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6. Kapitel

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Line hatte aber auch schon häufig miterlebt, dass Tiere die gleichen Chancen auf so ein Wasserabenteuer hatten und fand es immer sehr aufregend, wenn in der Beziehung irgendwo mal wieder „etwas los war“.

Das bekam nicht nur sie, sondern alle Kinder schnell mit.

An solchen Tagen rannte eine Handvoll Männer mit langen Leitern und dicken Stricken über den Schultern in dieselbe Richtung. Manche vor Aufregung schon gleich mit hochrotem Kopf. Auch Line lief dann, meistens an der Hand von Lüder, einfach hinter ihnen her, und dieses Mal auch bis zu einem Graben, in dem ein Schaf zu ertrinken drohte.

In Line begannen Mitleid mit dem Schaf und wahnsinnige Lust auf eine Sensation, ob es gerettet werden konnte, einen Kampf, dem ihr Gewissen dann ordentlich dazwischen funkte, so dass sie anständigerweise dann doch um das Leben des Schafes zu beten begann.

Still für sich in ihrem Kopf.

Von dem Schaf schaute nur noch der laut blökende Kopf, mit vor Todesangst geweiteten Augen, heraus. Der dicke Wollpelz hatte sich mit Wasser voll gesogen und hing so schwer an ihm, dass es nicht in der Lage war, sich aus eigener Kraft an das Ufer zu retten.

Nun kamen die dicken Stricke und die flinken Hände der Männer zum Einsatz.

Die hatten schon reichlich Erfahrung mit solchen Missgeschicken, banden den Strick mit groben Griffen um den wolligen Schafhals und zogen dann mit gemeinsam kräftig gebrülltem: „Hau ruck, hau ruck“ an dem Strick, bis das Schaf einen Schwanenhals bekam und nur noch das Weiße seiner Augen zu sehen war, das ziemliches Entsetzen kundtat.

Schlammverschmiert vom satten Marschboden, wurde es am Ufer nach oben auf die Weide geschleift. Seine staksigen Vorderbeine bohrten vorher noch tiefe Löcher in den Uferschlamm, während seine Hinterbeine heftig das braune Grabenwasser aufwirbelten, so dass es schäumte.

Und dabei schrie das Schaf ganz erbärmlich und empört.

Häufig dauerte es ziemlich lange, bis das völlig erschöpfte Tier endlich wieder auf allen Vieren auf der Weide stand und schwer atmend um Fassung rang, während das Wasser aus seinem dichten Fell unter ihm zu einer großen, blanken Pfütze zusammenlief.

Solch schwerwiegende Erlebnisse hatten aber ab und zu auch Pferde und Kühe.

Dann war meistens sogar die Hilfe der Feuerwehr nötig.

Line sollte seit der Geschichte mit der Ofenkrone nicht mehr allein zuhause bleiben. Sie musste mit, auch wenn ihre Mutter nur kurz mit dem Fahrrad zum Einkaufen fuhr. Dann saß sie auf dem Gepäckträger und hielt ihre Beine weit weg von dem bunten Fahrradnetz, das die obere Hälfte des Hinterrades auf beiden Seiten verkleidete und verhinderte, dass etwas in die Speichen geriet. Und während ihre Mutter kräftig in die Pedale trat, hörte Line unter sich das angenehme Prasseln der Gummireifen auf den dunkelblauen Basaltsteinen der Landstraße. Und auf so einer Fahrt ins Dorf, erfuhr sie, was mit einem Strick auch noch gemacht werden konnte, und zwar aus dem bebenden Mund einer Frau, die ihnen entgegengekommen und dann von ihrem Fahrrad gestiegen war, nachdem sie freundlich gegrüßt und Lines Mutter dadurch aufgefordert hatte, auch stehen zu bleiben. Dann hatte sie neben den Fahrrädern so leise gesprochen, dass Line sich sehr anstrengen musste, um überhaupt etwas zu verstehen.

In dem Bauernhaus mit zwei Stallungen und dem tief heruntergezogenen Reetdach, das über und über mit dicken, dunkelgrünen Mooskissen bewachsen war, und das an der Landstraße lag, die ins Moor führte, war etwas geschehen, das es der Frau die Mundwinkel unaufhaltsam nach unten zog.

Line wusste sofort, von welchem Bauernhaus sie sprach.

Auf einer Seite des Hauses floss ein breiter Graben, gehalten von einem üppigen Binsenufer. Dort stand halb über dem Graben der „Abtritt“.

Eine windige Bretterbude, dem eine alte Wolldecke die Tür ersetzte, hinter der die kleinen und großen Geschäfte der Bauersleute direkt ins Grabenwasser liefen, tropften und plumpsten.

Einen Meter weiter schöpfte die Bäuerin täglich das Trinkwasser.

Über dieser Idylle lag immer auch ein Hauch von sonderbarer Stille, mehr noch und so ganz anders als ringsherum.

Es gab dort einen riesigen, bisswütigen Ganter, der sich an Kinderbeinen ausgetobt, für alle Zeit gehörigen Respekt verschafft hatte und einige dicke, braune, ewig scharrende und pickende Hühner.

Außer dem Federvieh hatte Line dort nur hin und wieder mal den alten Bauer und zwei Frauen gesehen. Eine hatte graues, zu einem kleinen, festen Dutt gebundenes Haar, die andere eine aufwendig braune geflochtene Haarkrone und war die schon erwachsene Tochter.

Bisher war es Line jedoch versagt geblieben, auch mal die alte Jungfer zu Gesicht zu bekommen, von der der Briefträger mal gesagt hatte: „Die alte Jungfer da, die ist ganz ordentlich, ich weiß nicht, warum die keiner nimmt“.

Und dabei hatten seine Augen kurz das kleine Bauernhaus gestreift.

Line wusste von Tim, dass der Bauer im Sommer manchmal mit einem Blutegel im Nacken herumlief. „Das ist wie Aderlass, vielleicht ist er krank“, hatte Frau Mu gesagt, als Line ihr davon erzählte und sich schüttelte, weil sie Blutegel so eklig fand und sich Aderlass widerlich blutig anhörte. An kühlen Sommertagen sprangen die großen Jungen zunächst in einen der Gräben, bevor sie im kalten Fleet badeten. In den Gräben war das Wasser zwar angenehm warm, aber dort lauerte eine Menge hungriger Blutegel, die sofort ihre Saugnäpfe benutzten und fest an den nackten Körpern der Jungen klebten, um Blut zu saugen. Sie sahen den schwarzen Nacktschnecken ähnlich, die umherzogen und silberne Schleimspuren hinterließen.

Die Jungen verließen dann fluchtartig den Graben, rissen sich in aller Eile gegenseitig die Blutegel von den Leibern und sprangen gehetzt kopfüber ins Fleet, um sich die blutigen Rinnsale von ihrer Haut zu waschen. Das geschah dann mit kämpferischem Gebrüll und einer enormen Wichtigtuerei, wegen des Mutes, sich nicht vor den Blutegeln zu fürchten.

Line verstand nicht, warum die Jungen erst zu feige waren, im kalten Fleetwasser zu baden, was sie nicht so schlimm fand, wie den Umweg über die Blutegel, um dann sowieso ins kalte Fleet zu springen.

Sie rutschte jetzt gelangweilt auf dem Gepäckträger hin und her.

Die harten Verstrebungen drückten sich mehr und mehr in ihre mageren Oberschenkel.

Dadurch, dass sie sich anders hinsetzte, wurde der Schmerz gelindert und dann sofort unwichtig, als sie hörte:

„Er hat sie gefunden. Sie baumelte an einem Strick am Balken auf dem Heuboden“.

Line schaute neugierig nach oben in das Gesicht ihrer Mutter und erkannte darin großes Unbehagen. Dann sah sie das zitternde Kinn der anderen Frau, die jetzt heftig nickte und dabei die Lippen fest zusammenpresste, so als wollte sie einen Schrei verhindern.

Dann öffnete sie den Mund und flüsterte:

„So jung war sie ja nicht mehr, aber dafür nun doch noch zu jung“.

„Warum hat sie das getan, gab es einen bekannten Grund?“

Lines Mutter klang außerordentlich mitfühlend.

Die Frau hob und senkte die Schultern und flüsterte: „Sie hat es ja schon einmal versucht, und ist ins Wasser gegangen, aber es war nicht tief genug“, bekam sie zur Antwort.

Das mit dem Wasser fand Line blöd, natürlich kann man dann nicht schwimmen, aber das mit dem Balken fand sie eine ziemlich gute Idee, um Spaß zu haben.

Die war bestimmt mit viel Schwung richtig weit über den Heuboden gebaumelt, und dass das doch einen Heidenspaß gemacht haben musste.

Und sie verstand nicht, warum sie dafür doch noch zu jung war, wo sie doch angeblich nicht mehr so jung war.

„Der Alte kam völlig aufgelöst zu uns rüber.

Mein Mann ist dann mitgegangen und hat sie abgeschnitten.

Es muss schrecklich gewesen sein.

Seitdem trinkt er einen Apfelkorn nach dem anderen, um wieder zu sich zu kommen!“

Und dann hörte Line noch, dass man in niemanden hineinsehen kann, dass die Eltern jetzt arm und allein sind, weil sie doch nur die Eine hatten, und dass das Leben ja weitergeht.

Und deshalb setzten sich beide Fahrräder umgehend in Bewegung.

Jedes in eine andere Richtung.

Line umklammerte den Bauch ihrer Mutter und schaute auf die dunkelblauen Basaltsteine, die während der Fahrt unter ihr nicht mehr einzeln zu erkennen waren, sondern als glatte Fläche dahinsausten, und in ihrem Kopf wimmelten die merkwürdigsten Gedanken.

Am nächsten Tag erzählte sie Tim von der baumelnden Tochter auf dem Dachboden. Dabei gab sie der Tatsache, dass die abgeschnitten worden war, eine enorme Dramatik, indem sie eine Stirnfalte zog und die Stimme hob.

Aber für Tim war das leider keine Neuigkeit mehr.

„Das weiß ich doch schon, das ganze Dorf redet doch über nichts anderes mehr“, war Tims vorwurfsvolle Antwort.

Dann schwiegen sie einen Moment, bis Line es vor Neugier nicht mehr aushielt und von ihm wissen wollte, was man von der baumelnden Tochter denn eigentlich „abgeschnitten“ hatte.

Tims Stimme klang so, als hätte Line nicht alle Tassen im Schrank.

„Den Strick, den sie um ihren Hals hatte natürlich, was denn sonst, die war ja tot, die hat sich doch aufgehängt“.

Line sah ihn kopfschüttelnd an und sagte vorwurfsvoll: „Wieso denn tot, die hat doch nur am Strick gebaumelt“.

„So ein Quatsch“, sagte Tim, die hat sich wirklich aufgehängt, mit einem Strick um den Hals, verstehst du und deshalb ist sie jetzt tot!“

Wie immer, wenn Line ihm ungewöhnliche oder gewöhnliche Fragen stellte, hatte er auch jetzt wieder etwas zu erklären, weil er nämlich wieder ganz genau wusste, wie das mit dem Aufhängen ging.

„Da nimmt man einen dicken Strick, bindet ihn an einen Balken und macht eine Schlinge, durch die man den Kopf steckt, wenn man sich aufhängen will. Vorher stellt man sich auf einen Stuhl, den man mit den Füssen wegschubst, wenn man sich dazu entschlossen hat, es zu tun. Und dann baumelt man mit dem Strick um den Hals hin und her. Von dem Gewicht, das man hat, zieht sich die Schlinge fest zu, und mit einem kurzen Knack bricht das Genick und man ist tot. Die Augen quellen blutunterlaufen hervor, und die geschwollene Zunge hängt aus dem Mund“.

Tim sah fürchterlich aus, als er das demonstrierte.

Line war fassungslos vor Entsetzen!

Das war dann ja gar kein Spaß, dass sie am Strick gebaumelt hatte, sondern ein schreckliches Unglück, von dem die Frau erzählt hatte, dachte sie.

Line nahm jetzt so richtig Anteil und sagte mit erstickter Stimme: „Die Eltern sind jetzt arm, aber doch nicht allein, da ist ja wenigstens noch die alte Jungfer“.

„Quatsch“, sagte Tim, das ist doch die, die jetzt tot ist, die hatte keinen Mann und dann heißen die so“.

Und Line war voller Mitgefühl einerseits und zufrieden andererseits, dass sie dann ja wenigstens schon mal eine alte Jungfer gesehen hatte und dass es nun endlich wieder eine Beerdigung gab.

Und immer wenn Line später an dem Bauernhaus von der aufgehängten Tochter vorbeifuhr, fühlte sie das Grauen, das nun über ihm in der Luft hing. Wie der Essengeruch, der nicht weit entfernt davon aus der Gastwirtschaft kam, in der seit kurzer Zeit ein Mittagstisch für die fahrenden Händler angeboten wurde. Line war sich nicht sicher, was damit gemeint war. Wenn nur ein Mittagstisch angeboten wurde, woran saßen denn die anderen Handlungsreisenden, von denen ihre Großmutter manchmal sprach.

Und natürlich wusste Tim wieder Bescheid, dass das nur so hieß, weil es dort eben Mittagessen gab und das natürlich für alle, und dabei schüttelte er den Kopf, so dass Line klar war, wieder mal etwas Blödes gefragt zu haben.

Line wusste aber, dass in der Gastwirtschaft die alte Schwiegermutter von Stine Dirks herrschte. Was eine Schwiegermutter, und die gab es reichlich, eigentlich so richtig war und welche Bedeutung sie hatte, wusste sie nicht so genau. Sie hatte jedoch gehört, dass Boshaftigkeit, Zank, Streit, Wut und ziemlicher Ärger damit in Verbindung standen.

Mit den vielen Kriegerwitwen in den Dörfern hatte Line ein ähnliches Problem, nur dass es da andere Substantive gab, nämlich Trauer, Halbwaisen, viel Mitleid, weil die Kinder ohne Vater aufwachsen mussten, die ihn in den meisten Fällen ja überhaupt nicht kannten, und dann noch die bange Frage, wie es weitergehen sollte ohne Mann im Haus oder auf dem Hof, denn die Krieger von den Kriegerwitwen waren allesamt im Krieg geblieben und da blieben sie auch für immer.

Die alte Schwiegermutter von Stine Dirks war jedenfalls genau so hoch gewachsen und mager wie die „Stelze“, nur viel, viel älter. Und es mangelte nicht nur Line an gehörigem Respekt vor dieser knochigen Erscheinung. Nach Lines Meinung, sie könnte vielleicht sogar eine Hexe sein, fehlte ihr aber der Buckel, und es gab auf ihrer Nase auch keine Warze mit drei kräftigen Borsten und nicht mal einen schwarzen Kater an ihrer Seite.

Auf dem Tresen der Gaststube stand ein großes Glas mit Sahnebonbons.

Lines schlechte finanzielle Lage war für ihr Alter ganz normal.

Nur selten kam sie an geringfügig Bares, und dann stand ihr Entschluss fest.

Wenig später läutete über ihrem Kopf die Glocke, wenn sie die schwere Tür zur Gastwirtschaft öffnete. Dann stand sie endlich vor dem großen Bonbonglas in der Gaststube, in der es immer nach gebratenen Zwiebeln, Speckessen und kaltem Zigarettenrauch roch.

Sie gruselte sich etwas und wartete ungeduldig auf das Schlürfen der Pantoffeln, das dann von hinten aus der Küche langsam lauter wurde und durch die Gaststube bis an den Tresen kam.

Die alte Frau stand dann wenig später hoch aufgerichtet da.

„Was willst du?“

Die Frage kam barsch, mit Kindern sprach sie so.

„Ich möchte für einen Groschen Sahnebonbons, bitte“, sagte Line laut und deutlich.

Die Alte hörte gut, sehr gut sogar.

Dafür sollte sie aber fast blind sein, wusste Line und war sich nie sicher, ob das stimmte, denn woher wusste sie, dass ein Kind in die Gaststube gekommen war?

Konnte sie vielleicht doch noch ein ganz klein wenig sehen?

Ihre wässrigen Augen sahen Line nicht an, sondern irrten durch die rauchgelben Gardinen vor den Fenstern der Gastwirtschaft hindurch, über die Kreuzung der schmalen Straßen und dann über die Weiden ins Weite.

Lines Geldstück machte ein klackendes Geräusch auf dem Tresen.

Die Alte nahm und befühlte es aufmerksam, machte einen schlürfenden Schritt auf das Bonbonglas zu, hob den Deckel und griff mit ihrer großen, knochigen Hand hinein.

In ihrer geballten Faust befand sich Lines heißer Wunsch, der nun vor ihr auf den Tisch fiel.

„Nimm dir fünf, mehr gibt’s nicht für dein Geld!“

Das war ihr Befehl an Line, ohne sie dabei anzusehen.

Wieder irrten die Augen der alten Frau ziellos durch den Gastraum und zum Fenster hinaus.

Line nahm sich fünf Bonbons und fragte sich gleich darauf, wieso die alte Frau wusste, dass sie sich schon Bonbons abgezählt und beiseite gelegt hatte, denn sie streckte sofort die Hand nach den übrigen Bonbons aus und sammelte sie ein.

Dann war Line sich sicher, dass sie doch noch ein wenig sehen konnte.

Außerdem, wenn sie wirklich ganz und gar blind war, warum stieß sie auf dem Weg von der Küche bis zum Tresen nirgends an?

Niemals, niemals hätte Line auch nur einen Bonbon mehr genommen, als ihr zustand und niemals, niemals gab ihr die alte Frau auch nur einen mehr, als sie musste, bevor sie die restlichen Bonbons aus ihrer Faust zurück ins Glas fallen ließ und es mit dem Deckel wieder fest verschloss.

Die Bonbons versprachen unbeschreiblich sahnige, süße und köstliche Augenblicke, die Line unendlich genießen würde. Sie saß auf dem Steg am Fleet und fühlte, wie weich sie in ihrer Hand wurden und reihte sie auf dem grauen Brett des Stegs nach Farben sortiert auf. Grün stand für Nuss, gelb für Sahne und braun für Schokolade. Sie musste sich zwingen, den, den sie sich jetzt in den Mund gesteckt hatte und der bereits weich an ihrem Gaumen klebte, nicht zu kauen und ihn bis auf das letzte flache Stückchen zu lutschen und sich die Bonbons einzuteilen, jeden Tag einen. Mit diesem Vorsatz sammelte sie sie wieder ein und ließ sie in der Tasche ihres Kleides verschwinden. Sie stand auf, betrat die unterste Stufe der Steintreppe, rutschte weg und verletzte sich das Schienbein bis auf den weißen Knochen. Sie verzog vor Schmerzen das Gesicht und sah dann entsetzt auf den kleinen Hautlappen, der von der messerscharfen Steinkante an dem Schienbein nach oben geschoben worden war. Bei dem Anblick wurde ihr übel. Es blutete nur wenig, tat aber schrecklich weh. Der Sahnebonbon fiel aus ihrem Mund auf die sandige Steinstufe, als sie tief durchatmete, um nicht zu heulen. Trotz des Schmerzes an ihrem Bein nahm sie ihn mit den Fingerspitzen auf, humpelte zurück auf den Steg, bückte sich, wusch ihn im Fleet ab und steckte ihn wieder in den Mund. Dann erreichte sie hinkend den Sommerweg und schlich, jetzt nur noch halb so zufrieden mit sich und der Welt, nachhause. Ihre Mutter kam sofort mit der stinkenden, braunen Flüssigkeit und bückte sich zu ihrem Schienbein hinunter, dem sie den abgeschabten Hautfetzen vorsichtig wieder andrückte, damit er die Wunde verschloss und wieder anwachsen konnte, während Line tapfer den Schmerz aushielt und weiter ihren Bonbon genoss.

Kuckucksspucke

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