaill, das Mädchen aus Navan, die braunäugig und braunhaarig war und ein sehr sanftmütiges Wesen besaß. Fionnghuala Mac Gabhann aus Drogheda wiederum hatte fast schwarze Haare und blaue Augen. Wiewohl man ihr ein wollüstiges Temperament ohne weiteres ansehen konnte, war Fionnghuala doch von angenehmem und zuvorkommendem Wesen.

Sicherlich hatten auch nicht alle irische Mädchen und Frauen, die rothaarig waren, einen ungestümen, aufbrausenden Charakter, obwohl der Volksmund genau dieses ohne weiteres zu wissen glaubte. Bestimmt gab es auch Rothaarige, die fügsam und sanft waren.

Caitlin Ó Neill, die wie Fionnghuala aus Drogheda stammte, hatte jedenfalls rote Haare, und sie steckte gerade in großen Schwierigkeiten.

Nun war es so, dass die Familie der Ó Neills schon immer in Unruhen verwickelt gewesen war, Hugh Ó Neill, der Earl of Tyrone beispielsweise, hatte sehr erfolgreich gegen die Engländer gekämpft, bevor er 1608 aus Irland hatte fliehen müssen. Auch jetzt, gegen den Engländer Cromwell, hatten sich die Ó Neills sogleich erhoben wie ein Mann, allen voran Padraig Ó Neill, Caitlins Vater.

Doch gerade in Drogheda, wo Caitlins Familie wohnte, hatte Cromwell, der Teufel aus England, 1649 ein erstes Exempel statuiert, hatte die Stadt verwüstet und die Bewohner getötet oder verschleppt. Man erzählte sich, dass die Engländer ihre Gefangenen als Sklaven in die Kolonien verkauften, vorwiegend Frauen und Kinder, die meisten Männer wurden dagegen gleich und ohne viel Federlesens getötet.

Seit der Zerstörung von Drogheda war Caitlin, die das Massaker selbst nur mit knapper Not überlebt hatte, mit wenigen anderen Gefährten auf der Flucht. Gemeinsam hatten sie versucht, den Kampf gegen die Engländer auf dem Land fortzuführen, auch Caitlin, denn sie war, wenn auch nur von mittlerer Größe, für ein Mädchen doch ziemlich breitschultrig, und in ihren Armen steckte einiges an Kraft.

Nun regnete es allerdings schon seit Tagen, es war kalt, und die kleine Gruppe war augenscheinlich am Ende ihrer Kräfte angelangt.

Sie hatten sich jetzt Ceatharlach, welches die Engländer Carlow nannten und das südwestlich von Dublin lag, bis auf Sichtweite angenähert, aber sie waren unschlüssig, wie sie in die Stadt hineingelangen sollten.

Finbar, der während der letzten Tage fast unmerklich ihr Anführer geworden war, hatte Verwandte in Ceatharlach, und die waren gewiss bereit, ihnen weiterzuhelfen. Angesichts der Erschöpfung seiner kleinen Schar drängte er nun zur Eile.

»Am besten, wir versuchen es bei dem kleinen Tor im Nordwesten«, sagte er. »Es ist, soweit ich mich erinnern kann, nicht sonderlich gut bewacht.«

Es sah auf die schöne Brighid und auf die sanfte Doireann; die beiden Mädchen standen ganz offensichtlich kurz vor dem Zusammenbruch.

»Nur sollten wir das möglichst schnell tun«, fügte er hinzu.

Sie gingen also an der Stadtmauer entlang, bis sie das kleine Tor fast erreicht hatten. Hinter einem Gebüsch am Wegesrand legten sie ihre Waffen ab und verbargen sie zwischen den Zweigen. Dann liefen sie so ungezwungen, wie es ihnen möglich war, zu dem Stadttor hin, welches tatsächlich weit offen stand. Allerdings hatten zwei Engländer mit Musketen im Torbogen Aufstellung genommen und kontrollierten alle Iren, die es passieren wollten.

Finbar fluchte leise.

»Man müsste sie irgendwie ablenken können …«

»Aber wie?«

Kierans Stimme klang brüchig. Auch er war am Ende seiner Kraft.

Finbar musterte die drei jungen Frauen. Brighid begann leise zu weinen.

»Wenn wir länger im Regen herumziehen, dann werden wir sterben«, sagte er.

Doireann zog die Kapuze ihres durchnässten Mantels über das Gesicht.

Caitlin, die Rothaarige, spuckte auf den Boden.

»So, werden wir das?«, meinte sie.

Kieran hustete.

»Ja, das werden wir.«

Finbar sah Caitlin direkt in die Augen.

»Ich fürchte, wir haben wirklich nicht allzu viele Möglichkeiten, diese verfluchten Engländer abzulenken.«

Caitlin betrachtete ihre Gefährten, einen nach dem anderen, und plötzlich stieg eine heiße Wut in ihr auf.

Warum ich, ging es ihr durch den Kopf, warum gerade ich?

Doch ebenso schnell, wie ihr Zorn gekommen war, verflog er auch wieder. Sie nickte resigniert, zog ihren Mantel zurecht und ging auf das Tor zu.

»Halt!«, sagte einer der Engländer. »Zeig mir deinen Passierschein.«

Caitlin zwang sich zu einem Lächeln.

»Ich will dir gerne alles zeigen, was ich habe, am besten dort drinnen, wo es warm ist.«

Sie zeigte auf die Wachstube neben dem Tor.

Der Engländer grinste schmierig, und sein Waffenbruder stieß ihm in die Seite.

»Dann komm mal mit, du Dirne.«

Caitlin würgte und erbrach sich auf den Boden der Wachstube. Der Engländer, der gerade sein Glied wieder in der Hose verstaute, gab ihr dafür eine Ohrfeige. Sie waren zu dritt gewesen, und es hatte, zumindest nach Caitlins Wahrnehmung, sehr lange gedauert.

Plötzlich erhob sich draußen ein wildes Geschrei, Schüsse krachten, Waffen klirrten. Caitlin trat dem Wächter, der sie gerade packen wollte, mit voller Wucht in den Schritt, und während er zusammenknickte, stürzte sie zur Tür hinaus. In den Gassen hinter dem Stadttor gab es einen Tumult, sie sah ihre Gefährten zwischen englischen Soldaten eingekeilt, sah Finbar fallen, sah, wie Doireann an den Haaren davon geschleift wurde, erkannte mit einem Blick, dass sie ihren Freunden nicht mehr helfen konnte. Also rannte sie, so schnell sie konnte, das nun unbewachte Tor hinaus.

Es regnete immer noch, und Caitlin war jetzt alleine. Sie hatte darauf verzichtet, ihre Waffen, die Pistole, das Faustschild und den Degen wieder aus dem Gebüsch zu holen – wozu jetzt noch? Der Kampf war zu Ende, es blieb nur noch die Flucht. Sie wandte sich jetzt nach Süden, in Richtung Meer. Während sie die endlosen, schlammigen Straßen entlang ging, weinte sie lautlos.

Zwei Tage später hatte sie in der Nähe von Port Láirge2 die keltische See erreicht. Die Einheimischen stellten nicht viele Fragen, sondern schickten sie zur Bucht hinunter, wo die Fischerboote für den nächsten Fang vorbereitet wurden.

Der Kutter sah ziemlich heruntergekommen aus und der Fischer alles andere als Vertrauen erweckend.

»Nach Frankreich willst du also?«

Er schob seinen Priem in die andere Wangentasche und spuckte auf den Boden.

»Wie kommst du auf die Idee, dass wir ausgerechnet nach Frankreich segeln? Wir sind nur ganz gewöhnliche Fischer – so weit fahren wir nicht hinaus.«

Caitlin zuckte mit den Schultern.

»Mag sein, dass ihr nur ganz gewöhnliche Fischer seid, aber ich muss weg aus Irland.«

»Kannst du denn bezahlen?«

»Ich habe nichts mehr.«

Der Schmuggler musterte sie von oben bis unten.

»Das würde ich so nicht sagen«, meinte er schließlich. »Außerdem sind wir Patrioten. Du kannst also mit uns segeln, wenn du dich uns unterwegs etwas erkenntlich zeigst. Wir sind übrigens zu fünft auf dem Schiff.«

Caitlin zuckte erneut mit den Schultern.

1 Versuchen Sie um Himmels willen nicht, sich diese Namen zu merken! Anmerkung des Verfassers

2 Waterford. Anmerkung des Verfassers

Sklavin am Ohio

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