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A 1.4.2 Zur Idee der Zeit als Struktur: dynamische Gestalt

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Sobald in der Metapher des Zeit-Flusses der allozentrische Gedanke einer linearen Zeit-Richtung gefasst wird, ist, dem principium significationis gemäß, auch der der entgegengesetzten Zeit-Richtung gefasst. Das ist der logische Grund dafür, warum es richtig ist anzunehmen, dass die sogenannte Modalzeit in der allozentrischen Vorstellung eines linearen Zeitflusses bereits vorausgesetzt wird (vgl. Elias 1984, S. 44 f.; Gloy 2006, S. 164–166). In ihr, der Modalzeit, verdichten sich diese beiden Zeit-Richtungen zu einer spezifischen Zeit-Struktur, in der dem Subjekt sowohl das Frühere, das sich ihm als Vergangenheit zeigt, als auch das Spätere, das sich ihm als Zukunft zeigt, zugänglich ist.

Diese Struktur wird von McTaggart als A-Reihe gefasst. Im Unterschied zur B-Reihe, deren lagezeitliche Bestimmungen statisch sind – ein Ereignis ist entweder früher oder später als ein anderes (vgl. Kap. A 1.4.1) – sind die modalzeitlichen Bestimmungen der A-Reihe dynamisch: ein Ereignis, das gegenwärtig ist, war zukünftig und wird vergangen sein (vgl. McTaggart 1908, S. 67). Eben deshalb ist es sinnvoll, statt von einer Reihe von einer dynamischen Gestalt oder einem gegenstrebigen Gefüge zu sprechen: einem Gefüge, das durch zwei Transzendenzen oder Zeit-Strebungen gekennzeichnet ist, die vom strebenden Subjekt, das sich im Zeit-Fluss befindet, »zusammengefügt« werden.

Wie ist dieses »Zusammenfügen« zu verstehen? Wird das Subjekt reflexiv, d. h. als Selbst-Bezug bestimmt, zugleich aber empirisch als zeitliches Subjekt verstanden, dann verhält es sich zu sich selbst auch als einem vergangenen und zukünftigen Subjekt (retentional/protentional, erinnernd/erwartend; vgl. Kap. A 1.5). Als erlebendes Subjekt ist es jedoch für sich Gegenwart und deshalb stellt auch sein Vergangenheits- und Zukunfts-Bezug einen Gegenwarts-Bezug dar. Das heißt, die Gegenwart des Subjekts kann stets als Synthese seiner Vergangenheit und Zukunft verstanden werden. Sein Zusammenfügen ist ein synthetisierendes Geschehen (vgl. Theunissen 1991, S. 58 f.; Kupke 2009, S. 46 f., 94 passim).

Die modale Zeit ist daher genauer als dimensionierte Zeit zu verstehen, ihre Zeitmodi sind eigentlich Zeitdimensionen. Denn so wie die Gegenwart aufgrund ihres Gefügecharakters nicht als statisches Jetzt, sondern als ein je schon transzendiertes Jetzt erlebt wird – als »Zeithof« oder »Zeitfeld«, wie Husserl sagt (Husserl 1893, S. 33 und S. 42) –, wird dem Subjekt auch seine Vergangenheit nicht als statischer Block gegenwärtig, sondern als eine Zeit, die ihre eigene, jetzt aber vergangene Zukunft hatte, und auch die Zukunft nicht als ein dem Subjekt völlig Fremdes, ganz Anderes, sondern als eine Zeit, die ihre eigene, jetzt noch zukünftige Vergangenheit haben wird (vgl. Süsske 2000; Kupke 2011).

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