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Adelbert von Chamisso
ОглавлениеAdelbert von Chamisso ist in Deutschland vor allem als Verfasser der Erzählung PETER SCHLEMIHL bekannt und vielleicht durch sein Lied DIE ALTE WASCHFRAU. Weniger bekannt ist seine Teilnahme an der Entdeckungsreise in die Südsee und nach der Beringsstraße zur Erforschung einer nordöstlichen Durchfahrt, 1815 - 1818. Und noch weniger bekannt ist sein kurzer Aufenthalt auf Teneriffa im Oktober 1815.
Adelbert von Chamisso 1781 - 1838 Naturforscher Poet
„Am 28. mittags um 11 Uhr ließen wir auf der Reede von Santa Cruz die Anker fallen... Der Zweck, wofür in Teneriffa angelegt wurde, war, Erfrischungen und hauptsächlich Wein an Bord zu nehmen, da wir bis jetzt nur Wasser getrunken hatten. Zu dem Geschäfte sollten drei Tage hinreichen und es ward uns freigestellt, diese auf eine Exkursion ins Innere der Insel zu verwenden... Ich hatte die erste Gelegenheit benutzt, ans Land zu fahren. Der gelehrte Mineralog Eskolar, dessen Bekanntschaft ich machte, übernahm es lieb- und hilfreich, mir einen Führer für den andern Morgen zu besorgen. Den 29. Oktober früh trat ich mit Eschscholtz die Wanderung an. Wir wollten den gebahnten Weg nach Laguna vermeiden; Senor Nikolas, unser Bote, führte uns irr in den östlichen, felsigen, öden Tälern. Um wenige zerstreut liegende Ansiedelungen sah man den Drachenbaum und die amerikanische Agave und Cactus Opuntia. - Die mehrsten bezeichnenden Formen der tropischen Natur waren dem Menschen hörige, ausländische Gewächse. Wir kamen nach 3 Uhr zu Laguna an. Es begann zu regnen. Wir speisten Weintrauben und besuchten den gelehrten Dr. Savignon, der uns ein Empfehlungsschreiben an Herrn Cologan in Orotava gab... Wir hatten uns verspätet und hätten in Orotava nur Stunden der Nacht zubringen können; wir fanden es angemessen, nicht weiter zu gehen. Ich rauchte, votum solvens eine Pfeife unter einem Palmbaume, schnitt mir zum Andenken ein Blatt desselben ab und gebrauchte die Rippe als Wanderstab; wir suchten ein Unterkommen für die Nacht. Wir mußten bis Matanza zurückgehen, wo wir in einer Hütte Weintrauben fanden und als Lager die nackte Erde. Um animalische Nahrung nicht ganz zu entbehren, hatten wir selber in verschiedenen Häusern Hühnereier aufgekauft... Wir kehrten am 31. bei anhaltendem Regen über Laguna, wo wir noch einen Garten besuchten, nach Santa Cruz zurück. Zuvorkommend traten uns hier verschiedene unterrichtete Bürger entgegen und luden uns ein, Gärten, Naturaliensammlungen, Guanchenmumien zu sehen; unsere Zeit war aber abgelaufen... Auf unserer Wanderung erschien uns im allgemeinen das Volk äußerst arm und häßlich, dabei heiteren Gemüts und von großer Neugierde... Am 1. November 1815 lichteten wir die Anker und verließen die Reede von Santa Cruz.“
Zwischen diesen Erlebnissen schildert Chamisso noch etwas von der Natur, viel mehr hat Chamisso auf der Insel nicht erlebt. Dem jungen Adelbert von Chamisso war es nicht an der Wiege gesungen worden, dass er sich dereinst als deutscher Dichter Ruhm erwerben würde. Einem altfranzösischen Adelsgeschlecht entstammend wurde er am 30. Januar 1781 geboren. Die Eltern flohen vor den Massakern der Revolution durch mehrere Länder bis nach Bayreuth und dann nach Berlin, wo zwei seiner Brüder Miniaturmaler waren. Adelbert von Chamisso wurde Page bei Königin Luise, lernte am französischen Gymnasium Rhetorik und Philosophie und wurde Fähnrich in der preußischen Armee, später Leutnant und schrieb seine Doktordissertation. „Jetzt bin ich Leutnant der Philosophie und Doktor im Regiment.“ In Berlin gab er mit Varnhagen von Ense den MUSENALMANACH heraus und wurde im Kreis der Berliner Poeten heimisch. 1805 verließ Chamisso mit seinem Regiment Berlin und rückte in Hameln ein. Er wollte aus der Armee rauskommen, um nicht gegen seine Landsleute kämpfen zu müssen, was ihm aber erst im Januar 1808 gestattet wurde. Vorher kam er noch in französische Gefangenschaft, erhielt einen französischen Pass, ging wieder nach Berlin, dann nach Paris, lernte Frau von Stael kennen und lebte mit ihr am Genfer See. Dort verliebte er sich - in die Botanik. Ging nach Berlin zurück und hörte als Medizinstudent Vorlesungen über Anatomie, Zoologie, Botanik und Mineralogie. Jetzt schrieb er sein Märchen von Peter Schlemihl. Als Chamisso mal wieder schwermütig bei Julius Hitzig herumsaß, las er in der Zeitung von einer bevorstehenden russischen Entdeckungsreise nach dem Norden. „Ich wollte, ich wäre bei den Russen“, „das läßt sich arrangieren“ meinte Hitzig. Hitzig hatte gute Beziehungen zu August von Kotzebue, dessen Frau die Schwester von Adam Krusenstern war. Sein Sohn Otto von Kotzebue wurde Leiter der russischen Expedition zur Erforschung der Nordostpassage. Chamisso reichte seine Bewerbungsunterlagen ein und wurde als Naturwissenschaftler angenommen. Am 9. August 1815 betrat er in Kopenhagen den ,Rurik’. Ende Oktober 1818 war er wieder in Berlin.
Die ENTDECKUNGSREISE IN DIE SÜDSEE, 1821 in Weimar erschienen, enthält im dritten Bande Chamissos Bemerkungen und Ansichten. Sollte sie enthalten! Fast zwanzig Jahre nach der Reise schreibt er: „Der einzige Vorteil, den ich mir von meinen Bemühungen während und nach der Reise als Naturforscher und Schriftsteller versprechen durfte, war, diese von mir geforderten Denkschriften vor dem Publikum, für welches sie bestimmt waren, in reinem Abdruck und würdiger Gestalt erscheinen zu sehen. Der Erfolg entsprach nicht meiner Erwartung. Was ich geschrieben, war von unzähligen sinnzerstörenden Druckfehlern an vielen Stellen verfälscht und unverständlich und dieselben in einem Errata anzuzeigen, wurde mir bestimmt abgeschlagen. In einer eigenen Abhandlung, die mir zugeschrieben werden konnte und zugeschrieben worden ist, trug Eschscholtz über die Koralleninseln hergebrachte Meinungen wieder vor, die widerlegt zu haben ich mir zu einem Hauptverdienst anrechnete.“ Und so gibt Chamisso seinen Reisebericht 1836 noch einmal selbst heraus. Er enthält auch umfangreiche Sammlungen zu den Sprachen der Bewohner der Südsee. 1837 übergibt er der Akademie der Wissenschaften in Berlin eine vergleichende Grammatik der hawaiianischen Sprache. Das Lexikon dazu blieb unvollendet. Adelbert von Chamisso starb am 21. August 1838.
An der Expedition nahmen außer Chamisso auch die beiden Naturforscher Eschscholtz und Wormskiold teil. Wormskiold hatte eine „eifersüchtelnde Nebenbuhlerschaft, die leider unter den Gelehrten nicht unerhört ist“. Noch in Berlin plagte sich Chamisso damit. Chamissos Serapions-Bruder E. T. A. Hoffmann gestaltet den Erfolgsneid und tödlichen Streit zweier missgünstiger Wissenschaftler in der Erzählung HAIMATOCHARE. Auch für Hoffmanns DATURA FASTUOSA gab Chamisso die Idee für die Erzählung.
Nach seiner Rückkehr von der Weltreise wurde Chamisso Kustos am Botanischen Garten in Berlin. Seine mitgebrachten Sammlungen bekamen die Museen der Stadt.
Chamisso, von Geburt Franzose, sprach und schrieb ein vorzügliches Deutsch. Der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm schrieb ihm 1836: „Wo haben Sie das Goethesche Deutsch her? Manche Franzosen haben wohl ein Herz für Deutschland und seine Sprache gewonnen, aber nie hat irgend einer es dem Besten gleich und darüber hinaus getan in der Sprache, wie dies von Ihnen geschehen.“ Mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis werden seit 1985 in Deutschland Autorinnen und Autoren nichtdeutscher Muttersprache ausgezeichnet.
AUTOREN
Chamisso, Adelbert von
Die Entdeckungsreise in die Südsee und nach der Beringsstrasse zur Erforschung einer nordöstlichen Durchfahrt, unternommen in den Jahren 1815 -1818 auf Kosten sr. Erlaucht des Herrn Reichskanzlers Grafen Rumanzoff auf dem Schiffe Rurik; Weimar 1821
Reise um die Welt mit der Romanzoffischen EntdeckungsExpedition; in den Jahren 1815 - 1818; Berlin 1836