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„HIER AUF DEM LAND MUSS MAN AUFPASSEN, DASS MAN NICHT VON EINER WILDSAU ÜBERRANNT WIRD.“

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Luisa (19) – Abiturientin – und Roman (21) – Elektriker. Paar, aktiv in der Feuerwehr, im Musikverein und in Bauwägen

Roman, du hast da einen Pieper bei dir an der Hose hängen, was hat es mit dem auf sich?

Roman: Das ist mein Feuerwehr-Pieper. Der geht ab und zu mal los. Das ist das Schlimmste für Luisa.

Luisa: Wenn das Ding noch einmal losgeht, wenn ich dabei bin, dann werfe ich es aus dem Fenster! Ich kann den Ton echt nicht ab.

Wie lange bist du denn schon bei der Feuerwehr und welche Beweggründe hattest du, beizutreten?

Roman: Jetzt bin ich seit zwei Jahren bei der Feuerwehr. Man lernt dort viele Leute kennen. Ich bin dort auch wegen Kollegen und den ganzen Festen. Wir waren auf einem Fest und da haben ein paar Kollegen gemeint, wir sollten dazukommen. Wir kannten uns schon vorher als Gruppe vom Bauwagen her, und dort hatte mal einer die Idee, mal dahin zu gehen und es auszuprobieren. Dann sind wir ein Jahr lang hingegangen, und es hat Spaß gemacht. Wir sind jetzt 56 Leute aus Eggingen. Ab und zu haben wir auch mal Einsätze, gerad auch auf Dorffesten, zum Beispiel bald beim Bezirksmusikfest.

Du hast vorhin einen Bauwagen erwähnt. Magst du mir davon erzählen?

Roman: Das ist ein Wagen für uns Jugendliche hier im Dorf. Wir fanden es immer langweilig, dass, wenn wir uns getroffen haben, wir immer bei jemandem im Zimmer oder in der Garage sitzen mussten. Daher haben wir uns überlegt, so ’nen Bauwagen zu kaufen. Er hat 500 Euro gekostet.

Luisa: Wir haben bei uns im Dorf auch Bauwägen. Da gibts von den ganz alten Leuten einen Bauwagen, dann einen von unseren Eltern, den Bauwagen von uns und noch den von den ganz kleinen Kindern. Die sind im ganzen Dorf verteilt.

Roman: Es gibt schon in jedem Dorf einen Bauwagen. Und die von Luisas Bauwagen organisieren auch richtige Feste. Die haben einen echt schönen Bauwagen! Wir dagegen sitzen nur oben, reden und rauchen Shicha, machen aber leider keine Feste. Zum einen keine Feste, damit die Wiese von den Nachbarn nicht zerstört wird, und zum anderen deswegen, weil man nach Festen auch aufräumen muss.

Luisa: Bei uns gibts auch Mädle im Bauwagen, nicht nur Kerle, und die halten alles sauber. Normalerweise heißt es, Mädels tun ’nem Bauwagen nicht gut, weil’s dann immer Zickenkrieg gibt. Wir sind auch der einzige Bauwagen mit Mädchen drin. Sind insgesamt so zwölf Leute.

Was macht ihr denn, wenn ihr euch trefft?

Luisa: Grillen. Wir haben zum Beispiel gestern gegrillt, Rasen gemäht. Dann baust halt ein bisschen noch. Wir haben jetzt einen Anbau vor der Terrasse. Drin haben wir eine Bar, und weil’s im Sommer drin immer so heiß ist, haben wir eine Terrasse außen drangebaut. Und im Sommer, das darf man eigentlich nicht, kochen wir alle auf dem Dach. Das ist immer schön.

Woher bekommt ihr das Material zum Bauen?

Luisa: Das holen wir von irgendwoher. Wir haben einen da, der lernt gerad Zimmermann, und er bringt die Reststücke mit und so Zeugs. Und die Alten machen auch was beim Bauwagen. Die grillen auch viel und machen an Fastnacht mit beim Umzug. Das ist dann der sogenannte „alte Bauwagen“.

Roman: Die haben richtig Geld wegen ihrer Feste. Die haben an Festen einen Gewinn von 900 Euro.

Luisa: Das ist auch nicht alles so legal. Den Hauptgewinn machen wir mit den jungen Leuten, den unter 18-Jährigen, die sonst nirgendwo was zum Trinken bekommen. Aber es ist jetzt nicht so, dass wir das total übertreiben. Wenn du merkst, dass die nicht mehr trinken sollten, dann gibst auch nichts mehr. Ich lad dich mal ein auf so ein Fest. Du fühlst dich bestimmt steinalt, aber es macht schon Spaß. Es kommen auch 30-Jährige, es kommen dann alle aus den Dörfern. Manchmal kommen auch die Eltern von den Bauwagen-Leuten, das ist dann richtig witzig.

Woher erfährt man von den Partys?

Roman: Es spricht sich im Dorf rum oder halt über Facebook.

Luisa: Es wurde mal eine Veranstaltung in Facebook öffentlich reingestellt. Das ist nicht gut gegangen. Es ist sogar vollkommen eskaliert! Normalerweise lädst du nur Leute ein, die du kennst und willst. Wenn, du es aber über Facebook bekannt gibst, kommen viel mehr Leute. Doch das kannst nicht verantworten, wenn da mehr als hundert Leute sind. Man muss ja auch Getränke und so einschätzen und wissen, was am meisten getrunken wird. Wenn man weiß, wer da kommt, dann ist es einfacher. Aber man kauft eh auf Kommission und den Rest bringt man zurück.

Wie oft im Jahr macht ihr solche Feste oder Veranstaltungen?

Roman: Dreimal im Jahr oder auch weniger. Der Bauwagen in Schwerzen hat früher alle zwei Wochen ein Fest gemacht, und die waren auch richtig cool. Aber es ist echt anstrengend. Deshalb machen die es auch nicht mehr so oft. Auch wegen dem Bauernhof nebenan. Das stört halt schon, wenn’s laut ist bis nachts um drei.

Luisa: So ein Fest fängt auch schon früher an und geht dann halt nur so bis um zwei, drei. Dann hat man auch oft keine Lust mehr.

Roman: Ich gehe erst um 22 Uhr hin. Aber klar, für einen Städter ist es auch zu früh, die gehen ja erst um 1 Uhr nachts in den Club.

Luisa: Im Sommer kannst du auch mal länger bleiben. Da ist es ja nicht so kalt wie im Winter. Wir haben zwar eine Heizung, aber die machen wir nicht an, weil unser Stromaggregat nicht so groß ist. Wenn wir die Heizung anmachen, geht alles andere nicht mehr. Das Aggregat haben wir als Bauwagengruppe mal gekauft, da hat jeder 20 Euro dazugegeben. Und den Rest der Bauwagenausstattung haben wir so zusammengesammelt. Jeder hat ja zu Hause mal was rumliegen, was man nicht braucht.

Habt ihr ’ne Idee: Weshalb gibt es auf dem Dorf so viele Bauwägen?

Roman: Weil’s halt cool ist! Einer hat damit angefangen …

Luisa: Du kannst dich einfach treffen und musst nicht zu jemandem nach Hause. Denn im Normalfall hat niemand sturmfrei, und so kannst dich einfach im Sommer draußen treffen. Das fängt ja schon im Alter von 14 Jahren an. Bei uns gibts auch einen ganz kleinen, der hat schon mit zwölf Jahren angefangen.

Roman: Aber so richtig geht man in den Bauwagen erst mit 16 Jahren. Es gibt ja auch Bauwägen für Ältere, da sind auch 30- bis 40-jährige Leute. Die treffen sich zum Grillen und bringen alle ihre Familien mit. Das ist wie ein Stammtisch.

Luisa: Unser Bauwagen hat leider nicht sooo einen guten Ruf im Dorf. Scheinbar machen wir alles kaputt, aber das stimmt echt nicht. Da kommen manchmal Dorfleute und beschweren sich: „Ihr habt da oben dies und das kaputtgemacht!“ Aber wenn man zu Weihnachten den Dorfleuten einen Geschenkkorb bringt, dann motzen sie nicht mehr.

Würdet ihr jedem so einen Bauwagen empfehlen?

Luisa: Ja, auf jeden Fall. Ich würde es jedem empfehlen, auch Leuten in deinem Alter. Es ist halt was für Menschen, die gerne was mit Freunden machen.

Roman: Und man lernt neue Leute kennen, denn man wird auch zu den Festen von anderen Bauwägen eingeladen. Aber die im Nachbardorf sind eher eine geschlossene Gruppe.

Luisa: Aber das ist normal auf dem Land: Man mag nur seinen Ort, die anderen mag man nicht. Das ist jetzt nicht so, dass man sich hasst, aber der eigene Ort ist einfach der beste.

Roman: Ja, das ist so! Sie mag Eggingen nicht, ich hasse Wutöschingen. Und die denken halt, die sind die Besten, wir denken: Wir sind die Besten, und Schwerzen denkt, dass sie die Besten sind. Aber Schwerzen ist wirklich ein Loch! Das einzige, was cool ist, ist ihr Fastnachtsumzug.

Was bedeutet für euch Party machen?

Louisa: [ironisches Lachen] In die Disko gehen.

Roman: Nee, das ist eher so ein Städterding. Okay, wir gehen zwar auch mal nach Stuttgart, aber das ist eher die Ausnahme. Das ist dann allerdings schon cool. Wir finden es lustig, wie die Städter immer rumlaufen. Ich finde, die sehen alle ein bisschen schwul aus mit ihren Socken bis zu den Knien und Jogginghose mit rosa T-Shirt. Das finden wir lächerlich und lachen die ein bisschen dafür aus. Aber feiern ist für uns eher so was wie Bauwagenfeste oder Dorffeste. Das finde ich schon richtig cool! Da kennst auch viele Leute, kriegst oft was gezahlt von Nachbarn. Ich kenne auch extrem viele von der Feuerwehr, die auch auf die Dorffeste gehen, und da gibt man sich gegenseitig was aus. Städte sind jedoch auch mal cool, grad paar Diskotheken sind schon geil.

Luisa: Ich war noch nie in der Stadt in einem Club. Aber von meinen Kollegen hat auch noch nie jemand gesagt: „Kommt, wir gehen jetzt irgendwohin!“ Wir bleiben halt immer im Dorf und machen da Party. Bei uns sind die Jungs auch eher, auf dem Land würde man sagen, „Bauerntrampel“. Sonst geht man eher auf Feste, also Oktoberfest, Bezirksmusikfest. Aber es ist auch nicht zu wenig Party. Denn wenn man zu Festen geht, dann kennt man auch alle, und das ist das Schöne. Jedes Wochenende feiern gehen zu können, das wäre zu viel und kann man sich auch nicht leisten. Die Lust verfliegt auch irgendwann.

Roman: Genauso wie das Bezirksmusikfest, das nur alle vier Jahre ist. Da freut man sich dann auch drauf und weiß, dass es gut wird. Ich bin dieses Mal auch an der Bar und schenke aus. Die haben Leute gesucht, und ich hab mich von der Feuerwehr aus freiwillig gemeldet. Da hilft man sich schon gegenseitig aus. Es machen auch viele Vereine mit und helfen aus. Ich und noch paar aus der Feuerwehr übernehmen noch den Verkehrsdienst am Freitag. Wir lotsen die Autos zu den Parkplätzen und schauen, dass die Straßen frei sind. Eigentlich stellen wir uns da mit einem Kasten Bier auf die Straße und lotsen bisschen. Man kann im ganzen Dorf parken, da sind ja genug Flächen im Gegensatz zur Stadt. Wir haben da auch unsere Feuerwehruniform an.

Luisa: Ich bin ja auch im Musikverein. Ist halt Dorfleben, da muss man in ’nen Verein. Wir spielen am 1. Mai um 11 Uhr beim Bezirksmusikverein. Wir haben überlegt, dass wir um 7 Uhr zulaufen und langsam eine Maiwanderung bis zum Fest machen. Eigentlich müssen wir nur eine Stunde lang laufen, aber wer weiß … [lacht] Und wir laufen von der Bude in Gießlingen los. Das ist so was wie ein Bauwagen, da trifft man sich, redet und trinkt zusammen. Bei denen wirds von Generation zu Generation weitergegeben. Die sind eher eine geschlossene Gesellschaft, zu denen kommst nur, wenn die dich kennen und du eingeladen wirst.

Bauwägen, Feste, Vereine … Welche Aktivitäten gibt es noch bei euch im Dorf?

Luisa: Es gibt bei uns den Fischerverein und den Siedlerbund für die älteren Leute, und meine Mama ist im Kirchenchor. Wir haben auch noch viele Ministranten. Das ist so was Typisches, was jedes Kind im Dorf macht. Ich bin seit zehn Jahren Ministrant. Das hat man gemacht, weil Oma gesagt hat: „Komm, das machst du jetzt mal!“

Roman: Meine Brüder waren lange bei den Ministranten, vor allem auch wegen den ganzen Zeltlagern und Ausflügen. Das ist recht cool! Ministranten, das ist eine Gruppe, die immer was zusammen macht. Und es hat mal nichts mit Alkohol zu tun. Da geht man mal zusammen in den Europa-Park oder zelten. Da sind dann auch die kleinen Kinder dabei.

Luisa: Wenn man jünger ist, dann ist man bei den Minis, weil die ganze Altersgruppe dort ist. Meine ganzen Freunde sind auch von den Minis. Wir sind in einem Ort aufgewachsen und bis jetzt noch befreundet, das passiert in der Stadt nicht so schnell. Ministrant wird man auch nur, wenn man im Dorf ist. Das ist auch weniger wegen der Religion, sondern eher so ein Freunde-Ding. In die Kirche geht man dann an den großen Festen, wie Ostern und Weihnachten, mal auch am Sonntag, damit die Oma glücklich ist.

Roman: Ich bin auch immer nur in die Kirche gegangen, wenn ich ministrieren musste. So in die Kirche hocke ich mich nicht! Es ist auch echt langweilig: Man sitzt da und schläft fast ein. Und sonst haben wir noch einen Turnverein, da war ich auch früher drin.

Hört sich so an, als fühltet ihr euch auf dem Lande richtig wohl. Möchtet ihr später mal auch auf dem Land leben?

Roman: Ja, auf jeden Fall. Es ist viel schöner als in der Stadt. Man hat viel mehr Grün. Man sieht es an unserem Haus: Es ist alles grün drum herum.

Luisa: Ich bin auch schon ans Grüne gewöhnt. Wenn man ’ne Klassenfahrt nach Berlin hat, dann fühlt man sich wie ein Landei. Du hast keine Ahnung, es ist alles so groß und viel. Man rafft die U-Bahnen nicht. Das ist einfach viel zu viel! Auf dem Land ist es echt ein bisschen gemütlicher.

Roman: Die Leute aufm Dorf sind auch viel freundlicher. Die in der Stadt sagen einem nicht mal Hallo beim Vorbeigehen. Das ist unfair. Denn wenn man durchs Dorf läuft, sagt man allen Hallo. Zumindest zu alten Leuten musst du auf jeden Fall Hallo sagen! Es gibt hier auch ein paar, die neu dazu gezogen sind, die schauen einfach stur auf den Boden und grüßen einen nicht. Außerdem stinkt es im Dorf nicht so wie in der Stadt, die ganzen Abgase. Und die Wärme dort macht einen auch fertig.

Luisa: Als wir von Berlin zurückkamen, hab ich in meinem Zimmer das Fenster aufgemacht zum Lüften. Dann kann durchs Fenster Güllegeruch rein, da musste ich erst mal richtig durchatmen und dachte: Ah, du bist wieder daheim! [lacht] Aber wenn man zum Beispiel studiert, ist es schon geil, in der Stadt zu leben. Jedoch wirklich für immer in der Stadt leben, das möchte ich nicht. Wenn man Kinder hat, ist es auch besser. Ich glaube, wenn man in der Stadt aufgewachsen ist und daran gewöhnt ist, findet man Stadt super. Wenn man aufm Land aufgewachsen ist, willst du auch, dass deine Kinder auf dem Land groß werden. Es ist einfach besser: Wenn man abends irgendwo grillen möchte, kann man das auf dem Land einfach überall machen. In der Stadt geht das nicht so spontan.

Was denkt ihr, wie lernt man Leute in der Stadt kennen?

Luisa: Genauso wie auf hier auf dem Land. Normalerweise auf der Arbeit, in der Schule. Hier auf dem Land lernst du auch deine Freunde, also die richtigen Freunde, in der Schule kennen. Ich kenne meine Freunde seit dem Kindergarten. Es sind immer die gleichen Leute, und ich hoffe, die bleiben auch. Denn die meisten bleiben auch hier, sie schaffen hier, machen ihre Ausbildung, eine studiert in Weingarten, aber die ist trotzdem immer in der Heimat. Keiner von meinen Freunden will auch wirklich weg ausm Dorf.

Roman: In der Stadt hast du auch eine scheißkleine Wohnung, außer du hast Geld, und ich brauch Platz. Im Dorf kannst du schlussendlich ein Haus bauen, in der Stadt nicht. Du hast da eher eine Wohnung, die recht klein ist, und man hat auch kein Grundstück, keinen Garten. Als ich mit Kollegen in Ulm war, haben wir uns eine Wohnung gemietet. Es hat mich sehr gestört, dass allein schon im Gang alles mit Fahrrädern vollgestellt war, es gestunken hat und alles vollgekritzelt war mit hässlichen Wandgraffitis. Im Dorf hast du so was nirgends in einem Hausgang.

Luisa: Wenn man hier ein Haus ansprüht, dann wird man vom ganzen Dorf ausgegrenzt.

Roman: Der einzige Vorteil an Stadt ist, du hast nachts um 0 Uhr immer irgendwo eine Pizzeria offen.

Luisa: Das ist das Geile an einer Stadt! Das ist im Dorf kacke: Du kannst nicht einfach sagen: „Wir gehen jetzt irgendwohin.“ In der Stadt hat am Wochenende immer ein Club offen. Bei uns weiß ich nicht mal, wo der nächste Club ist. Das ist das Geile an der Stadt. Da kriegst du auch alles zu essen. Bei uns gibt es nur einen Italiener und das Landhaus. Wenn man zum Beispiel mexikanisch essen möchte, dann muss man ewig in die nächste Stadt fahren. Wir fahren meistens mit dem Auto irgendwohin, denn auf dem Land bist du verloren ohne ein Auto. Aber wir haben fürs Land hier auch super Busverbindungen: Die Busse fahren normalerweise alle Dreiviertelstunde. Dennoch hat man hier ohne Auto keine Chance. Das ist auch das Erste, was man sich anschafft, wenn man bisschen Geld verdient hat.

Meint ihr, es ist auf dem Land auch sicherer als in der Stadt?

Luisa: Ich würd schon sagen. Ich würde mich nicht trauen, in der Stadt alleine abends zu laufen. Gerad an den Bahnhöfen sind auch megaviele Asis. Hier auf dem Land herrschen eher andere Gefahren: Da muss man aufpassen, dass man nicht von einer Wildsau überrannt wird. Ich bin letztens vom Hüttle in Weizen nach Hause gelaufen, und da sind mir Wildsauen mit Kleinen entgegengekommen. Das ist viel gefährlicher! Oder wenn man am Grillen ist, hört man an jedem Waldrand überall Tiergeräusche. Die wahre Kriminalität, das ist bei uns weniger. In der Großstadt wird viel mehr geklaut und so was. Bei uns wird im Laden nichts geklaut, da sagt man eher: „Du, ich nimms mit und zahle es morgen.“ Das macht meine Mama beim Metzger zum Beispiel manchmal. Sie hat das Geld vergessen und der Metzger sagt: „Macht nichts, zahlst es beim nächsten Mal!“ Man kennt sich halt.

Roman: Ich bin auch voll oft oben im Lädle und habe meinen Geldbeutel vergessen und bringe das Geld später vorbei. Das ist gar kein Thema, weil dich alle kennen. Da ist das Vertrauen viel größer. Wenn dich jemand mit dem Auto mitnehmen will, steigt man auch eher ein als in der Stadt. Man nimmt auch selbst Leute mit. Wenn man jemanden kennt, dann hält man an und nimmt die Person mit. Ich bin sogar auch mal von Grafenhausen gefahren mit drei Leuten im Kofferraum, vier Stück hinten und zwei vorne.

Luisa: Wenn wir von Festen heimfahren, wird das Auto auch vollgepackt. Als wir von Ühlingen von der Halloween-Party heimgefahren sind, sind wir zu zehnt in dem Auto zurückgefahren. Der Fahrer und noch zwei vorne, hinten dann ich auf Romans Schoß, neben mir noch ’n Kerle mit ’nem Mädle auf dem Schoß, dann noch zwei und im Kofferraum noch paar. Da hatten wir wirklich Angst, dass uns die Polizei anhält. Aber da hat man mehr Vertrauen und kann so was machen.

Roman: Wir waren an einem 18ten Geburtstag auf der Hütte am Feiern, da ist die Polizei so gegen 22 Uhr gekommen. Dann erst mal so: „Achtung Kontrolle!“ Aber wir kannten die Polizisten zum Glück und es war dann doch nur Spaß. Die haben noch ein Bier mit uns getrunken und sind dann gegangen. Das geht auf dem Land halt schon.

Fallen ausländische oder anders aussehende Menschen auf dem Land mehr auf?

Roman: Ja, natürlich. Bei uns sind es eher die Kanaken.

Luisa: Nee, ich kenne auch viele nette Ausländer. Schweizer sind auch Ausländer und von denen gibt es bei uns ja viele. Schweizer werden bei uns eher gehasst, weil sie können sich bei uns nicht so gut benehmen. Es sind auch die Türken, die bei uns auffallen, weil die sich mit jedem anlegen. In der Stadt fallen die nicht auf, weil eine Stadt viel vielfältiger ist. Bei uns gibt es auch Straßen, da wohnen nur Ausländer. In der einen Straße in Wutöschingen, da wohnen zum Beispiel nur Russen, so was ist im Dorf viel auffälliger.

Wie sieht es mit Homosexuellen oder Transgender auf dem Land aus?

Roman: Wir haben einen im Dorf, der schwul ist, und das wissen alle.

Luisa: Ah stimmt, er ist mit einem aus Wutöschingen zusammen. Aber bei uns gibt es brutal viele Lesben. Die sind alle in einer Altersklasse. Mit denen kommt man super klar. Heute kommen schon alle damit klar. Vielleicht die Älteren, also meine Oma und deine Oma, verkraften es nicht, wenn ich sage: „Ich bin lesbisch.“ Bei der alten Generation ist es noch nicht so angekommen. Für die Eltern ist es immer ein Schock, denke ich. Aber wir …, für uns ist das normal. Ob auf dem Land oder in der Stadt, das ist bei allen langsam angekommen.

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