Читать книгу Frühchristliche apologetische Schriften - Группа авторов - Страница 10

6. Kult des kretischen und thebanischen Bacchus oder Liber

Оглавление

1. In dieser Weise sind, allerheiligste Kaiser, die Elemente vom verlorenen Menschen vergöttert worden. Doch es bleiben noch andere abergläubische Gebräuche übrig, deren Geheimnisse enthüllt werden müssen, des Liber und der Libera, welche alle eurem heiligen Urteil bekanntzugeben sind, damit ihr erkennt, daß bei diesen heidnischen Religionen tote Menschen vergöttert wurden. So war Liber ein Sohn des Jupiter, nämlich des Königs von Kreta. Einer ehebrecherischen Mutter entstammt wurde er bei seinem Vater über Gebühr sorgsam aufgezogen. Die Gemahlin des Jupiter mit Namen Juno suchte, von stiefmütterlichem Groll erfüllt, auf jede Weise dem Kinde Nachstellungen zu bereiten, um es zu morden. 2. Als der Vater in die Fremde reiste, vertraute er, wohl kundig des geheimen Unwillens seiner Gemahlin, den Sohn Wächtern zum Schutze an, die ihm dafür geeignet schienen, damit nichts aus Arglist von seiten des zornigen Weibes geschehe. Da fand Juno für ihre Nachstellungen den günstigen Zeitpunkt. Noch heftiger erregt, weil der Vater vor seiner Abreise dem Knaben den königlichen Thron und das Zepter übergeben hatte, bestach sie zuerst die Wächter mit königlichen Belohnungen und Geschenken, dann stellte sie ihre Helfershelfer, die sogenannten Titanen, in den inneren Räumen des Königspalastes auf und gewann durch Spielzeug und einen kunstgerecht gefertigten Spiegel das kindliche Gemüt derart, daß3 die königlichen Gemächer verlies und, von kindlichem Sinn verleitet, an den Ort des Hinterhalls sich führen ließ. 3. Dort wurde er gefangen genommen und ermordet; damit keine Spur des Mordes entdeckt werden könnte, zerschneidet die Schar der Helfershelfer stückweise die Glieder und teilt sie unter sich. Um dieser Untat noch eine andere beizufügen, kochen sie aus großer Angst vor der Grausamkeit des Tyrannen auf verschiedene Weise die Glieder des Knaben und verzehren dieselben, um sich mit einem bis auf jenen Tag unerhörten Essen eines Menschenleibes zu nähren. Das ihr zugeteilte Herz verwahrt die Schwester mit Namen Minerva, weil auch sie Genossin der Freveltat war, als offenkundigen Beweis für die Anzeige und als Handhabe, um das Ungestüm des rasenden Vaters zu dämpfen. Nach der Rückkehr berichtet die Tochter den Hergang der Untat. 4. Da läßt der Vater, durch das schauerliche Unglück und den Verlust sowie durch seine furchtbare herbe Trauer veranlaßt, die Titanen nach verschiedenartigsten Qualen töten. Keine Folter noch Strafart wurde bei der Rächung des Sohnes unterlassen, sondern durch alle Arten von Strafen rächte der Rasende die Ermordung des Sohnes, wie er auch beschaffen sein mochte, zwar mit väterlichem Wohlwollen, aber mit tyrannischer Gewalttätigkeit. Weil nun der Vater die Qualen seines betrübten Gemütes nicht länger ertragen konnte und weil der Schmerz über den Verlust durch keine Trostgründe gelindert wurde, ließ er dessen Abbild aus Gyps in einer plastischen Darstellung fertigen und der Künstler mußte das Herz des Knaben, durch welches auf Anzeige der Schwester hin die Untat aufkam, in den Teil einsetzen, durch welchen die Umrisse der Brust gebildet waren. Nachher ließ er statt eines Grabhügels einen Tempel errichten und stellte einen Priester als Erzieher des Knaben an. 5. Er hieß Silen. Die Einwohner von Kreta veranstalten, um die Wut ihres tobenden Herrschers zu mildern, Tage feierlicher Leichenbestattung und setzen eine jährliche Feier und religiöse Weihe alle drei Jahre fest, wobei sie alles der Reihe nach tun, was der Knabe beim Sterben getan oder gelitten hat. Sie zerfleischen mit den Zähnen einen lebenden Stier, wodurch sie das grausame Mahl in jährlicher Erinnerung darstellen, und durch dunkle Wälder hin in verworrenem Geschrei laut wehklagend ahmen sie das tolle Rasen nach, damit jene Untat nicht als Tat der Hinterlist, sondern der Tollheit erscheine. Es wird die Kiste herbeigebracht, in welcher die Schwester das Herz heimlich geborgen hatte; durch Flötenklang und Klingen von Schallbecken deuten sie das Spielzeug an, mit welchem man den Knaben hintergangen hatte. So war zu Ehren des Tyrannen durch das unterwürfige Volk derjenige zu einem Gott erhoben, welcher keine Bestattung erhalten konnte. 6. Es gab auch einen anderen Liber, der in Theben Tyrann war, berühmt durch die Macht seiner Zauberkunst. Er fesselte Weibergemüt durch gewisse Gifttränklein und Gesänge an sich, dann gebot er nach eigener Willkür den Rasenden grausame Taten, um diese vornehmen, rasend gewordenen Weiber zu Dienerinnen seiner Leidenschaften und Freveltaten zu haben. Welche Freveltaten er verübt oder welch ungeheuerliche Untat er der Mutter gegen ihren Sohn oder den Schwestern wider ihren Bruder geboten hat, wird täglich auf den Theaterbühnen von den Verfassern der Tragödien überliefert, auf daß die ruchlose Grausamkeit des verbrecherischen Tyrannen in den Herzen der Zuhörer durch die schaurigen Vorträge neu auflebe. 7. Ihn beraubte Lykurg, geschützt durch die Verschwörung besonnener Männer, des Thrones und vertrieb ihn aus der Vaterstadt. Er war nämlich so weibisch geworden, daß er dem Beschluß von Männern nicht länger widerstehen konnte. Wie er ein weibischer Ballettänzer gewesen und den Lüsten von Buhlen zu Diensten war, wird in den griechischen Gymnasien herabgeleiert. Doch nicht einmal mit seiner Flucht und Verbannung begnügte sich Lykurg, sondern aus Furcht, er möchte auf der Flucht auch von andern aufgenommen werden und so die Saat seiner schmählichen Freveltaten auch in einer anderen Gegend ausstreuen, umgürtete er sich mit dem Schwert und verfolgte die Schmach seiner Vaterstadt mit einem bedrohlichen Erlaß. Da warf Liber die Wollenbinden, welche er ringsum mit Weinlaubkränzen zu umwinden pflegte, weg und floh mit seiner weibischen Begleitung - es folgten ihm nämlich nur die Genossen seiner Buhlereien, Schandtaten und Leidenschaften - der ganzen Küste des benachbarten Meeres entlang und irrte mit höchster Angst und Verzweiflung herum. 8. Dort wurde er unter trunkenen Frauenzimmern und berauschten Greisen, während ihm noch der schandbare Aufzug vorausging, der eine in abscheulich schwarzem Gewand, der andere durch Vorzeigen einer Schlange Schrecken einflößend, ein dritter mit blutigem Mund eben die lebenden Glieder eines Tieres zerfleischend, von Lykurg ergriffen und bei der nächsten Felswand, welche eine ungeheuer jäh abfallende Höhe mit unwegsamen Felsen gebildet hatte, ins Meer hinabgestürzt. So sollte der zerfleischte Leichnam noch lange in den Meereswogen umhergetrieben den verirrten Sinn der Völker zu einer gesunden und nüchternen Ordnung mittels der harten Strafe zurückbringen. Von diesem Ende des Liber sagt Homer, um seine Flucht und Angst kundzutun und seinen Tod zu veranschaulichen:

"Auch selbst Dionysos voll Schreckens

Taucht’ in die Woge des Meers und Thetis nahm in den Schoß ihn,

Welcher erbebt’ angstvoll vor der drohenden Stimme des Mannes".

9. Es ahmt dir, Lykurgus, nach und folgt deinem besonnenen Verfahren auch unser Konsul Postumius; und er weicht nicht ab von deinen heilsamen Gesetzen. Denn wie wir in den Büchern der Annalen finden, wurden Bacchanalische Freveltaten auf die Anzeige eines gewissen Jünglings Aebutius hin entdeckt. Noch waren in der Stadt Rom die Sitten rein und verlangte niemand nach ausländischem Wahnglauben unter Lockerung der Sitten. Da fehlte weder der Senat dem Konsul noch die Gesetze der Republik noch der Konsul den Gesetzen, sondern nach einem Verhör aller, welche über die frevelhaften Erfindungen dieses Kultes Aussage machten, wurde gegen alle mit einer strengen, ja echt römischen Untersuchung des Falls die Todesstrafe nach Urteil der Ratsversammlung beschlossen, und die Racheschwerter der Konsuln kamen erst zur Ruhe, als dieses Übel mit der Wurzel beseitigt war. O Strafe, würdig des römischen Namens! O lobenswerte Festigkeit früherer Tugend! Nicht einmal seine Mitbürger wollte der Konsul verschonen, wenn ausländische Laster zur Säuberung des Vaterlandes ausgerottet wurden

Frühchristliche apologetische Schriften

Подняться наверх