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Vorwort

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Ein Schatz ist eine Quelle von vielen kostbaren Dingen. Nicht nur ein paar Juwelen, sondern unzählige kostbare Steine, Metalle und ähnliches, woran sich der Besitzer nach Wunsch erfreuen kann, sind in einem Schatz enthalten.

Ähnlich enthält dieses Buch alle wesentlichen Punkte für die Anwendung von Buddhas Dharma-Unterweisungen, was es kostbarer macht als eine Sammlung Hunderter und Tausender greifbarer Juwelen.

Der Besitz eines kopfgroßen Diamanten kann bei geschickter Verwendung Armut lindern und das Bedürfnis nach Nahrung, Kleidung und Unterkunft erfüllen und dadurch teilweises Glück vermitteln, aber nicht mehr als das. Gleichzeitig kann ein solcher Besitz aber auch viele unerwünschte Erfahrungen mit Dieben, Räubern und Angst vor Verlust auslösen.

Allein schon ein Teil des kostbaren Dharma kann dagegen nicht nur unsere gegenwärtigen Bedürfnisse erfüllen, sondern auch das Resultat eines bleibenden Glücks bringen.

Buddha hat klar dargelegt, daß die Wurzel des Glücks und des Leids der Lebewesen nicht außerhalb, sondern innerhalb ihres Geistes zu suchen ist. Obwohl viele belebte und unbelebte Objekte, die außerhalb von uns existieren, manchmal als Umstand für Glück oder Leid auftreten mögen, liegt die Hauptursache unserer Erfahrungen in unseren heilsamen und unheilsamen Geisteszuständen. Wenn Geistesfaktoren wie Unwissenheit, Egoismus, Begierde, Haß, Stolz und Eifersucht das eigene Geisteskontinuum beherrschen, erzeugt dies für einen selbst und für andere endlose Probleme und verwandelt selbst positive äußere Umstände in Ursachen für Leid. Wenn dagegen Zufriedenheit, Genügsamkeit, Wertschätzen anderer, Geduld, Liebe, Erbarmen und Weisheit im eigenen Geist stark und fest sind, werden selbst negative Bedingungen zu nützlichen Faktoren und erzeugen Wohlergehen und Glück ohne Ende sowohl für einen selbst als auch für andere.

Das ist nicht nur ein Glaube, eine Theorie oder philosophische Annahme, sondern kann durch direkte Erfahrung nachvollzogen werden. Es ist daher sehr wichtig, in sich selbst eine positive Umwandlung zustande zu bringen, indem man die grundlegenden Ursachen des eigenen Glücks und Leids erkennt. Da die Fehler des Geistes, wie groß sie auch scheinen mögen, nicht von der Natur des Geistes selbst sind, können sie vollständig beseitigt werden. Es ist auch eine Tatsache, daß selbst die geringsten positiven Eigenschaften des Geistes mit entsprechenden Methoden unendlich entwickelt werden können. Solche fehlerfreien Methoden sind die Essenz der Unterweisungen des Erleuchteten. Buddha hat den Lebewesen den Weg zur vollständigen Befreiung von allen Leiden und zum Erlangen bleibenden Glücks gezeigt, indem er sie lehrte, ihren Geist zu entwickeln.

Die ganze Lehre des Buddha ist im Tripitaka enthalten, in den sogenannten Drei Sammlungen. Auf tibetisch sind sie als Kagyur bekannt und auch noch in unserer Zeit in mehr als hundert Bänden vorhanden. Diese Schriften werden in den buddhistischen Klöstern studiert und allgemein hoch verehrt. Allerdings sind diese Unterweisungen so tief wie der Ozean und so weit wie der Raum. Heute haben daher viele Leute, die in ihren geistigen Fähigkeiten, ihrer Entschlossenheit, Geduld und Zeit beschränkt sind, Schwierigkeiten, diese Unterweisungen gründlich zu studieren und zu verstehen, und noch mehr Schwierigkeiten, sie richtig anzuwenden.

So sind Unterweisungen unerläßlich, die zeigen, wie die Essenz der gesamten Lehre des Buddha im Kontinuum eines Individuums zusammengeführt und angewendet wird. Solche Unterweisungen dürfen nicht lediglich die Erfindung einer geschickten Person oder nach Belieben gestaltete Interpretationen sein. Sie müssen von einem wahren Meister stammen, der einerseits aus gründlicher Analyse dieser Unterweisungen eine Weisheit besitzt, die alle Erfindungen und falschen Ansichten ausschließt, und der andererseits durch vollständige Erfahrung mit der Anwendung in sich selbst eine fehlerfreie Erkenntnis entwickelt hat. Außerdem müssen solche Belehrungen aus Erbarmen zu den Wesen gegeben werden, ohne Hoffnung auf eigenen Ruhm und Gewinn. Solche wahren Meister sind selten, und von solchen Meistern geschriebene Texte sind äußerst selten. Jeden Tag tauchen neue Bücher auf, die den Anschein von Dharma haben mögen, aber ohne Substanz des Dharma sind; Bücher, die nur leeres Geschwätz enthalten, um leichtgläubige Wesen zu locken.

Der Autor dieses Buches ist der Ehrwürdige Gesche Rabten Rinpotsche, ein hervorragender Gelehrter, Siddha und Meister mit hohen Erkenntnissen. Er war eine Verkörperung von Erbarmen und eine unübertreffliche Zuflucht für dieses und zukünftige Leben, für zahllose Lebewesen einschließlich meiner selbst.

Gesche Rabten Rinpotsche wurde 1921 in Dargye, Osttibet, geboren. Bis zum Alter von neunzehn Jahren erfüllte er seine Pflichten in der Familie, dann wählte er aus eigenem Wunsch das Leben eines Mönches. Er trat in die berühmteste Klosteruniversität Tibets, Sera Tektschenling, ein und begann seine Studien im Dsche Kollegium. Unter der Führung seiner Lehrer wie dem Ehrwürdigen Gesche Dschampa Khedrup meisterte er durch Lernen, Nachdenken und Meditation die gesamte Lehre der drei Fahrzeuge des Dharma und die vier Klassen des Tantra. Sowohl in der Klosteruniversität als auch außerhalb war er als wißbegieriger Student, unbesiegbarer Debattierer, intensiver Anwender und unübertrefflicher Lehrer berühmt.

Sein ganzes erlerntes Wissen integrierte er in seine Meditation und konnte so vollständige Einsicht in die letztliche Natur der Phänomene erlangen. Dadurch erreichte er die Fähigkeit, sowohl sein eigenes Ziel wie auch das der anderen zu erfüllen. Zahllose Dharmasuchende in Tibet, im Exil in Indien und später im Westen wurden deshalb zu seinen Schülern, aus denen überragende Meister mit großen Eigenschaften hervorgingen. Unter den im Westen bekannten sind Lama Thubten Yesche, Zopa Rinpotsche, Tromthok Rinpotsche, Gesche Karyang, Gesche Tenzin Gönpo, Gesche Penba, Gesche Thubten Trinley, Gesche Thubten Ngawang und so weiter, um nur einige aufzuzählen. Viele mehr sind in Indien und in Tibet.

Gesche Rinpotsches hervorragende Eigenschaften wurden nicht nur von seinen Schülern erkannt und geschätzt, sondern auch von den großen Meistern unserer Zeit wie S. H. des Dalai Lama und seinen zwei bedeutenden Lehrern. Besonders Kyabdsche Tridschang Dordsche Chang, der jüngere Lehrer S. H., betrachtete ihn als einen seiner engsten geistigen Söhne, und auch Gesche Rinpotsche verehrte diesen besonderen Meister als seinen Wurzel-Meister und geistigen Vater, als Verkörperung aller Buddhas.

Im Jahr 1964 wählte S. H. der Dalai Lama Gesche Rinpotsche und den Ehrwürdigen Lati Rinpotsche aus Hunderten von Gesches als seine neuen Tsentschabs, seine philosophischen Assistenten aus. 1969 begann Gesche in Dharamsala gemäß dem Wunsch S. H. des Dalai Lama westlichen Menschen Unterweisungen zu geben. 1974 kam er auf Einladung von Madame Anne Ansermet und anderen westlichen Schülern zum erstenmal nach Europa und gab in vielen Ländern Unterweisungen des Dharma. Im darauffolgenden Jahr wurde er von S. H. dem Dalai Lama als Abt des Klösterlichen Tibet-Instituts in Rikon in der Schweiz wieder nach Europa zurückgeschickt, um die geistigen Bedürfnisse der westlichen Menschen wie auch der Tibeter in Europa zu erfüllen. Da die Zahl der Personen, die ein gründliches Studium und eine ernsthafte Anwendung des Buddhismus suchten, immer mehr zunahm, gründete Gesche in der Schweiz Tharpa Choeling, das Zentrum für Höhere Tibetische Studien auf dem Mont-Pèlerin, in Österreich Tashi Rabten in Feldkirch, in Deutschland das Tibetische Zentrum Jangchub Choeling in Hamburg und Phuntsok Rabten in München und in Italien Ghe-Pel-Ling in Mailand. Tharpa Choeling wurde später zum Andenken an Gesche Rinpotsche in Rabten Choeling umbenannt. Diese Klöster und Zentren sind für alle, die authentische und umfassende Dharma-Studien suchen, zu einem besonderen Anziehungspunkt geworden. Mit der einzigen Absicht, den Unterweisungen des Buddha und den Lebewesen zu dienen, drehte Gesche Rinpotsche bis zum Ende seines Lebens unermüdlich das Rad des Dharma. Für viele Menschen in diesem Teil der Welt öffnete er mit seinen außergewöhnlich klaren und bewegenden Unterweisungen das große Tor des Dharma und wurde zu einem der bedeutendsten Begründer der reinen und vollständigen Lehre des Buddha in Europa.

Gesche Rinpotsche gab eine unermeßliche Zahl von Unterweisungen. Im Jahr 1974 folgten während drei intensiven Wochen etwa hundert Personen in Rolle, Prés-de-Verts in der Schweiz dem intensiven Meditationskurs, der in diesem Buch wiedergegeben ist. Diese Unterweisungen enthalten alle wesentlichen Punkte des Dharma. Gesche lehrte aus seiner eigenen Erfahrung, und dank seinem großen Erbarmen und seinem Geschick legte er sie auf klarste und verständlichste Weise dar, was eine wohlbekannte Eigenschaft seiner Unterweisungen ist. So werden diese sicher den Geist eines jeden aufrichtig am Dharma Interessierten erhellen, und die Leser werden den Beweis dafür in sich selbst finden.

Diese Unterweisungen wurden zuerst von mir sehr wörtlich ins Englische übersetzt. Mein Freund Brian Grabia, ein langjähriger Schüler von Gesche Rinpotsche, korrigierte das Englisch sorgfältig und stellte es in einer schönen geschriebenen Form bereit, für jedermann ein Vergnügen zu lesen.

Diese deutsche Ausgabe wurde von Marion B. Kroh und Ingund Gaßner aus dem Englischen übersetzt und von Helmut Gaßner überarbeitet. Seine Beherrschung der tibetischen Sprache und seine langjährige Vertrautheit mit Gesche Rinpotsches Unterweisungen waren eine große Hilfe. Ich möchte ihm meinen tiefen Dank ausdrücken.

Wenn man die kostbaren Juwelen bewahrt, die aus diesem Schatz in das eigene Herz kommen, können sie von niemandem weggenommen werden, und sie werden sicher das Licht unermeßlichen Nutzens und Glücks für einen selbst und andere ausstrahlen.

Ich schließe dieses Vorwort mit meinen Gebeten für das lange Leben unseres lieben und verehrten Tenzin Rabgyä Rinpotsche, der jungen Wiedergeburt unseres geliebten Meisters Gesche Rabten Rinpotsche, des Autors dieses Buches.

Gonsar Tulku

Le Mont-Pèlerin, Schweiz

April 1997

Schatz des Dharma

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