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3.3 Ausmaß und Gründe intersektoraler Vergütungsunterschiede

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Das Ausmaß der intersektoralen Vergütungsunterschiede hat das IGES Institut in einer Studie im Auftrag des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) anhand ausgewählter Fallbeispiele dargestellt (Albrecht und Al-Abadi 2018). Ausgewählt wurden fünf Krankheiten bzw. Behandlungsverfahren, die sowohl stationär als auch ambulant (in einem Fall belegärztlich) versorgt werden können. Es handelt sich überwiegend um Fälle mit ambulant-sensitiven Diagnosen und nicht-operativer Behandlung, die einen geringen Schweregrad sowie unterdurchschnittliche Verweildauern aufweisen. Die Fallbeispiele zählen in der stationären Versorgung zu den 50 häufigsten Fallgruppen.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Gegenüberstellung der Vergütungen für das Fallbeispiel nicht schwerer kardialer Arrhythmien und verdeutlicht das Vorgehen ( Tab. 3.1). Ausgangspunkt des Vergütungsvergleichs bildet die DRG-Fallpauschale (hier: F71B). Anhand der Daten des G-DRG-Browsers wurde ermittelt, welche Hauptdiagnosen und Behandlungsprozeduren am häufigsten zusammen mit dieser DRG dokumentiert wurden. Zu den häufigsten Diagnosen wurden vom Zi in Kooperation mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die in den vertragsärztlichen Abrechnungsdaten abgebildeten Leistungsketten und die hierbei am häufigsten abgerechneten EBM-Ziffern nach inhaltlich-medizinischer Plausibilitätsprüfung ausgewählt.

• Die Vergütung für die stationäre Behandlung wurde für kurzstationäre Aufenthalte (Verweildauer von einem oder zwei Tagen) gemäß dem DRG-Katalog 2019 (Bundesbasisfallwert: 3.544,97 €) berechnet. Die Krankenhäuser erhalten im Rahmen der dualen Finanzierung zusätzliche Mittel zur Investitionsfinanzierung. Daher wird der DRG-Fallpauschale ein Zuschlag für Investitionskosten gemäß den Investitionsbewertungsrelationen hinzugerechnet.6 Abgezogen werden hingegen die Anteile der DRG-Fallpauschalen, die zur Deckung von Kosten für Arznei- und Sachmittel enthalten sind, denn diese Kosten sind i. d. R. auch nicht Gegenstand der EBM-Vergütungen.

• Die Vergütung für die ambulante Behandlung wurde auf Basis des EBM für das Jahr 2019 berechnet (Punktwert entspricht dem Orientierungswert in Höhe von 10,8226 Cent). Da die Höhe der Grundpauschale nach Altersgruppen variiert, wurde anhand der Altersstruktur der stationären Fälle ein gewichteter Durchschnittswert ermittelt.

Der Vergütungsvergleich zeigt, dass die stationäre Behandlung eines Patienten mit nicht schwerer kardialer Arrhythmie bei einem Krankenhausaufenthalt von einem Tag (mit keiner oder einer Übernachtung) um das 2,6-fache höher vergütet wird als die entsprechende ambulante Behandlung. Erstreckt sich der Krankenhausaufenthalt über zwei Nächte, vergrößert sich der Vergütungsabstand deutlich auf das 7-fache.

Auch die anderen, für die o. g. Studie gewählten Fallbeispiele haben gezeigt, dass die Vergütung für eine stationäre Versorgung stets höher ist als die für eine ambulante Behandlung eines entsprechenden Falles und dass die Vergütungsdifferenz mit der Dauer des Krankenhausaufenthaltes wächst. Die Höhe der Vergütungsunterschiede variiert aber teilweise deutlich je nach Erkrankung bzw. Behandlungsverfahren: Für die ausgewählten Fallbeispiele reicht sie von einer um rd. 27 % höheren DRG-Vergütung bei gastroenterologischen Erkrankungen (G67C) bei einem Tag Verweildauer bis zum 10,3-fachen bei Diabetes mellitus (K60F) mit zwei Tagen Verweildauer.

Welche Gründe haben diese teilweise sehr großen intersektoralen Vergütungsunterschiede? Eine wesentliche Ursache sind die hohen Infrastrukturkosten von Krankenhäusern: Ihr Betrieb verursacht deutlich höhere Gemeinkosten durch die Vorhaltung von räumlichen und apparativen Kapazitäten sowie von ärztlichem und nicht-ärztlichem Personal aus unterschiedlichen Disziplinen, teilweise rund um die Uhr. Dieser Umstand spiegelt sich auch im Vergütungssystem für stationäre Leistungen wider: Für die Kalkulation werden die Gemeinkosten im Rahmen einer Vollkostenrechnung auf Basis von tatsächlichen Kosten7 als Zuschläge den DRG-Fallgruppen als Kostenträger zugeordnet. Im Unterschied zu dieser Ist-Kostenrechnung werden bei den Vergütungen gemäß EBM unterschiedliche Kostenarten als Soll-Kosten den einzelnen ambulanten Leistungen zugerechnet. Die Soll-Höhe orientiert sich u. a. an dem unterstellten Zeitbedarf für diese Leistung und resultiert teilweise aus Schätzungen, teilweise auch aus normativen Setzungen (z. B. kalkulatorischer Arztlohn). Im Ergebnis berücksichtigt das DRG-Vergütungssystem auch vorgehaltene Arbeitszeit bei fehlender Auslastung, das EBM-Vergütungssystem hingegen leistungsbezogene Norm-Arbeitszeiten ( Tab. 3.1).

Tab. 3.1: Vergütungsunterschiede stationär (DRG) und ambulant (EBM) für Fälle mit nicht schweren kardialen Arrhythmien (2019) (Quelle: IGES auf Basis der InEK-Kalkulationsgrundlagen und des EBM)


Stationär (DRG)Ambulant (EBM)1 Tag2 TageEBM-ZifferBezeichnungPunkteEuro

Darüber hinaus unterscheiden sich die Vergütungssysteme für stationäre und ambulante Leistungen in weiteren Punkten. Beide trennen zwar die Kalkulation in eine Strukturkomponente (Bewertungsrelationen bzw. Punktzahlen) und eine Niveaukomponente (Landesbasisfallwerte bzw. Punktwert), die Struktur der Vergütungspositionen folgt aber unterschiedlichen Prinzipien. Die DRG-Fallpauschalen beziehen sich auf umfassendere Leistungsbündel, die EBM-Vergütungen sind stärker einzelleistungsorientiert. Für die Anpassung des Preisniveaus gelten unterschiedliche Vorgaben und Orientierungsgrößen. Die DRG-Vergütungen werden jährlich umfassend angepasst, die EBM-Vergütungen hingegen nur partiell und anlassbezogen. Schließlich sind für die Entwicklung der Vergütungssysteme auch unterschiedliche Institutionen zuständig.

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