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Der Botanische Garten von Orotava Hermann Wildpret

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„Außer dem Pik ist von den Tenerife-Reisenden nichts auf der Insel so oft und ausführlich beschrieben und gepriesen worden wie der botanische Garten“, Meyer 1895 und Bolleter setzte diesen Satz 1909 fort: „und stets wird sein Schöpfer rühmend erwähnt.“

Sein Gründer, nicht der Schöpfer, war Alonso de Nava y Grimon, Marques Villanueva del Prado (1757 - 1832).

Humboldt, der ihn 1799 besuchte, fand „die Errichtung eines botanischen Gartens auf Teneriffa ... als ein sehr glücklicher Gedanke, wegen des doppelten Einflusses, welchen derselbe auf die Fortschritte der Botanik und auf die Einführung nützlicher Pflanzen in Europa haben kann“.

Der Garten war 1799, sieben Jahre nach der begonnenen Anpflanzung, noch wenig reich an Pflanzen, dennoch sammelten Humboldt und Bonpland daselbst reife Samen mehrerer schönen Arten von Glycine aus Australien, die sie mit auf ihre große Reise nahmen und die der Gouverneur von Cumana mit Erfolg pflanzte und seitdem an den Küsten des südlichen Amerikas wild geworden sind.

Die nächsten Nachrichten von diesem Pflanzgarten in deutschen Berichten stammen von Mac-Gregor aus dem Jahre 1831 und sie künden dessen jahrelange Vernachlässigung. „Die Anstalt, mit Sorgfalt geleitet, versprach dem Botaniker die genügendsten Erfolge, als der Unternehmer auf den unglücklichen Gedanken geriet, der spanischen Regierung mit der ganzen Anlage ein Geschenk zu machen. Während der Stürme der Revolution konnte nichts für ihre Unterhaltung geschehen; jetzt scheint man sie völlig aufgegeben zu haben, denn ihre Ländereien werden nur noch zum Kohl- und Kartoffelbau benutzt.“

Minutoli gedenkt 1853 „des traurigen Verfalles des herrlichen botanischen Gartens, „. der Mangel an Interesse und Gemeinsinn der vollständigen Verwilderung und Verwüstung Preis gegeben ist... Es mag dahin gestellt bleiben, ob es gegründet ist, was man erzählt, daß einem benachbarten Grundbesitzer die Benutzung dieses botanischen Gartens gegen die Verpflichtung seiner Unterhaltung überlassen sei; daß derselbe es aber vorgezogen habe, das ausschließlich für den Garten bestimmte Wasser für seine eignen Felder zu benutzen; unbekümmert, ob die Pflanzen und Bäume des ihm anvertrauten fremden Eigentums darüber verdursten und verdorren.“

Schacht fand ihn 1857 nicht „viel besser als ein großer Küchengarten in dem noch einige ausländische Bäume stehen“ und ihm fehlten „hier die Engländer mit ihrer Vorliebe für die Gartenzucht“. Das fand auch Franz von Löher: „Nun wollten Engländer eine Akklimatisationsstätte daraus machen für Tiere wie für Pflanzen. Dies Fremde tun zu lassen litt der spanische Stolz nicht, es wurde erwidert: man wolle dies schon selbst besorgen. Und nachdem sie diese hohe Antwort gegeben, hatten sich die Herren natürlich genug getan. Der Garten verwilderte weiter, bis vor fünfzehn Jahren ein Deutscher, der als Gärtner auf der Insel war, berufen wurde, ihn wieder etwas in Ordnung zu bringen.“

Bolleter beschreibt in BILDER UND STUDIEN VON EINER REISE NACH DEN KANARISCHEN INSELN, 1909, das Leben des Gärtners Wildpret.

„Hermann Josef Wildpret wurde am 5. Oktober 1834 in Warmbach bei Rheinfelden geboren. Nach dreijähriger Lehrzeit als Gärtner in Aarau verbrachte er einige Zeit in Zürich, worauf er sich nach Frankreich wandte, um die französische Sprache zu erlernen. In Besangon erhielt er von dem frühern Direktor des Olsbergerstiftes, Herrn Regierungsrat Lindemann, einen Brief, in welchem ihm dieser mitteilte, daß sein Freund, Herr Hermann Honegger aus Wollishofen, Kaufmann in Santa Cruz auf Tenerife, in der Schweiz weile und auf seiner Rückreise einen jungen Gärtner mitnehmen möchte. Wildpret entschloss sich kurzerhand die Stelle anzunehmen. Im Dezember 1856 reiste er nach Marseille ab, um sich mit Herrn Honegger einzuschiffen.

Wildpret verbrachte nun zwei Jahre in Santa Cruz auf Tenerife als Gärtner des Herrn Honegger. Leider kamen für die Firma schwere Zeiten; das Geschäft mußte aufgegeben werden und Wildpret hatte sich nach einer andern Stelle umzusehen. Er zog nach Orotava im Norden der Insel und etablierte sich dort als Handelsgärtner. Seine Hauptaufgabe bestand in der Anlage neuer Gärten; daneben befaßte er sich mit einem ausgedehnten Samenhandel.

Im Jahre 1860 wurde die Stelle eines Gärtners am botanischen Garten in Orotava vakant; sie wurde Wildpret mit einem Gehalt von 1000 Pesetas angeboten und er nahm sie an. In dieser Stellung verblieb unser Freund vierunddreißig Jahre lang und er hätte sie wohl noch länger innegehabt, wenn er nicht 1893 vom Gouverneur vor die Alternative gesetzt worden wäre, entweder Spanier zu werden oder seinen Posten als Gärtner am botanischen Garten aufzugeben. Mit Entrüstung wies der stets eifrige Vaterlandsfreund das Ansinnen, die Schweizerfahne zu verlassen, von sich, trat von seinem Amte zurück und widmete sich fortan seiner Familie und seinem privaten Geschäfte. Die letzten Jahre seines Lebens brachte er in Santa Cruz zu.


Hermann Wildpret 1834 -1908 Gärtner

Schon im Frühjahr 1908, als die Rikli-Schrötersche Exkursion nach den Kanaren stattfand, fühlte er sich nicht immer wohl, trotzdem sein Humor stets ein goldener war. Nichtsdestoweniger führte er noch im September 1908 die Gesellschaft deutscher Ärzte, welche die Insel behufs Studium des Klimas wegen event. Erstellung von Sanatorien besuchten, durch den Park des Humboldtkurhauses, den botanischen Garten und die Stadt Villa Orotava. Im Oktober nahmen seine Kräfte ab; am 24. dieses Monats schrieb er scherzhaft in einem Briefe, ,daß er vor einigen Tagen geglaubt hätte, bald zur großen Armee abmarschieren zu müssen’. Nur vorübergehend erholte er sich wieder; am 19. Dezember 1908 schloß er nach kurzer Krankheit sein Auge für immer.“

Als Wildpret 1860 die Stelle als Gärtner erhielt, nahm er sofort ein Inventar der vorhandenen Pflanzen auf; es enthielt die Namen von 220 Spezies. Mit Feuereifer machte sich der junge Schweizer an die Arbeit und 1879, als er einen gedruckten Katalog des Gartens erscheinen ließ, war die Anzahl bereits auf 2486 gestiegen.

Das Budget des Gartens belief sich in den Jahren 1860 - 1893 auf 7500 Pesetas: 2000 für den Direktor, 1000 für den Gärtner (Wildpret), 1500 für die Arbeiter, der Rest für Pflanzenankäufe, Dünger, Werkzeug, Bauliches usw. Wildpret hatte während der genannten Zeit acht Direktoren, die weder von Botanik, noch von Pflanzengeographie irgend etwas verstanden; wohl kassierten sie die Summen vom Staate ein, sahen sich aber nicht bemüßigt, auch ihren Untergebenen den wohlverdienten Lohn zu verabfolgen.

Der Schweizer Botaniker Christ schildert die Anlage des Gartens in seiner FRÜHLINGSFAHRT 1885:

„Schon vor der hohen Gartenmauer zeigen uns einige alte Drachenbäume, was uns im Innern erwartet. Die Anordnung ist einfach. Das längliche Rechteck ist der Länge nach durch breite Wege in vier Beete geteilt; die Beete sind mit hochstämmigen Bäumen eingefaßt, die stattliche Alleen bilden; ein großes Wasserbassin, an welchem Wege sich kreuzen, unterbricht das Ganze. Der Gesamtanblick ist entzückend. Palmenkronen der mannigfachsten Art tauchen über dem massiven Laube fremder Bäume auf; alle Formen des Tropenwaldes sind hier in erwachsenen Exemplaren vertreten und wenn sie auch an Schwung und Masse des Wuchses mit ihren heimatlichen Vorbildern keinen Vergleich aushalten, so zeigen sie doch, was eine winterlose Zone zu leisten vermag. Das edle, tief sich neigende Fiederblatt der Königspalme auf dem glatten, verjüngten Aufsatze ihrer Scheiden, das leicht wie Straußenfedern emporstrebende des Cocos und der guineischen Ölpalme, das farnartig zerschlitzte, abgebissene, überaus zerteilte der Caryota, die tief herabfallenden oder steil aufragenden Fächer der Latanien und die stammlosen, aber riesenhaften Fiedern der Carludovica von Panama zeigen uns so ziemlich die gesamte Formenreihe des Palmentypus. Doch allen ebenbürtig, wenn nicht überlegen an glänzendem Grün, an Fülle der Krone und mächtigem Blütenstande ist die einheimische ,Palma canaria’.“

„Doch neben der Pracht der tropischen Gewächse und noch mehr als sie fesseln uns die zahlreichen Seltenheiten der canarischen Flora, deren wilde Standorte meist so vereinzelt und oft so unzugänglich sind, daß die Vereinigung einer größeren Zahl dieser erlauchten und so höchst eigentümlichen Inselflora für den Botaniker weitaus das größte Interesse dieses Gartens bildet. Sind es ja doch fast ausnahmslos Pflanzen, die nur auf den Inseln und in vielen Fällen nur auf einer Insel, ja nur in einem Barranco oder auf einer Felsklippe gefunden sind und dabei nicht etwa schwach ausgeprägte, von gemeinen Arten sich kaum unterscheidende Formen, sondern Pracht- und Kraftgestalten originellster, ja eigentlich idealisierter Anlage.“

Als Bolleter den Garten 1908 besuchte, sah er den „rasch überhandnehmenden Verfall; herrliche Pflanzen sind wegen Mangel an Pflege zugrunde gegangen; manchenorts wuchert üppiges Unkraut; die Etiketten, mit denen Wildpret seine Pfleglinge versah, sind verschwunden oder verblichen. Man sieht, daß der Garten nicht mehr mit der Liebe gepflegt wird, wie dies von seiten Wildprets geschah.“

Aus Dankbarkeit für sein verdienstvolles Wirken haben die Botaniker manche Pflanze nach Wildpret benannt.

AUTOREN

Bolleter, E.

Bilder und Studien von einer Reise nach den Kanarischen Inseln; 179 S.; Abb.; Leipzig, 1910

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