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JOHANNA VON ORLÉANS (JEANNE D’ARC)

* 1412 in Domrémy

† 1431 in Rouen

Heiliggesprochene Retterin Frankreichs

»Welche Ehre für das weibliche Geschlecht, das offenbar auch Gott liebt …«

(Christine de Pisan über Jeanne d’Arc)

Die berühmte französische Dichterin Christine de Pisan verfasste das einzige Werk zum Ruhm der von ihr bewunderten Johanna von Orléans, das zu deren Lebzeiten entstand: »Ditié de Jehanne d’arc«. Christine de Pisan sieht das junge Mädchen als Gotteswerkzeug: »Welche Ehre für das weibliche Geschlecht, das offenbar auch Gott liebt.« Heute beschäftigen sich Historiker, Literaten, Theologen und Ärzte mit Johanna von Orléans, der »Retterin Frankreichs«. Ihr Leben wurde zu einem Stoff der Weltliteratur. Die romantisierende Glorifizierung zeigt sich besonders in dem Drama »Johanna von Orléans« (1801) von Friedrich von Schiller.

Das Eingreifen des jungen Bauernmädchens in den »Hundertjährigen Krieg« zwischen England und Frankreich (1339–1453) bedeutete tatsächlich eine Wende zugunsten Frankreichs. Johanna, die sich selbst »Jeanne la Pucelle« (Johanna, die Jungfrau) nannte, kam am 6. Januar 1412 in Domrémy als Tochter wohlhabender Landleute zur Welt. Im Alter von dreizehn Jahren begann sie Stimmen zu vernehmen. Mit den Stimmen sah Jeanne auf ihrer rechten Seite ein helles Licht, in dem lauter kleine Heilige schwebten. Immer wieder hörte sie »eine Stimme, die von Gott kam, die mir half, mein Leben gut zu führen. Und das erste Mal hatte ich große Furcht. Und diese Stimme kam im Sommer um die Mittagsstunde im Garten meines Vaters … nachdem ich diese Stimme dreimal gehört hatte, habe ich erkannt, dass es die Stimme eines Engels war … Vor allen Dingen sagte er (der heilige Michael) zu mir, ich solle ein braves Kind sein und Gott würde mir beistehen … Und der Engel erzählte mir von dem großen Jammer, der im Königreich Frankreich herrsche …« Die Not in Frankreich war in der Tat groß, die Stadt Orléans war von den Engländern belagert, und es gab kein Mittel, ihr zu Hilfe zu kommen.

Auch die heilige Katharina und die heilige Margarethe sollen zu dem jungen Mädchen gesprochen haben: »Johanna, eile dem König von Frankreich zu Hilfe und du kannst ihm sein Königreich retten und Frankreich von den Engländern befreien.«

Als Siebzehnjährige entschloss sie sich, in Männerkleidung zunächst nach Vaucouleurs und dann nach Chinon zu reiten, wo sich Kronprinz Karl VII. aufhielt, der sie am 6. März 1429 empfing. Es gelang ihr, den Dauphin von ihrer Weisung zu überzeugen. Sie hatte sich dann nach Blois zu begeben. Dort mussten die Herzoginnen von Alençon die Jungfernehre des Mädchens bestätigen, denn schon öfter habe Gott durch eine unberührte Jungfrau Offenbarungen dem Volk gegeben. Der Teufel könne nämlich mit einer Jungfrau keinen Pakt schließen.

In voller Ritterrüstung mit dem Lilienbanner in der Hand, ritt Johanna am 23. April 1429 von Tours aus in das Lager der französischen Soldaten vor der von den Engländern eingeschlossenen Stadt Orléans. Zuerst sorgte sie für eine Säuberung des Lagers: Sie ließ alle Dirnen entfernen und forderte von den Soldaten die Generalbeichte. »Ich trug diese Fahne, wenn man zum Sturm gegen den Feind antrat, und vermied so, einen Menschen zu töten. Ich habe nie jemanden getötet.«

Am 29. April 1429 zog sie in das belagerte Orléans ein. Am 6. Mai war sie »die erste, die an die kleine Bastion der Brücke die Sturmleiter anlegte.« Diese Bastion war die wichtigste unter denen, welche die Befestigungsanlagen zur Verteidigung des Brückenkopfes deckten. Schon am 8. Mai gaben die Engländer die Belagerung auf, die sie am 12. Oktober 1428 begonnen hatten.

Am 18. Juni kam es zur Krönung des Dauphins in der Kathedrale von Reims, wohin ihn Johanna begleiten durfte. Sie kniete vor ihrem Gebieter, der sich jetzt König Karl VII. nannte, nieder und sprach: »Edler Herr, jetzt ist Gottes Wille vollbracht.« Nach der Salbung des Königs ließ sich Johanna Steuerfreiheit für die Bevölkerung von Greux und Domrémy bewilligen. Im Dezember 1429 erhob der König sie in den Adelsstand.

In den weiteren Kämpfen hatte Johanna weniger Erfolg. Als sie versuchte, Compiègne zu befreien, nahmen die Burgunder sie fest und verkauften sie an Heinrich VI. von England. Im Kerker wurde sie beschämenden Demütigungen ausgesetzt. Der französische Hof tat nichts für sie. In Rouen stellte man die junge Frau am 30. Mai 1431 vor ein Inquisitionstribunal, das aus 60 Geistlichen, unter der Leitung des Bischofs von Beauvais, Pierre Cauchon, bestand. Johannas Männerkleidung war ein wesentlicher Anklagepunkt bei dem Schauprozess, ebenso ihre Visionen und Stimmen. Das Tragen von Männerkleidung sei ein absoluter Skandal, ebenso die nach Art der Sklaventreiber kurz geschnittenen Haare. Dies alles sei bei »Gott und den Menschen verwerflich und gegen das Gesetz Gottes, der Natur und der Kirche.« Der ganze Prozess stellt einen gleicherweise den kirchlichen französischen Autoritäten wie der englischen Besatzungsmacht anzulastenden abscheulichen Justizskandal dar.

Johanna wurde gehasst, weil sie das tat, was offensichtlich nur Männern zustand: glanzvoll über die Feinde siegen. So wurde sie am 30. Mai 1431 im blühenden Alter von 19 Jahren zum Scheiterhaufen geführt, wo sie grausam und schrecklich im Feuer erstickte, bevor ihr Körper in den Flammen verbrannte. Sie war verurteilt worden als »Ketzerin, Rückfällige, Abtrünnige, Götzenanbeterin.« Der Tod der Jeanne d’Arc war eine politische Notwendigkeit. Die Engländer mussten beweisen, dass die Stimmen, die sie hörte, vom Teufel kamen. Jeanne war eine Frau, und als Frau hatte sie alle Grenzen überschritten und alle Fesseln gesprengt, die Gott und die Männer den Frauen angelegt hatten.

Schon bald von ihren Zeitgenossen verehrt, hob Papst Calixtus II. am 7. Juli 1456 das über sie gesprochene Urteil auf. Johannas Mutter hatte bereits bei seinem Vorgänger, Papst Nikolaus V., um die Revision des Prozesses gefleht. Es dauerte fast 500 Jahre bis zur Seligsprechung im Jahr 1909, gefolgt von der Heiligsprechung am 16. Mai 1920 zusammen mit der Ernennung zur zweiten Patronin Frankreichs, der Patronin von Rouen und Orléans, der Telegraphie und des Rundfunks. Der Gedenktag für die Nationalheilige ist der erste Sonntag nach dem Fest Christi Himmelfahrt.

In ihrem Geburtsort Domrémy findet sich in der Ortskirche noch das Taufbecken, über dem Johanna die Taufe empfangen hat. Im Geburtshaus Johannas kann man die winzig kleinen Zimmer besichtigen, und über der Eingangstür des Hauses hängen die Waffen der Heiligen. Neben dem Geburtshaus befindet sich ein Museum, das ihr gewidmet wurde.

Im Kirchenschiff der Kathedrale von Reims steht die berühmte, lebensgroße Statue der Johanna von Orléans. Nahe der Hinrichtungsstätte in Rouen erinnern heute eine Gedenkstätte und die moderne, 1979 eingeweihte Kirche Sainte-Jeanne-d’Arc an das Bauernmädchen aus Domrémy.

Beeindruckend ist das große Reiterstandbild auf dem Place du Martroi in Orléans, in der Stadt, die ihrer Retterin seit 1430 jedes Jahr mit großen Veranstaltungen huldigt.

Martha Schad

Starke Frauen, die inspirieren und die Welt bewegen

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