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Kriege sind absurd

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Der Krieg ist also als dichterischer Stoff bereits genügend motiviert. Da muss er nicht auch noch sinnvoll oder gar heilig sein. Dass er tatsächlich absurd ist, gehört bei Homer zum Reiz des Krieges. Es ist Teil der Dramaturgie.

Wer hat nicht schon beim Blick in die Geschichte gedacht: Warum machen die Mächtigen ihre Händel nicht einfach unter sich aus? Warum steigen sie nicht einfach in den Ring, verprügeln einander und entscheiden so ihre Streitsache unter sich? Müssen sie immer gleich eine ganze Generation junger Männer mit in den Tod reißen?

Homer hat genau das dargestellt: Die beiden Sturköpfe, die für das Trojanische Kriegsgemetzel verantwortlich sind – der um Helena betrogene König Menelaos und ihr Entführer, Prinz Alexander –, stellen sich dem Zweikampf. Und es wäre zu einer Entscheidung gekommen, wenn nicht Aphrodite zugunsten Alexanders eingegriffen hätte.

Mehr als einmal lässt Homer seine Kriegshelden sagen: Leute, wir schmeißen hin. Eigentlich sind wir verrückt, uns wegen einer Frau, noch dazu einer treulosen, hier gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, während zu Hause unsere eigenen Familien auf uns warten. Gerade Achill, der unerbittlichste Kämpfer der Griechen, äußert immer wieder, wie sinnlos der ganze Krieg sei. „Überredet mich nicht, in die Schlacht zurückzukehren“, weist er den bittenden Odysseus ab, „das Schicksal des Kämpfers und dessen, der zu Hause bleibt, ist ja doch dasselbe. Der Feige und der Tapfere sind gleich geehrt. Der Faule und der Fleißige müssen beide sterben. Ich habe mich abgeplagt und meine Haut zu Markte getragen, alles vergeblich“ (Il 9,315ff). Sinnlos ist auch die Genugtuung, die Zeus ihm auf Bitten seiner Mutter verschafft hat: die Demütigung Agamemnons und die Wiederherstellung seiner Ehre. „Was nützt mir das“, winkt Achill ab, „jetzt, wo mein bester Freund gefallen ist?“ (Il 18,80f).

Dieselbe Stimmung erfasst Achill, nachdem er das zweite Ziel seiner Rache erreicht hat: den Tod Hektors. Zum Entsetzen der Trojaner hat Achill die nackte Leiche Hektors an seinen Streitwagen gehängt und durch den Dreck geschleift. Doch am Ende der Ilias sitzt Achill weinend mit Hektors Vater im selben Zelt. Der greise König Trojas weckt in dem Krieger die Sehnsucht nach dem eigenen Vater. Da fällt ihm die Feindschaft wie Schuppen von den Augen. Der Zorn des Achill ist an sein Ziel gekommen.

Nicht umsonst war es der Gedanke an die eigenen Lieben, der Achill besänftigt hat. Denn in der Welt Homers kommt es vor allem darauf an, zu den Seinen zu halten. In der Ilias, verfasst von dem jungen Dichter, bedeutet das: für die eigene Seite in die Schlacht ziehen, egal wer im Recht ist. Anders in der altersweisen Odyssee.

Von Homer zu Jesus

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