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3. Wie wirken Celebrities und Influencer? Die Wirkungsperspektive

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Für Unternehmen gehört im Markenmanagement zu den zentralen Herausforderungen, die Identität der eigenen Marke mit möglichst alleinstellenden Eigenschaften auszustatten und als Image in den Köpfen und Herzen der Zielgruppe so positiv zu verankern, dass die Marke gegenüber den Wettbewerbern bevorzugt wird.14 Die hohe Austauschbarkeit der Qualitätsnachweise und funktionalen Nutzenversprechen von Produkten und Dienstleistungsangeboten erfordert künftig mehr denn je den Aufbau von starken Marken als Rettungsschirme, die eine einzigartige Persönlichkeit ausstrahlen und erstrebenswerte Glückszustände verheißen, die ihren Zielgruppen Erfüllung geben, Unverwechselbarkeit verleihen, Zugehörigkeit versichern und Wertschätzung schenken bis hin zu dem exklusiven Gefühl, mehr sein zu können.15

Der ökonomische Mehrwert von Marken beruht letztlich auf dieser psychologischen Kraft, durch die Menschen den Versprechen von Marken glauben, von ihnen fasziniert werden, sie lieben, ihnen Vertrauen schenken und über lange Zeit unverbrüchlich zu ihnen stehen. Vor diesem Hintergrund dient Celebrity#Influencer-Marketing prinzipiell dazu, die Vorteile der Marke und ihres Besitzes in der Zielgruppenwahrnehmung zu erhöhen.16 Mit dem finanziellen Mehr an Investment ist das unternehmerische Mehr an Erwartung verbunden, dass Celebrities wie Influencer durch ihr Auftreten für die Marke die Ziele zur Steigerung der Bekanntheit, Sympathie und eines bestimmten positiven Markenimages schneller und stärker erreichen als ohne ihren Einsatz. Daher muss der Nachweis angetreten werden, ob diese Wirkungsvorteile tatsächlich gerechtfertigt sind und sich auszahlen.

Im Kern geht es um die Frage, welche Wirkungsbeziehungen für den Markenerfolg wie ausgeprägt sein müssen zwischen der werblich auftretenden Celebrity auf der einen, der beworbenen Marke auf der anderen und der Zielgruppe auf der dritten Seite, bei der die Marke positioniert werden soll. Das komplexe Wechselspiel zwischen diesen drei Größen veranschaulicht Abbildung 2, welche wesentliche Annahmen und Variablen der einschlägigen Erklärungsmodelle zur Wirkung von Celebrities und Influencern in der werblichen Kommunikation integriert. All diese Ansätze gehen von drei psychologischen Konstrukten aus, die sich gegenseitig bedingen: Übertragung – Ähnlichkeit – Passung.17 Während die Übertragung den grundlegenden kognitiven Prozess beschreibt, gibt die wahrgenommene Ähnlichkeit die Transferrichtung vor, deren Zielzustand die erlebte Passung darstellt, die wiederum wesentliche Erfolgsgrößen der Werbe- und Markenwirkung beeinflusst. Bevor wir diesen Prozess näher betrachten, wollen wir auf einen wichtigen Aspekt eingehen, den Abbildung 2 ebenfalls verdeutlichen soll – den Einfluss kultureller Bedeutungen auf den Wirkungsprozess.

Abb. 2: Modell zur Wirkung von Celebrities und Influencern in der Markenkommunikation

Für den Erfolg von Celebrity#Influencer-Marketing muss auf Seiten der Zielgruppe prinzipiell eine dreifache Transferleistung hinsichtlich der Ähnlichkeitsbeurteilung und Passungsbewertung erbracht werden: Passen Celebrity und Marke zueinander? Ist die Marke etwas für mich? Wie stehe ich zur Celebrity?18 Dabei geht es nicht um ein einfaches Bejahen oder Verneinen, sondern um die persönliche Zuschreibung und Gewichtung von Bedeutungen: Was macht für mich diese Marke eigentlich aus? Und weshalb ist mir die Celebrity sympathisch? Das klingt nach viel Aufwand und konzentrierter Schwerstarbeit, jedoch werden diese Fragen in Millisekunden meist nahezu unbewusst und automatisch gelöst.19

Denn Menschen leben in aller Regel für einen längeren Zeitraum in einer bestimmten Kultur und fühlen sich in einer Gesellschaft zu Hause, in der sie bezüglich der Werte, Normen und Trends sozialisiert und integriert sind. Infolgedessen können sie unmittelbar und leicht die vermittelten Bedeutungsinhalte von Dingen, Zeichen, Gesten, Redewendungen usw. aus ihrem näheren und weiteren Umfeld erkennen und verstehen, ihren Sinn interpretieren und passend bewerten. Wie automatisch dieser Prozess abläuft, wird bewusst, wenn eine bestimmte Bedeutung nicht der erwarteten Zuschreibung entspricht, wie zum Beispiel bei der Farbe „weiß“, die in westlichen Kulturen für das Reine und Unberührte steht (Brautkleid) und in östlichen Kulturen wie Japan den Tod symbolisiert.

Insofern hängt der Einfluss von Celebrities und Influencern, die zugunsten von Marken auftreten, von den Bedeutungsinhalten ab, die für den jeweiligen soziokulturellen Kontext gültig sind und bei der Zielgruppe aktiviert werden können.20 Zu den kulturellen Bedeutungsinhalten mit hoher Einflusskraft zählen Alter, Geschlecht, sozialer Status, Lebensleistung, Persönlichkeit und Lebensstil. Prominente können besondere kulturelle Bedeutung erlangen, wenn sie in einer Gesellschaft ein Stück weit durch ihre Standpunkte, Weltanschauungen, aber auch Moden und Habitus vorleben und mitdefinieren, wie Schönheit, Erfolg, Stil und ein erfülltes Leben gehen. Auf diese Weise werden sie zu Leitbildern für Menschen. Ein Beispiel für diese besondere zusätzliche Bedeutung ist der „Promi-Status“, den Menschen bereits einfachen Dingen zuschreiben, die prominenten Personen gehört haben und für die sie bereitwillig einen höheren Preis zahlen würden.21 Als Repräsentanten und Übermittler solcher für viele Menschen wünschenswerten Eigenschaften sind Prominente auch für die Werbung attraktiv, weil oftmals das (Konsum-)Verhalten an erwünschten Leitbildern orientiert wird.

Kommen wir nun zu den drei zentralen Bestandteilen des Wirkungsprozesses von Celebrity-Werbung: Übertragung - Ähnlichkeit - Passung. Die kognitive Fähigkeit der Übertragung dient als Mittel zur assoziativen Bildung von Wissensstrukturen durch Vergleich, Zuordnung und Kategorisierung.22 Nicht nur einfache Merkmalseigenschaften wie Farbe, Form und Aussehen werden von Gegenständen und Lebewesen auf andere übertragen, sondern auch abstrakte, symbolische Bedeutungen im Sinne von Metaphern und Analogien. Für Marken und Celebrities bzw. Influencer sind zwei besondere Übertragungsqualitäten wichtig: Animismus und Stereotypisierung.

Der Animismus beschreibt die Tendenz von Menschen, die materielle Welt zu „beseelen“ und sie dadurch zugänglicher, emotionaler zu machen, indem Dingen, aber auch Phänomenen, Pflanzen und Tieren Namen verliehen und Persönlichkeitseigenschaften zugeschrieben werden.23 So können wir uns vorstellen, dass es einen „Stein der Weisen“ gibt und magische Orte der Wunderheilung, dass Tarotkarten in die Zukunft blicken lassen, der Wolf bösartig und das Schaf dumm ist, ja selbst ein unheilvolles Sturmtief einen Vornamen tragen kann – mit absurden Folgen: Hurrikane mit weiblichen Vornamen werden als weniger risikoreich eingeschätzt, so dass Menschen weniger Schutzmaßnahmen treffen als bei Luftwirbeln mit männlichen Namen.24

Für Marketing und Werbung eröffnet das Bedürfnis zur Vermenschlichung noch größere Freiheiten in der assoziativen Verknüpfung von Eigenschaften mit Produkten und Marken, die weit über den funktionalen Erfahrungshorizont hinausgehen. So können relativ unproblematisch für die Glaubwürdigkeit einfacher Produkte fantastisch anmutende Qualitäten wie „verführerisch zart“, „blütenweiß rein“, „gefühltes Gold“ oder „himmlisch leicht“ angedichtet werden. Noch wichtiger sind die Implikationen der Seelenverleihung für das Wesen von Marken: Sie können mit spirituellen Bedeutungen aufgeladen werden und Persönlichkeitszüge erhalten, die sie sympathisch und einzigartig profilieren. Ein schlauer Fuchs weiß um geldwerte Finanzvorteile, BMW tritt ehrgeizig und temperamentvoll auf, Beck’s macht Lust auf Abenteuer, die Allianz besitzt einen ordnungsliebenden, soliden Charakter, Haribo macht Spaß, und Apple ist das Synonym für einen kreativen Lebensstil.

Die Stereotypisierung ist für das Celebrity#Influencer-Marketing besonders bedeutsam, denn im Unterschied zum Animismus bezieht sich dieser Prozess auf Menschen. Danach kategorisieren Menschen die Intelligenz, Kompetenz und Persönlichkeit anderer Menschen automatisch und unbewusst nach bestimmten, meist äußerlich hervorstechenden Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Körperbau oder Haarfarbe.25 Die Tendenz zur stereotypen Vereinfachung kommt sowohl bei Menschen aus dem persönlichen Umfeld wie auch in entfernten Erfahrungsbereichen zur Anwendung. Bei prominenten Persönlichkeiten wird die Typenbildung meist noch zusätzlich durch die Medien (vor)geprägt. Filmstars werden zu Stereotypen ihrer Rollen, wie Romy Schneider als ewige Sissi, und bekannte Fußballer erfüllen Klischees, wie Lukas Podolski als Deutschlands letzter Straßenfußballer. Als Wunsch-Projektionsfläche kommt es gerade bei besonders populären Celebrities zu idealtypischen Überzeichnungen. Dazu zählt etwa die Superlativierung von Lionel Messi zum (Fußball-)Gott oder auch die Ikonisierung von Angelina Jolie zum globalen Sex-Symbol (2004 als „sexiest woman alive“ trotz mehr als 3,5 Milliarden Frauen auf diesem Planeten).

In Marketing und Werbung sind Stereotype wichtig, weil vereinfachte Sicht- und Deutungsweisen strategisch leichter aufbaubar, steuerbar und vermittelbar sind als komplexe Persönlichkeiten in noch komplexeren Lebenswelten. Celebrities bieten sich insbesondere für den Transfer stereotyper Bedeutungen zur Welt der Schönen und Reichen an, wie den Mann von Welt oder den Stil der Diva. Stereotype Kategorienmerkmale können auch ganz leicht auf Produkte, Marken und Menschen übertragen werden. Paradebeispiel ist der positive Spill-over-Effekt zwischen George Clooney und der Marke Nespresso. Als Stereotyp des charmanten Gentlemans hat er die Marke mit seinen Werbeauftritten erfolgreich zu „dem“ Begleiter für den Mann von Welt in Sachen Kaffeegenuss gemacht.

Das Ähnlichkeitsprinzip bestimmt die Richtung der Übertragung. Ähnlichkeiten ergeben sich grundsätzlich, wenn zwischen Wahrnehmungsinhalten gleichsinnige, konsistente Verbindungen assoziiert werden. Wie bei der Übertragung gilt auch für Ähnlichkeitsbeziehungen, dass sie keinen faktischen Gegebenheiten entsprechen müssen, um als gültig oder „wahr“ erlebt zu werden. Für die Erzeugung einer Ähnlichkeitsbeziehung reicht oft werbetechnisch der Kontingenzeffekt aus.26 Obwohl beispielsweise eine Kreditfinanzierung auf den ersten (und auch den zweiten) Blick nichts mit einem Basketballer zu tun hat, wird die freundliche und natürlich-unverfälschte Art von Dirk Nowitzki durch das wiederholte, gemeinsame Auftreten mit der ING-DiBa mit der Direktbank-Marke assoziiert (mit Erfolg, wie Jens Lönneker und Henner Mamane in ihren Beiträgen finden). Es ist allerdings von Vorteil, die Ähnlichkeitsbeurteilung für die beworbene Zielgruppe weitgehend zu erleichtern, indem Darstellungen auf derselben Vergleichsdimension realisiert werden, wie zum Beispiel zwischen der Spitzenleistung von Fußballstar Ronaldo und den Performance-Ansprüchen von Nike.

Ziel von Ähnlichkeitsbeurteilungen ist die Passung, die tief in dem menschlichen Bedürfnis nach innerer harmonischer Balance durch ein Leben im Einklang mit sich und der Welt verwurzelt ist.27 Prinzipiell geht mit einer hohen wahrgenommenen Ähnlichkeit auch das Gefühl einher, dass es zueinander passt.28 Bei sehr hoher erlebter Übereinstimmung zwischen Konsument und Celebrity kann sich sogar eine Identifikation mit der prominenten Person entwickeln, die dem Gefühl des Einsseins nahekommt.29 So verwundert nicht, dass Julia Roberts in der La vie est belle-Kampagne die Macht zugesprochen wird, die Zielgruppe von Lancôme an einen idealisierten Ort zu zaubern.30 Den besonders positiven Einfluss von Markenwerbung auf die Fans der werbenden Celebrity innerhalb einer Zielgruppe belegt auch Daniel Althaus in seinem Beitrag.

Halten wir fest: Die Wirkung von Celebrities und Influencern in der Markenkommunikation beruht auf der von der Zielgruppe wahrgenommenen Kongruenz im Sinne von Ähnlichkeit und Passung in dem Wirkungsdreieck Marke – Prominenter – Zielgruppe.

Entscheidend ist nun die Klärung der Frage, auf welchen Dimensionen aus dem Universum möglicher Kriterien eine Übereinstimmung zwischen Celebrity, Marke und Zielgruppe erfolgen sollte, um einen positiven Einfluss auf zentrale Erfolgsgrößen der Werbe- und Markenwirkung zu erzielen. Wie Abbildung 2 zeigt, wird das wahrgenommene Image einer Celebrity vor allem durch ihre Attraktivität, Expertise, Vertrauenswürdigkeit und Persönlichkeit bestimmt.31 Ähnlich ist für die Identität einer Marke ihre Leistung, Kompetenz, Persönlichkeit und Wertehaltung wichtig.32 Das Selbstkonzept als dritte Größe besteht aus den zentralen Einschätzungen eines Menschen zur eigenen Persönlichkeit, Intelligenz und Kompetenz, die seine Person im Wesentlichen ausmachen und damit essenziell für sein Selbstwertgefühl und die eigene Identität sind.33 Das Selbstkonzept bildet den zentralen Referenzpunkt für den Ähnlichkeitsabgleich zwischen Marken- und Celebrity-Image im Verhältnis zum Konsumenten selbst.34 Um in der Forschung einen besseren Wirkungsvergleich der Kongruenzen zu ermöglichen, können Selbstkonzept, Markenimage und Celebrity-Image durch ähnliche Persönlichkeitseigenschaften abgebildet werden.35

Betrachten wir den Erkenntnisstand der Forschung zur wahrgenommenen Kongruenz auf den genannten Kerndimensionen in ihrer Wirkung auf Erfolgsgrößen wie die Glaubwürdigkeit der Werbebotschaft, das Gefallen der Werbung, die Markensympathie, das Markenimage sowie Preisbereitschaft und Kaufintention.

Attraktive Celebrities erhöhen die Produkterinnerung, steigern die Identifikation mit der Werbebotschaft und fördern das Kaufverhalten.36 Mehr noch: Einer attraktiven Celebrity werden automatisch weitere positive Stereotype zugeschrieben, die sich auch auf das Produkt übertragen.37 So werden attraktive Personen oftmals auch als intelligenter und sympathischer beurteilt als weniger attraktive Menschen.38 Grund dafür ist das meist unbewusst wirkende Attraktivitätsstereotyp, wonach alles, was schön ist, auch gut ist („what is beautiful is good“).39 Der Attraktivitätseffekt kann sogar noch Tage nach dem Werbekontakt positiv auf die Einstellung zur Marke wirken.40

Die Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft einer Werbung hängen wesentlich von der Wahrnehmung ab, ob die Celebrity über besondere Sachkenntnisse in der beworbenen Kategorie verfügt oder gar als anerkannter Experte gilt.41 Je mehr Expertise einem Prominenten zugesprochen wird, desto überzeugender wirkt er als Markenfürsprecher.42 Insbesondere weniger attraktive Celebrities sollten für die notwendige Glaubwürdigkeit eine hohe Expertise für das Produkt vorweisen.43 Kann ein Prominenter keinerlei Spezialkenntnisse vorweisen, sollte er wenigstens als begeisterter Laie auftreten, um ein glaubwürdiger Botschafter für die Marke zu sein, wie etwa der Humorist und Sänger Mike Krüger als Hobbybastler für Hagebaumarkt. Bei den Deutschen scheinen Celebrities einen gewissen Glaubwürdigkeitsbonus zu genießen, denn immerhin 43 Prozent glauben, dass Prominente die Markenprodukte, für die sie werben, auch selbst nutzen bzw. konsumieren.44

Zur Übereinstimmung von Mensch und Marke zeigt sich: Marken profitieren von wünschenswerten Persönlichkeitseigenschaften, wenn diese von der Zielgruppe in Verbindung zum eigenen Selbstbild gebracht werden.45 So steigt die Präferenz für die Marke mit zunehmender Ähnlichkeit zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit.46 Konkret konnte für die drei Persönlichkeitsdimensionen Aufrichtigkeit, Erregung (excitement) und Kultiviertheit bei wahrgenommener Ähnlichkeit ein positiver Effekt auf die Kaufbereitschaft nachgewiesen werden.47 Insbesondere bei hohem Markenbewusstsein und Produktinvolvement werden Marken, die mit der eigenen Persönlichkeit übereinstimmen, sympathischer beurteilt und stärker präferiert als Marken, die als unpassend zur eigenen Person gefunden werden.48

Zur Übereinstimmung von Mensch und Celebrity zeigt sich: Positive Auswirkungen auf den Erfolg der beworbenen Marke hat auch die Ähnlichkeit zwischen Celebrity- und Konsumentenpersönlichkeit. Je ähnlicher sich Konsumenten zu einer prominenten Person wahrnehmen, desto positiver wird die Werbung mit ihr empfunden.49 Zudem begünstigt eine hohe Ähnlichkeit die Identifikation mit anderen, so dass die Beziehung zu ihnen intensiver erlebt wird, wie sich an der Begeisterung für Lieblingsmusiker und -schauspieler zeigt.50 Eine starke Identifikation mit Celebrities kann die Kaufwahrscheinlichkeit für viele verschiedene beworbene Produkte erhöhen – von Bankdienstleistungen und Flugreisen über Fotoapparate bis hin zu Sportgetränken und Speiseeis.51 Nicht von ungefähr werden für Marken gern beliebte Musikstars engagiert wie Helene Fischer (Meggle, Garnier, Tchibo), Justin Bieber (Telekom) oder Robbie Williams und Dave Gahan (beide für VW). (Die Vorteile von Musikern vertieft Jan Voss in seinem Beitrag.)

Zur Übereinstimmung von Marke und Celebrity zeigt sich: Konsumenten haben eine positivere Einstellung zum Produkt und zeigen eine höhere Kaufbereitschaft, wenn die Persönlichkeit der Celebrity zur beworbenen Marke passt.52 Eine positive Wirkung tritt auch bei einer wahrgenommenen Übereinstimmung hinsichtlich der Attraktivität von Celebrity und Marke ein. So zeigen sich Vorteile zur Attraktivität einer Celebrity für beworbene Schönheitsprodukte u. a. auf die Kaufintention.53 Der Match-up-Effekt konnte auch zur Vertrauenswürdigkeit und Expertise aufgezeigt werden.54 Passen Marken- und Prominentenimage nicht zusammen, kommt es zum gegenteiligen Pinocchio-Effekt: Die Werbung erscheint wenig glaubhaft und kommt beim Kunden so schlecht an, dass die Celebrity nach der Kampagne für weniger glaubwürdig gehalten wird als zuvor.55

In letzter Zeit wird kontrovers diskutiert, wie stark Konsumentenselbstbild, Markenimage und Celebrity-Persönlichkeit zueinander passen sollten, um die Werbewirkung und Kaufbereitschaft erfolgreich zu beeinflussen. Die Befunde reichen von positiver Kongruenz über moderate Abweichung bis zu kompletter Inkongruenz.56 Ist eine hohe Ähnlichkeit bzw. Passung nun von Vorteil oder eher von Nachteil? Ist zum Beispiel für Luxusmarken eine hohe Ähnlichkeit zur Marke und Celebrity notwendig oder reicht bereits ein gewisses Faible für Status und Prestige zur Aktivierung von Imagetransfer und Kaufintention aus?57 Für eine Lösung könnte die Richtung des Selbstkonzept-Abgleichs eine wichtige Rolle spielen: Geht es für den Konsumenten um sein Ideal- oder sein Realselbst als Bezugspunkt zur Marke und Celebrity? Für die Bedeutsamkeit dieser Unterscheidung spricht das Ergebnis, dass sich die Kongruenzen zwischen Markenpersönlichkeit und tatsächlichem Selbstkonzept im Vergleich zum Idealselbst unterschiedlich stark auf die Identifikation mit der Marke und die Produktzufriedenheit auswirken.58 Allerdings sind die Ähnlichkeitsausprägungen für das Bedürfnis nach realer Bestätigung im Unterschied zur idealen Ergänzung oder Erhöhung noch wenig untersucht, wie auch der Einfluss verschiedener Strategien zur Stärkung des Selbstkonzepts.59

Ein umfassendes Bild der Wirkungsweisen von Celebrity#Influencer-Kommunikation zeigt nicht nur die Erfolgsseite, sondern auch mögliche Gründe für Wirkungslosigkeit und Misserfolg. Grundsätzlich sollte die Werbepräsenz von Stars eine gewisse Grenze nicht überschreiten, um Wear-out-Effekte zu vermeiden. Selbst wohlwollende Fans eines Stars reagieren auf massive Werbeeinsätze genervt. Wirbt eine Celebrity für mehrere Marken gleichzeitig (wie auch hintereinander weg), leiden Interesse, Sympathie, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft von Werbung, Marke und Celebrity gleichermaßen. Der Werbe-Overkill betrifft nicht nur die klassische Promiwelt, sondern insbesondere auch Top-Influencer in den sozialen Medien.

Für eine Marke ist es zudem nicht immer hilfreich, neben einem absoluten Superstar in Erscheinung zu treten. Es ist zwar vorteilhaft, wenn die Celebrity eine Marke in Richtung des Sollimages stärkt. Ist allerdings der „Kultstatus“ der Celebrity zu hoch, steigt die Gefahr eines Vampireffektes, indem die strahlende Präsenz des Stars die Aufmerksamkeit der Zielgruppe vollständig auf sich zieht und positiv in Erinnerung bleibt, nicht aber die Marke als eigentlicher Star der Werbung. Daher sollten Unternehmen besser eine vergleichbar starke Persönlichkeit und Attraktivität zwischen Celebrity und eigener Marke anstreben, um Vampireffekten vorzubeugen.60

Des Weiteren sollte in der Marketing- und Werbepraxis stärker beachtet werden, dass die Prozesse der Übertragung und Verstärkung von Persönlichkeitseigenschaften und weiteren Merkmalen zwischen Marke, Celebrity und Zielgruppe wechselseitig wirken – positiv wie negativ. Nicht immer dienen Werbeauftritte der Imageverbesserung von Marken, sondern den Prominenten, weil der Medienauftritt eine willkommene Chance bietet, um die Bekanntheit zu steigern und das öffentliche Profil zu aktualisieren, oder weil es für einen guten Zweck ist und die Werbepräsenz einen notwendigen Imagewechsel ermöglicht.61

Umgekehrt finden sich Beispiele, wo ein Prominenter nicht gerne an eine Werbekooperation erinnert wird, da sich sein Image nachteilig entwickelt hat, sei es, weil die Fans oder Community das werbliche Engagement als falsch oder sinnfrei gefunden haben, sei es, weil das Imageprofil der Marke im Vergleich zur Celebrity viel zu altbacken und bieder oder viel zu futuristisch oder rebellisch war, so dass nicht die Marke in Richtung Soll-Image verbessert werden konnte, sondern sich das Celebrity-Image in Richtung Ist-Image der Marke verändert hat. Noch ungünstiger sind Engagements des Prominenten, die sich als moralisch oder ethisch bedenklich herausstellen, so dass neben Imageproblemen auch rechtliche Konsequenzen entstehen (die Christian-Oliver Moser und Ralf Kitzberger in ihren Beiträgen aufzeigen).

Aus Marketingsicht ist natürlich die Übertragung negativer Eigenschaften von der Celebrity auf die Marke problematischer.62 So ist allein das experimentell erzeugte Ergebnis beeindruckend, dass eine Assoziation der Kosmetikmarke Clinique mit Britney Spears, Jessica Simpson und Paris Hilton, die allesamt von den Versuchsteilnehmerinnen als „trashy“ angesehen wurden, dazu geführt hat, dass die Premiummarke ebenfalls als wertlos befunden wurde.63 Neben diesen kurzfristigen Effekten ist für die Glaubwürdigkeit einer Werbepartnerschaft auch auf längere Sicht maßgeblich, dass sich Prominente in ihrem Lebensstil und Imageprofil als verlässliche Partner erweisen. Hier scheitern viele „Marken-Ehen“, zum Beispiel zwischen Pepsi und Britney Spears durch die Coca-Cola-Affäre, zwischen diversen Marken und Tiger Woods aufgrund des Sex-Skandals oder die Scheidung zwischen Mercedes-Benz und Boris Becker infolge seines Lebenswandels (worauf Alessandro Panella in seinem Beitrag eingeht).

Da erfolglose Werbekooperationen mit Celebrities von den betroffenen Unternehmen immerhin beendet werden können, wiegt die Übertragung unvorteilhafter Eigenschaften von Konsumenten auf die Marke schwerer. Für eine hochwertige, etablierte Marke kann es zu massiven Imageverlusten kommen, wenn sie von radikalen Subkulturen „gekapert“ wird, die durch Neuinterpretation der symbolischen Bedeutung der Marke und deren Nutzung ihr gesellschaftliches Negativimage auf die Marke übertragen und die angestrebte Zielgruppe damit verprellen. So wurde die englische Sportmarke Lonsdale (wegen der Andeutung von NSDAP im Logo) unbeabsichtigt bei Rechtsradikalen so populär, dass vom Management aktiv dagegen vorgegangen werden musste.64 Ähnlich eklatant verhielt es sich bei dem hochpreisigen italienischen Modelabel Stone Island, das von gewaltbereiten britischen Fußball-Hooligans bevorzugt getragen wurde, um nicht durch Vereinstrikots bei den Ordnungshütern aufzufallen.65

Kommen wir zu einem „wirkungsvollen“ Fazit: Für ein erfolgreiches Celebrity#-Influencer-Marketing sind „Regeln“ zu beachten. Wenn eine Celebrity oder ein Influencer werblich in Erscheinung tritt – sei es in einem TV-Spot oder auf YouTube, sei es ein Bild in einer Zeitschrift, auf Instagram oder eine Botschaft in einem Blog oder Tweet –, sind grundsätzlich eine hohe Bekanntheit und Beliebtheit in der Zielgruppe der Marke entscheidend, um deren Einstellung und Verhalten zur beworbenen Marke positiv beeinflussen zu können. Die Beliebtheit ergibt sich aus den stereotypen Kategorisierungen, die abhängig vom kulturellen Bedeutungsraum einer Gesellschaft kennzeichnen, was das Image einer Celebrity als gefeierten „Rockstar“, „Spitzensportler“ oder „Filmhelden“ ausmacht, natürlich auch als „Stilikone“ oder „Technikfreak“ in den sozialen Medien.

Das Promi-Image wird im werblichen Auftreten nicht nur durch die wahrgenommene Attraktivität, Expertise und Vertrauenswürdigkeit bestimmt, sondern durch die Persönlichkeit, die einen zentralen Einflussfaktor auf die Marke und den Konsumenten darstellt. Für einen erfolgreichen Imagetransfer sollte das Persönlichkeitsprofil der Celebrity dem Soll-Image der Marke entsprechen. Marken werden positiver beurteilt, wenn ihre prominenten Fürsprecher im Hinblick auf relevante Imageeigenschaften im Vorfeld der Kampagne (leicht) besser bewertet werden als die Marke. Die hohe Kunst von Marketing und Werbung besteht darin, den Auftritt der Celebrity für die Marke so zu inszenieren, dass sich der Zielgruppe die unternehmerisch gewünschte Ähnlichkeitsbeziehung zum Soll-Image eindeutig aber intelligent „aufdrängt“.66

Für den Wirkungserfolg ist von der Zielgruppe nicht nur die werblich intendierte Passung zwischen Marke und Prominenten herzustellen, sondern diese auch mit der eigenen Beziehung zum Prominenten und der persönlichen Einstellung zur Marke positiv in Einklang zu bringen. Daher sind Unternehmen bei der strategischen Auswahl von Celebrity bzw. Influencer gut beraten, für den jeweils interessierenden Konsumkontext und Branchenbereich zu bestimmen, welche spezifischen Eigenschaften für die Passung zwischen Marke, Celebrity und Zielgruppe relevant sind.67 Neben dem Celebrity-Image scheint insbesondere die psychografische Analyse der Zielgruppe sowie der wahrgenommenen Persönlichkeitsmerkmale und Werteversprechen der Marke in ihrer Relevanz für das Real- bzw. Ideal-Selbstbild der Zielgruppe lohnenswert, da Ähnlichkeiten bzw. Unähnlichkeiten offensichtlich die Kaufpräferenzen beeinflussen. Abschließend wollen wir auf die strategischen Gestaltungsmöglichkeiten eingehen, die entscheidend für eine erfolgreiche Realisierung von Celebrity#Influencer-Marketing sein können.

Die Macht der Meinungsführer: von Celebrities bis zu Influencern

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