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25 Jahre später: Unfriede, Unzufriedenheit und politisches Chaos

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Unfriede, Unzufriedenheit und politisches Chaos: Mit diesen wenigen Worten lässt sich die Situation im Mitteleuropa der Zeit zwischen 1450 und 1500 umschreiben.

Je nach Blickwinkel wird sie heutzutage als Zeit des Umbruchs, der Auflösung oder der Vielfalt gesehen.

In jedem Fall verabschiedete sich das Mittelalter aus der europäischen Geschichte mit den größten gesellschaftlichen Umwälzungen seit dem Ende des Römischen Reiches und der Völkerwanderung.

Staat und Kirche waren über jegliches vernünftige Maß hinaus marode und korrupt geworden. Politische Berater und Unterhändler verwendeten ihre meiste Energie darauf, nur noch die Bestechungssummen, welche zur Erlangung ihrer Ziele bei Ständeversammlungen, Reichstagen oder Konklaven notwendig waren, zu berechnen. Richtige Politik wurde fast nicht mehr gemacht, Intrigen und Korruption hatten die Mittel der Diplomatie ersetzt.

Schlimmste Höhepunkte der vorherrschenden Unfähigkeit und Dekadenz waren der Habsburgerkaiser Maximilian I., sein Cousin Siegmund ›der Münzreiche‹ sowie der legendäre Borgiapapst Alexander VI.

Obwohl Maximilian I. als ›letzter Ritter‹ und als Wegbereiter des habsburgischen Weltreiches in die Geschichte eingegangen ist, war er in finanziellen Dingen derart unfähig, dass man ihm heute nicht einmal eine Portokasse anvertrauen würde. Gleiches gilt für Siegmund, der als Regent von Tirol sogar trotz reicher Edelmetallminen ungeheure Schulden anhäufte.

Nur das Finanzgenie eines Jakob Fugger konnte sowohl Habsburg mit großzügigen Krediten im Tausch für weit reichende Privilegien wie auch die Kirche, die mit Fugger einen schwunghaften Reliquien- und Ablasshandel betrieb, über die Halbjahrtausendwende retten.

Der Klang der Reformation, die von Fugger nur aufgehalten, nicht jedoch abgewendet werden konnte, war dafür umso lauter.

Die Bevölkerung, die in den 200 Jahren zuvor durch Hungersnöte und Pestepidemien arg dezimiert worden war, hätte sich jetzt von diesen Schrecken erholen können, doch war dies nunmehr aus anderen Gründen nicht möglich: Durch den Niedergang des Rittertums und der höfischen Kultur hatten Raubrittertum, Wegelagerei und Fehde(un)wesen ein Ausmaß erreicht, welches die einfache Landbevölkerung in Angst und Schrecken versetzte. Landflucht war die logische Folge. In den Städten hatte die Kirche immer weniger Macht, und so schlug die Unzufriedenheit der Gläubigen auch gerne einmal in Unfrömmigkeit um.

Die Einnahme des als uneinnehmbar geltenden Konstantinopel im Jahre 1453 durch die Türken schürte nicht nur die Unsicherheit, sondern blockierte auch jahrhundertealte Handelswege zum Orient und den allseits begehrten Gewürzen. Doch anstatt gemeinsam gegen die drohende Gefahr anzugehen, verzettelten sich Habsburger, Ungarn und der Apostolische Stuhl in ebenso unergiebigen wie sinnlosen Machtkämpfen und Kriegen.

Auch das zerstückelte Heilige Römische Reich Deutscher Nation, bestehend zum einen Teil aus Hunderten kleiner Landesfürsten, von denen manche ihr ganzes Reich vom Turm ihrer Burg aus überschauen konnten, zum anderen aus etablierten Mächten mit straffer Verwaltung, wie Bayern, Württemberg, Sachsen, Brandenburg oder den geistlichen Kurfürstentümern Köln, Mainz und Trier, litt unter der ständigen Vermischung von Staat und Kirche.

Die Keime von Reformation und Revolution, für die späteren Bauernkriege sowie den noch späteren Dreißigjährigen Krieg wurden in diesen Jahren gelegt.

Und während in Norditalien Architektur und Kunst in einem Rausch aus Farben und Formen förmlich explodierten, wurden weite Teile Deutschlands immer noch von der simplen Geometrie des Fachwerkbaus beherrscht. Ein größerer Kontrast zur kühnen Domkuppel von Florenz war kaum vorstellbar.

Dennoch, gefördert durch die Erfindungen des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, Entdeckungen der großen Seefahrernationen und neue Erfindungen von Menschen vom Schlage eines Leonardo da Vinci, trieben Aufklärung, Renaissance und Reformation auch in Deutschland bereits zarte Blüten.

So also sah es in Mitteleuropa aus, als unsere Geschichte ihren Fortgang nahm.

Das Erbe des Bierzauberers

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