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Eduard Wiepen

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studierte in Bonn und wurde wie Walther Kampf von J. J. Rein zu dieser Arbeit angeregt. Sein selbst geschriebener Lebenslauf als Anhang zu seiner Dissertation wird hier eingeschoben.

„Lebenslauf.

Geboren wurde ich, Eduard Wiepen. Sohn des verstorbenen Gerichts-Sekretärs Franz Wiepen und dessen noch lebender Gattin Maria, geb. Heinemann, katholischer Konfession, am 18. August 1852 zu Brilon in Westfalen. Ich besuchte die Elementarschule und das Gymnasium meiner Vaterstadt. Von dem letzteren mit dem Zeugnis der Reife entlassen, widmete ich mich sieben Semester hindurch an den Universitäten zu Bonn und Berlin und der Akademie zu Münster philologischen und historischen Studien. Die Staats-Prüfungen legte ich vor den Wissenschaftlichen Prüfungs-Kommissionen zu Münster und Bonn ab. Von Ostern 1876 bis Ostern 1878 war ich als Probekandidat und kommissarischer Lehrer am Progymnasium zu Malmedy, von da bis Ostern 1881 als ordentlicher Lehrer an der Höheren Bürgerschule zu Viersen tätig; seit dieser Zeit wirke ich an der unter Leitung des Herrn Professors Dr. Thome stehenden Höheren Bürgerschule der Stadt Köln, an welcher ich Ostern 1889 zum Oberlehrer befördert bin. Seit der Übersiedlung nach Köln verlegte ich mich neben meiner dienstlichen Tätigkeit auf ein eingehenderes Studium der Geschichte und Geographie. Von Ostern 1885 an hörte ich noch drei Semester hindurch an der Universität zu Bonn geschichtliche Vorlesungen und nahm teil an den Übungen des historischen Seminars unter Leitung der Herren Professoren Dove, Menzel, Geheimrat Nissen, Ritter, sowie an den geographischen Übungen unter Leitung des Herrn Professors Rein. Für die wissenschaftliche Anregung spreche ich den genannten Herren Professoren meinen herzlichen Dank aus. Insbesondere fühle ich mich Herrn Professor Rein, dem ich auch die Anregung zu vorliegender Arbeit und mehrfache Förderung bei Abfassung derselben verdanke, sowie Herrn Professor Ritter zu aufrichtigem Danke verpflichtet.

Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle denjenigen Herren meinen verbindlichsten Dank auszusprechen, welche die vorliegende Arbeit förderten, indem sie mir auf meine Anfragen mit freundlicher Bereitwilligkeit Auskunft gaben: den Herren Kaiserlich Deutschen Konsuln H. Aschhoff in Batavia, Alb. W. Augspurg in Santa Ana (San Salvador), v. Bergen, K. D. Minister-Resident und GeneralKonsul in Guatemala, H. J. Dahlander in Valencia, Em. Flörke in Managua, Dr. Froebel in Algier. E. Ondereyck in Callao, Gust. Stein in Oajaca; ferner den Herren Dr. H. Christ in Basel, Kgl. Oberförster Kessler in Colpin (Provinz Brandenburg), Konsul a. D. Dr. K. Ochsenius in Marburg (Hessen).“Als Wiepen seine Arbeit an der Universität Bonn verteidigte, waren 60 Jahre Cochenille auf den Kanarischen Inseln vorüber und die Cochenille auch wieder am Ende wie vorher der Wein.

Nach Wiepen kamen die ersten Cochenilleinsekten 1826 von Cadiz zur Zucht nach den Kanarischen Inseln. Wiepen und Honegger rühmen die unermüdlichen Bemühungen des Spaniers St. Yago de la Cruz - Minutoli nennt ihn D. Santiago de la Cruz - für die Einführung dieser so wichtigen und großartigen Kultur. Das Unwetter von November 1826, Mac-Gregor gibt zwei Augenzeugenberichte wieder, nahm 253 Menschen das Leben, die Figur der Schutzheiligen der Kanaren - die Virgen de la Candelaria - verschwand juwelenbedeckt in den Fluten desselben Meeres, welche es vier Jahrhunderte früher an die Küste der Guancheninsel getragen und zerstörte auch den ersten Zuchtversuch fast vollständig.

„Nach unendlicher Mühe dieses Mannes, der erst vor wenigen Jahren, beinahe arm gestorben ist, haben endlich einige Wenige angefangen, sich in ganz kleinem Maassstab dieser Cultur zu widmen, ohne noch grössere regelmässige Pflanzungen anzulegen und bessere Länderstrecken zu verwenden. So machte die noch schlecht geleitete Cultur anfänglich unbedeutende Fortschritte, obschon bei den damaligen Preisen der Cochenille dieselbe sehr einladend war... Jetzt (1852, 1853) trat plötzlich in den Reben sämmtlicher Inseln das Oidium Tuckeri auf, vernichtete jede Hoffnung auf den bisher so blühenden Weinbau, den Hauptreichthum der kanarischen Inseln und bewirkte eine schnelle Entwicklung der Cochenillecultur. Die Reben wurden zum grossen Theil ausgerissen, die besten Ländereien dazu verwendet, unbebaute grosse Strecken urbar gemacht.“ Honegger.

Während St. Yago de la Cruz sich bemühte, den Kanariern zu zeigen, wie man die Madres der Cochenille auf die Opuntien sät und damit eine Menge Geld verdient, stellte Friedrich Wöhler 1828 den ersten organischen Stoff - Harnstoff - synthetisch her. Im Londoner College of Chemistry, unter der Leitung von August Wilhelm Hofmann, erzeugte William Henry Perkin 1856 den ersten künstlichen Farbstoff, das Mauvein, 1856 Hofmann das Fuchsin: der Beginn der Teer- oder Anilinfarben. Auf den Weltausstellungen London 1862 und Paris 1867 erregten die künstlichen Farben das Hauptinteresse der Industrie. Hofmann sah durch diese chemische Umwälzung tiefgreifende Veränderungen in den Handelsbeziehungen zwischen den Farbstoff produzierenden und konsumierenden Ländern voraus.

Auf den Kanaren wurden 1831 nach Minutoli sieben und ein halbes Pfund Cochenille gewonnen und ausgeführt. Für 1852 gibt er 806 254 Pfund an (englisches Pfund). Wiepen gibt für das Jahr 1880 eine Ausfuhr von 2557 kg im Wert von 13 436 000 Mark an. 1886 sank die Ausfuhr auf 658 kg zu 1 606 000 Mark.

Minutoli bemerkt: „Die in außerordentlichem Umfange zugenommene Kultivierung des Nopal-Cactus zur Cochenillezucht hat da, wo diese Industrie in die Stelle der Barillafabrikation getreten ist, eine große Veränderung in der Verteilung der Arbeitskraft herbeigeführt. Während die Männer bei der letzteren in dauernder anstrengender Tätigkeit erhalten wurden, beschränkt sich ihre Arbeit bei der jetzigen Industrie lediglich auf das Pflanzen und Bewässern der Bäume; eine Arbeit, welche wenig Zeit und Mühe erfordert. Dagegen verrichten die Frauen sämtliche übrigen Arbeiten, bis zum Töten der Tiere eingerechnet, ausschließlich. Man könnte sie, wie sie so zwischen den stachligen großen Kaktusblättern, den ganzen Tag in der glühenden Sonnenhitze, in hockender Stellung zubringen, unter den breitgeränderten Strohhüten mit Tüchern dicht verhüllt, für Pagoden oder Schreckbilder halten, wenn nicht die stets geschäftigen Hände auf ein lebendes Wesen deuteten, das im Schweiße des Angesichts von Anstrengungen und Arbeit erschöpft, seine einzige Erholung in derjenigen Tätigkeit findet, die ihm daheim die Sorge für Gatten, Kinder und Hauswesen auferlegt. Ihr bleibt dann nur der Sonntag nachmittag, wo sie die Wäsche der Familie näht, flickt und reinigt und die Häupter der ihrigen von denjenigen Wesen zu befreien sucht, deren Fruchtbarkeit fast die der Cochenille erreicht.“

Walter Kampf schreibt in seiner Dissertation von 1894: „Den höchsten Stand erreichte die Ausfuhr im Jahre 1869 mit 2 756 468 kg im Werte von 15 799 860 Mk. - d. i. für dieses Jahr 86% des Gesamtausfuhrwertes... Gleichzeitig mit dem ungeheuren Aufschwunge dieser Industrie, der eine früher kaum bekannte Menge Geld den Inseln zuführte, stiegen die Preise der Lebensmittel, da dem Landbau eine Menge von Kräften entzogen wurden, um auf die Cochenillezucht verwandt zu werden... Der plötzliche Reichtum brachte aber schon bald Verwickelungen mit sich; da jeder die Hand nach dem Golde ausstreckte. Der Preis des Bodens, von dem nun fast jede Scholle in der unteren Region nutzbar gemacht werden konnte, stieg ins Ungeheuerliche und man wagte es, Kauf- und Erbpachtverträge unter Bedingungen zu schließen, die nur durch die blinde Voraussetzung, dass die fetten Jahre ewig dauern würden, erklärt werden können. Gleichzeitig nahm allerdings durch die Ausdehnung der Kultur der Umfang des ertragfähigen und bebauten Bodens zu; eine Menge Landes wäre ohne die den tuneras zugewandte Sorgfalt unaufgeschlossen geblieben.“

Der Marktpreis betrug 1874 in London 1,50 bis 2 Mark, ursprünglich 8 Mark. Den Preisverfall schrieben die Kanarier der Überproduktion zu. Dem Cochenillebau wurden immer weitere Landstrecken und Arbeitskräfte geopfert, der Anbau von Nahrungsmitteln vernachlässigt, Missernten blieben nicht aus.

Im Jahr 1872, so Kampf, tat sich „sowohl auf Gran Canaria, wie in Orotava eine Gesellschaft auf, die den Zweck verfolgte, Ackerbau, Industrie und Handel der Kanaren zu heben. Zur Zeit der Gründung hatte sie jedoch kaum für etwas anderes ein Herz als für die Cochenille, über die damals schon das Urteil gesprochen war, der man aber durch allerhand Machinationen in Marseille und London bessere Preise verschaffen wollte. Eine dritte Gesellschaft mit denselben Zielen war die Junta de agricultura, industria y commercio de las islas Canarias. Trotzdem wird aber noch immer der Getreidebau sträflich vernachlässigt, so dass namentlich im Falle von Mittel- oder gar Missernten nicht an Ausfuhr zu denken ist.“

Als keiner die roten Läuse mehr haben wollte, blieben die Cactusfelder wie sie waren und wurden den Eidechsen und Hühnern überlassen.

Christ 1885: Man denke sich die Lage des Archipels. Das Roden der Cactus, die Einführung neuer Kulturarten bedarf großer Kapitalien, welche in den Inseln nicht vorhanden sind. Ratlos stehen die armen Leute der Krisis gegenüber. Die einen halten mit der eigensinnigen Zähigkeit, welche isolierten, dem Strom der Welt entrückten Bevölkerungen eigen ist, an den Tuneras fest und glauben an eine Wiederaufnahme der Cochenille; sie rühmen die Solidität der Naturfarbe gegenüber dem schillernden und vergänglichen Kunstprodukt und wähnen, dass das Publikum immer noch, wie einst, mehr dem Gehalt der Ware als der Mode nachfrage. Andere möchten wohl gern Neues versuchen und denken an die früher getriebene, in Palma nie ganz erloschene, Seidenzucht, die in dem frostfreien Klima sicher gedeihen würde und in dem neuen Gebiet auch wohl gegen die Krankheit der Raupen längere Zeit gefeit wäre; oder an die Wiederaufnahme des Weinbaus, sicher die rationellste und erprobteste Maßregel; viele träumen auch noch von Zucker-Ingenios, ohne zu bedenken, dass sie auf dem zerstückelten Terrain, wo der Großbetrieb nicht möglich ist, nie mit der deutschen Runkelrübe konkurrieren können. In all dem Schwanken geschieht wenig oder nichts, als dass die Verschiffung von Zwiebeln und Kartoffeln nach Puerto Rico und der Habana einige Ausdehnung gewinnt: ein ärmlicher Ersatz für den einst glänzenden Export des Farbstoffs und eine bittere Ironie des Schicksals auf solch privilegierten Boden und im herrlichsten Klima der Erde!

Christ 1886: Was alles an edlem Baumwuchs, an Gruppen uralter Frucht- und immergrüner Zier- und Waldbäume der Cochenille zum Raube fiel, ist gar nicht zu berechnen. Humboldt oder L. v. Buch, wenn sie heute wieder die canarische Landschaft sähen, würden schmerzlich erstaunen ob der Verödung.

Das Klima hat sicher darunter gelitten, vor allem aber die Schönheit der Landschaft, deren Charakter, als ein von Bäumen reichlich durchzogenes Parkland, auf weite Strecken vernichtet wurde... Statt sofort die Kultur zu wechseln, die Kakteen auszureißen und aus dem durch Kulturwechsel erneuerten Boden wieder Wein oder Maulbeeren zu pflanzen, warten die meisten Besitzer immer noch zu, ja, sie verschwenden zum Teil noch Arbeitskraft an Erzeugung neuer Cochenille und hoffen auf die Rückkehr der alten Zeiten.

Meyer 1896: Freilich kamen diese Reichtümer fast nur den spanischen Grundherren zu gut und wurden von diesen größtenteils in Spanien verbraucht. Obgleich nun schon seit zwanzig Jahren die Cochenille für alle Zeiten durch das Anilin verdrängt ist, hoffen die Canarier doch immer noch auf die Wiederkehr der fetten Jahre und können sich nicht entschließen, den mexikanischen Wüstenkaktus in großem Maßstab auszurotten und die Felder wieder mit Obst und Wein oder mit Maulbeerbäumen für die Seidenzucht zu bestellen. Selbst der bloße Getreidebau wäre rentabler als die Kaktuspflanzung, da jetzt noch viel Getreide von Europa und Marocco eingeführt werden muß. Am schlimmsten aber ist das vielfach geübte Verfahren, die Kaktusbestände pflegelos verwildern zu lassen, denn das zähe Gewächs wuchert schnell über seinen ursprünglichen Kulturbezirk hinaus ins Freie und ist deshalb in manchen Gegenden eine wahre Landplage geworden.


AUTOREN

Bernegau, L.

Wirtschaftliches von Madeira, Teneriffa und den Kanarischen Inseln; Der Tropenpflanzer 7; S. 14 - 20; Berlin, 1903

Fritsch, Karl; Rein, J. J.

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Galatti, Georg von

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Hävecker, W.

Teneriffa u. St. Vincent als Kohlenplätze; Ann. d. Hydrograph. u. marit. Meteorol. 27. Jg.; Berlin, 1899

Honegger, Hermann

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Kampf, Walter

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Krause, Aurel

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Mac-Gregor, Francis Coleman

Die Canarischen Inseln nach ihren gegenwärtigen Zustand und mit besonderer Beziehung auf Topographie und Statistik, Gewerbefleiss, Handel und Sitten; ca. 300 S., 2 Karten, 4 kolorierte Kupfer; Hannover, 1831

Minutoli, Julius v.

Die Canarischen Inseln, ihre Vergangenheit und Zukunft; 259 S.; Berlin, 1854

Rung, Richard

Die Bananen-Kultur auf den Canarischen Inseln; Diss. Phil. Fak. Bonn.; Gotha, 1907

Ungern-Sternberg, E. v.

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Wiepen, Eduard

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