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Das Schlüsseljahr 1979: Überbietungswettbewerb zwischen Schiiten und Sunniten

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Wie alle Erdöl exportierenden Länder hatte auch der Iran in großem Umfang vom Anstieg des Barrelpreises profitiert – selbst wenn er, als nicht-arabischer Staat, zu keinem Zeitpunkt an der Entscheidung für das Embargo im Oktober 1973 beteiligt gewesen war. Doch Schah Mohammad Reza Pahlavi setzte in der Folge einen Überbietungswettbewerb in Gang. In der Vervierfachung des Ölpreises erkannte er die Möglichkeit, sein Land zu einem der führenden Staaten weltweit zu machen, und gab seine überdimensionierten Pläne durch große Anzeigen in der internationalen Presse bekannt. Der Schah stieg in die europäische Firma zur Urananreicherung Eurodif ein und beunruhigte damit seine Nachbarstaaten am Golf, die eine iranische Vorherrschaft in der Region befürchteten. Seine Megalomanie zeigte sich beispielsweise in den prunkvollen Feierlichkeiten in Persepolis, wo im Oktober 1971 für mehrere Milliarden US-Dollar die 2500-Jahr-Feier der Gründung des Perserreiches begangen wurde. Ansonsten profitierten von den enormen Erdöl-Einnahmen vor allem seine Vertrauten, die Armee und der Staatsapparat, wohingegen die Zivilgesellschaft gewalttätigen Repressionen durch die Polizei ausgesetzt war. Der Abstieg der Mittelschicht, verkörpert durch die Basarhändler oder die schiitischen Kleriker, die aus ihr hervorgegangen waren, förderte die soziale Krise. Verschlimmert wurde sie noch durch den Zustrom von Menschen aus ländlichen Gebieten in die Städte, wo ihre Hoffnung enttäuscht wurde, vom Geldsegen der Ölerträge zu profitieren; sie bildeten ein riesiges Proletariat der »Entrechteten«. Vor diesem Hintergrund wandten sich zahlreiche Empfänger großzügiger Stipendien, die zu Zigtausenden zum Studium in den Westen entsandt worden waren, um den Iran der Zukunft aufzubauen, schließlich gegen das autokratische und korrupte Herrscherregime.

Im November 1977 löste der Schah mit seinem Staatsbesuch in den Vereinigten Staaten, in denen sich der demokratische Präsident Jimmy Carter gerade von seinem Vorgänger Richard Nixon abzusetzen und die US-Außenpolitik zu »moralisieren« versuchte, gewalttätige Gegendemonstrationen aus. Das Tränengas, das die Polizei einsetzte, um die vor allem marxistischen oder linken Studenten und Aktivisten von der Mall in Washington zu vertreiben, wurde vom Wind in den Rosengarten des Weißen Hauses geweht, sodass Mohammad Reza Pahlavi seine Radio- und TV-Ansprache unter Tränen abbrechen musste. Die symbolische Wirkung dieser Bilder setzte dem Regime zu und ermutigte die iranische Opposition, zumal die US-amerikanischen Forderungen nach einer Anerkennung der Menschenrechte zu einer Mäßigung der Repression führten. Wie dann in Algerien 1988 und bei dem »arabischen Aufstand« zu Beginn der 2010er-Jahre wässerten die religiösen Kräfte die schon gelegte revolutionäre Saat, um damit die Bewegung für sich zu vereinnahmen und nach ihren Vorstellungen umzugestalten. Wie in den benachbarten arabischen Staaten, in denen modernisierende Autokraten den Laizismus im Dienste ihrer Diktatur missbrauchten und die Legitimität einer demokratischen Opposition, die ebenfalls diese Ideale vertrat, damit kompromittierten, hatte auch der Iran unter Pahlavi eine solche Polarisierung bevorzugt. Auf der einen Seite stand noch die kommunistische Partei, auf der anderen standen die am stärksten politisierten Gruppen der schiitischen Kleriker.

Trotz des von den Marxisten behaupteten Atheismus existierte zwischen diesen beiden Gruppierungen eine Art struktureller Affinität: Wie bei den leninistischen Organisationen ist der schiitische Klerus hierarchisch aufgebaut und immer in der Lage, effektiv für die Verbreitung von Slogans und die Mobilisierung der Anhänger zu sorgen (was sie von der sunnitischen Welt unterscheidet, in der durch die verschiedenen, zueinander in Konkurrenz tretenden Ulemas die religiöse Autorität zersplittert ist). Dank dieses kostbaren Werkzeugs kann unablässig die revolutionäre Bewegung im Kampf gegen die Herrschenden angetrieben werden. Diese Ähnlichkeit manifestierte sich in zahlreichen islamisch-marxistischen oder islamisch-linksgerichteten hybriden Gruppierungen. Zu den bekanntesten gehören die Volksmudschaheddin, die bereits im Namen die Ideale des Dschihad und des Populismus kombinieren. Diese Verbindung geht zurück auf den Intellektuellen Ali Schariati, der aus einer Klerikerfamilie stammte und seine letztgültige Ausbildung im Quartier Latin erhalten hatte. Er übersetzte Frantz Fanons Werk Die Verdammten dieser Erde ins Farsi und formulierte die berühmte marxistische Gegenüberstellung von »Unterdrückten« und »Unterdrückern« in korankonformes Vokabular um, wenn er von »Entrechteten« (mostadafin) und »Selbstgefälligen« (mostakbirin) sprach. Diese Neuformulierung griff jedoch nicht die gleichen Kategorien auf wie das Original: Indem sie den Begriffen eine starke religiös-moralische Bedeutung mitgab, ermöglichte sie es, die Grenzen des Klassenkampfs zu verschieben. Damit gehörten zur großen Gruppe der »Entrechteten« nun alle Gegner des Schahs, vom Kaufmann im Basar bis hin zum nach der Landflucht gebildeten Proletariat. In diesem Verständnis vereinigten sich im revolutionären Prozess und unter der Führung eines Klerus, der für eine ähnliche Ideologie gewonnen wurde, die fromme Mittelschicht und die arme, städtische Jugend, die, streng sozial betrachtet, eigentlich Gegenspieler hätten sein müssen.

Ajatollah Chomeini verbrachte von 1964 bis 1978 sein Exil in der den Schiiten heiligen irakischen Stadt Nadschaf und ging anschließend in den Pariser Vorort Neauphle-le-Château. Bei seiner triumphalen Rückkehr nach Teheran am 1. Februar 1979 bewies er das politische Genie, die eben beschriebene Möglichkeit aufzugreifen und sich für die Sache der »Entrechteten« einzusetzen. Es gelang ihm, den Klerus, der ihm anfangs nicht wohlgesinnt war, zu kontrollieren und die linken Bewegungen zu instrumentalisieren, bevor er sie dann nach seinem Sieg und der Verkündung der »Islamischen Republik« aus dem Weg räumte. Dazu griff er, ganz ähnlich wie es der Salafismus in der sunnitischen Welt tat, auf eine fundamentalistische und von jedem Dogma »gereinigte« Form zurück, die sich deutlich von den im Laufe der Geschichte entwickelten Kompromissen zwischen den Ajatollahs und den Herrschern absetzte. Nach Chomeinis Auffassung repräsentiert der Imam Hussein, als Märtyrer im Oktober 680 im Kampf gegen Soldaten des sunnitischen Kalifen Yazid gestorben, die erhabene Inkarnation der »Entrechteten«, während der Schah den »selbstgefälligen« Yazid personifizierte. Indem er so die Grundlagen des durch seine Ideologie neu interpretierten Glaubens mit den Gegebenheiten der Gegenwart zusammenführte, gelang Chomeini eine beachtliche Mobilisierung, die die Oberhand über alle übrigen Anhänger der Opposition und auch des Königshauses gewann.

Folglich entwickelte sich Chomeini, der an Bord einer Air-France-Maschine nach Teheran zurückgekehrt war und sich fortan »Revolutionsführer« nennen ließ, nun im Kontext der Islamisierung des Nahen und Mittleren Ostens, die sechs Jahre zuvor vom saudischen Königshaus und seinen Alliierten mit dem Ramadan-Krieg und der Vervielfachung des Ölpreises begonnen worden war, zu einer besonders starken, konkurrierenden schiitischen Kraft. Der Antagonismus zwischen Sunniten und Schiiten sollte zur wichtigsten Triebfeder der Kriege und Krisen werden, die die Region in den folgenden vier Jahrzehnten heimsuchten. Er reichte sogar darüber hinaus und traf durch den wiederkehrenden Export des islamistischen Terrors besonders Europa, wo er die hier lebenden muslimischen Migranten zu seinen Geiseln machte. Infolge der schwankenden Ölpreise sollte dieser Gegensatz schließlich sogar jene Bruchlinie relativieren, die der arabische Nationalismus nach den Unabhängigkeitsbewegungen herausgebildet hatte – den israelisch-palästinensischen Konflikt –, bis er schließlich Teil der bestehenden Logik der Auseinandersetzungen wurde (wie seine Vereinnahmung durch die libanesische Hisbollah und die palästinensische Hamas zeigt, die beide unter dem Einfluss Teherans stehen). Die Dynamik dieses Konflikts wurde durch den unablässigen Überbietungswettbewerb geschürt und vollzog sich auf Kosten einer ständigen Verschlimmerung des Chaos inmitten der Gesellschaften des Nahen und Mittleren Ostens. Was vor allem an einer unverantwortlichen Politik lag, die durch die Öleinnahmen möglich geworden war und bis in die Mitte der 2010er-Jahre als endlos weiterführbar angesehen wurde.

Die Herausforderung der Iranischen Revolution für Saudi-Arabien und seine Verbündeten war beachtlich, denn der Iran beschränkte nun die Reichweite einer Islamisierung unter sunnitischer Führung und nahm ihr die soziale und heroische Anmutung. Die über die Emire der arabischen Halbinsel laufende, lockere Verknüpfung eines weltweiten salafistischen Netzes und die finanzielle Unterstützung, die zu dieser Zeit ein Großteil von ihnen der internationalen Muslimbruderschaft zukommen ließ, entzündeten keinen solchen Enthusiasmus, wie ihn die Ereignisse im Iran bei der muslimischen Bevölkerung weltweit spontan auslösten. Umso mehr, als der Diskurs Chomeinis gleichzeitig zwei globale Feinde ins Visier nahm: den »großen Satan« Amerika (sowie in dessen Begleitung den »kleinen Satan« Frankreich, trotz aller in Neauphle-le-Château gewährten Gastfreundschaft), aber auch die Ölmonarchien, die er schlicht als Lakaien der Vereinigten Staaten darstellte. Indem Chomeini sich den Ideen Schariatis und damit einer weltweiten Dritte-Welt-Bewegung anschloss und die Vereinigten Staaten attackierte, ging er über die einfache religiöse Dimension hinaus. Das wiederum trug ihm Sympathien bis nach Lateinamerika ein. Und durch die Kritik an den Ölmonarchien versuchte er, über die rein persische und schiitische Identität (die nur etwa 15 Prozent der Muslime weltweit bilden) hinauszuwirken, um die Führung des universellen Islam durch die wahhabitischen Herrscher, »die Wächter der zwei Heiligen Stätten«, infrage zu stellen.

Die amerikanisch-saudische Antwort auf die Iranische Revolution bestand zum einen im Dschihad in Afghanistan. Die Gelegenheit dazu war die Vergeltung für den Einmarsch der Roten Armee an Weihnachten 1979. Im selben Jahr wurde am 26. März auch der ägyptisch-israelische Friedensvertrag unterzeichnet – ein Zeichen für die Verschiebung der Hauptkonfliktlinie vom Nahen Osten und der Mittelmeerregion hin zum Persischen Golf und nach Zentralasien. Anders noch als bei den sowjetischen Interventionen in Ungarn 1956 und der Tschechoslowakei 1968, die im Rahmen der Jalta-Verträge stattfanden und keinerlei militärische Reaktion der »freien Welt« nach sich zogen, verstieß die Ankunft von Fallschirmjägern und Panzern in Kabul gegen die Regeln, die am Ende des Zweiten Weltkriegs aufgestellt worden waren. Breschnew sah sich zum Handeln gezwungen, um die örtlichen Kommunisten an der Macht zu halten, die in ihrem atheistischen Bekehrungseifer auf den allgemeinen Widerstand einer in Volksgruppen und dem ländlichen Leben äußerst verhafteten Gesellschaft mit starken traditionellen Normen gestoßen waren. Das Weiße Haus konnte eine erneute Schmach nicht einfach hinnehmen, war es vier Jahre zuvor doch bereits in Vietnam unterlegen und hatte Anfang 1979 mit dem Iran einen Verbündeten verloren. Letzteres war ein durchaus relevantes geopolitisches Problem, da der Schah zuvor die Rolle eines »Polizisten am Golf« übernommen und die unermesslichen Ölvorräte des Landes damit dem sowjetischen Zugriff entzogen hatte. Darüber hinaus mussten die Vereinigten Staaten eine beispiellose Demütigung erleiden, nachdem »Studenten von der Linie des Imam« am 4. November Geiseln in der US-Botschaft in Teheran genommen hatten und der Versuch ihrer Befreiung gescheitert war. Die sowjetische Militärpräsenz in Afghanistan, einem Nachbarland des Iran, dessen eigene kommunistische Partei Tudeh zu den revolutionären Kräften gehörte (Chomeini ging erst in seinen letzten Jahren gegen sie vor), frischte, über den Verstoß gegen den Pakt von Jalta hinaus, die amerikanische Angst vor Moskaus Durchbruch in Richtung der »warmen«, d.h. eisfreien Weltmeere auf. Man darf dies als zeitgenössische Variation des anglo-russischen »Großen Spiels« in Zentral- und Südwestasien seit dem 19. Jahrhundert verstehen.

Und schließlich wurde das Ende des Jahres 1979 von einem Drama beherrscht, das, aus Sicht der islamischen Welt, mit hoher Symbolkraft ausgestattet war: Der 20. November markierte den ersten Tag im 15. Jahrhundert der islamischen Zeitrechnung. Unter Berufung auf die islamische Lehre, nach der in jedem Jahrhundert ein »Erneuerer« (mouhi) oder »Messias« (mahdi) auftritt, der nach vielen Abweichungen die Reinheit des Glaubens wiederherstellt, überfiel an diesem Tag eine radikale Dschihadistengruppe die Große Moschee in Mekka. Ihr Anführer, Dschuhaiman al-Utaibi, stammte aus einer bedeutenden Familie des Landes und wollte mit dem Überfall gegen die Korruption der vom Westen abhängigen Herrscherfamilie protestieren und seinen Schwager, Abdullah al-Qahtani, zum Messias ausrufen lassen. Dschuhaiman, der zu den Randgruppen der strengsten Verfechter des salafistischen Establishments Saudi-Arabiens gehörte, hatte »Briefe« in Umlauf gebracht, von denen sich 30 Jahre später der sogenannte »Islamische Staat« inspirieren ließ. Erst nach zwei Wochen konnte das Heiligtum in Mekka zurückerobert werden, auch dank des Eingreifens einer Truppe der nationalen französischen Gendarmerie (GIGN). Das allerdings wurde streng geheim gehalten, da es Nicht-Muslimen untersagt ist, heiligen Boden zu betreten (haram). Tausende Pilger wurden bis zur Befreiung in der Moschee festgehalten, und 244 Menschen starben beim Sturm auf die Moschee (darunter 117 Angreifer), obwohl jedes Blutvergießen dort verboten ist. Nachdem die saudische Staatsführung in den ersten Tagen vor Schreck wie gelähmt gewesen war, zeigte sie sich erschüttert, und zwar zum einen deshalb, da sie von noch strengeren Wahhabiten und Dschihadisten übertrumpft worden war, obwohl sie den Prozess der Islamisierung in der Region doch selbst angestoßen hatte. Und zum anderen, da ihre Unfähigkeit offensichtlich geworden war, Ordnung und Sicherheit an den Heiligen Stätten zu gewährleisten. Ihr Ansinnen, sich als Wächter der Heiligen Stätten auszugeben und, in logischer Folge, mit der Oberherrschaft über den Islam zu brüsten, hatte sich als Fehler herausgestellt.

Die Ankunft der Roten Armee in Kabul, kaum drei Wochen nach der unheilvollen Rückeroberung des als haram erklärten Gebiets in Mekka, entwickelte sich dann zu einer weiteren Herausforderung für die von Saudi-Arabien beanspruchte Führungsrolle. Denn nach islamischer Lesart der Geografie konnte dieser kriegerische Akt als das Eindringen von »Ungläubigen« (kouffar) auf »Islamischen Boden« (dar al islam) verstanden werden. Bei einer derartigen Aggression muss der muslimische Fürst den Heiligen Schriften nach unbedingt den militärischen Dschihad ausrufen und ihn augenblicklich beginnen. Die sowjetische Invasion ließ sich dementsprechend auf zweierlei, sich ergänzende Arten lesen: Für Washington war sie eine störende Episode des Kalten Kriegs, der es sich entgegenstellen musste, wollten die Vereinigten Staaten nicht ihre Position als Supermacht verlieren. Und da die saudische Monarchie die Hegemonie über den weltweiten Islam anstrebte, musste Riad den sowjetischen Einmarsch mit einem Dschihad beantworten. Folglich nannte man den nun ausbrechenden Aufstand der Guerilla – von der CIA ausgestattet und trainiert und mit den Petrodollars von der arabischen Halbinsel kofinanziert – auch Dschihad. Die jenseits des Atlantiks Freedom Fighters getauften Bärtigen waren allerdings Männer, für die »Freiheit« bedeutete, die Scharia einzuführen, sobald die kommunistischen Russen von islamischem Boden vertrieben worden waren. Diese Konfusion in der Wortwahl zeigt grundlegend die semantische Islamisierung dessen, was zugleich zum letzten blutigen Kampf des Kalten Kriegs und zum ersten islamischen Krieg der Gegenwart werden sollte – ganz gleich ob man ihn Dschihad, Raubzug (ghazou), zulässiger Terrorismus (irhab mashrou) oder Märtyrer-Operation (amaliyya istish hadiyya) nennt. Am Ende, nach dem sowjetischen Rückzug aus Kabul am 15. Februar 1989, dem wenig später der Fall der Berliner Mauer am 9. November folgte, wurde mit dem Untergang der UdSSR der Antagonismus zwischen dem kommunistischen Osten und dem kapitalistischen Westen ersetzt durch den Konflikt zwischen dem islamistischen Orient und dem (»gottlosen«, »jüdisch-kreuzritterlichen« et cetera) Westen.

Der Dschihad in Afghanistan erlaubte es, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Zum einen versetzte er der UdSSR den Todesstoß, indem er die Schwäche der Roten Armee bloßlegte, die zu einem Papiertiger verkommen war. Man müsste darüber hinaus natürlich viele weitere Gründe für den Zusammenbruch des sowjetischen Modells anführen, vor allem etwa das Wettrüsten mit den Vereinigten Staaten, das die Wirtschaft ruinierte, ganz zu schweigen von den inhärent funktionellen Mängeln der Planwirtschaft gegenüber der Marktwirtschaft. Und doch überließ Washington die Abfertigung der Sowjetunion den Kämpfern des Dschihad. Diese zogen bei ihren Glaubensbrüdern ein ungemein großes Prestige daraus, dass sie sich in weltweitem Maßstab als unberechenbare, terroristische Militärmacht etabliert hatten, der jemand wie bin Laden ein Gesicht gab. Zum anderen half dieser sunnitische Sieg, im Rahmen islamischer Symbolik, der Propaganda Chomeinis etwas entgegenzuhalten: Man konnte die Saudis und ihre Alliierten zu den Rettern eines muslimischen Landes erheben, das von den Atheisten aus dem Kreml überfallen worden war. Teheran verzichtete jedoch nicht auf eine Replik. Der Iran verlegte auf bis dato unbekannte Art und Weise den Konflikt auf das Feld der Medien und verurteilte Salman Rushdie per Fatwa zum Tode – und zwar just am Vorabend des sowjetischen Abzugs aus Afghanistan, um die Auswirkung dieser Ankündigung zu verschleiern.

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