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Ökonomische Faktoren

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Die ökonomischen Faktoren beziehen sich auf die gesamte Bandbreite des Wirtschaftsgeschehens auf nationaler und internationaler Ebene. Für Versicherungsunternehmen, die in Deutschland tätig sind, sind neben den nationalen Gegebenheiten insbesondere die wirtschaftsbezogenen Determinanten auf europäischer Ebene zu beachten. Das ökonomische Geschehen war in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten von einem relativ stabilen Wachstum geprägt ( Abb. 13), das durch zeitweilig auftretende Krisen unterbrochen wurde. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase zu Beginn des Jahrtausends prägte insbesondere die Weltfinanzkrise ab dem Jahr 2007 die makroökonomischen Rahmenbedingungen. Die Coronakrise im Jahr 2020 führte zu einem weiteren erheblichen Einbruch der Wirtschaftsleistung.


Abb. 13: Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland von 1991 bis 2019 (in Milliarden Euro) (Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Statista)

Die gesamtwirtschaftliche Lage hat vielfältige Auswirkungen auf die Versicherungsbranche. Abhängig davon, ob sich die Volkswirtschaft in einem Aufschwung, Boom, Abschwung oder einer Depression befindet, ändern sich die Beschäftigung und das verfügbare Einkommen der Versicherungskunden. In Abschwungphasen und Depressionen wird die Nachfrage nach Versicherungsprodukten daher tendenziell abnehmen. Kunden werden in solchen Phasen i. d. R. weniger neue Versicherungsverträge abschließen und bestehende Verträge möglicherweise häufiger kündigen als in Aufschwung- und Hochkonjunkturphasen. Typischerweise sind in Krisenzeiten auch deutliche Kursverluste an den Aktienmärkten zu beobachten und Zentralbanken senken die Zinsen, sodass sich Auswirkungen auf die Kapitalanlagen der Versicherungsunternehmen ergeben. Insbesondere im Zuge der zuvor genannten Weltfinanzkrise senkte die Europäische Zentralbank die Leitzinssätze ab dem Jahr 2008 deutlich und führte ein Anleihekaufprogramm ein, welches zu einem Anstieg der Preise und einer Senkung der Zinsen am Rentenmarkt führte, an dem die deutschen Versicherungsunternehmen mit hohen Volumina investiert haben ( Kap. 7).

Während mit der Absenkung des Zinsniveaus der einmalige Effekt steigender Anleihepreise einherging, welcher sich positiv auf den Marktwert der Kapitalanlagen der Versicherungsunternehmen auswirkte, sorgt das langanhaltende, dauerhafte Niedrigzinsumfeld – insbesondere bei den deutschen Lebensversicherungsunternehmen – für Schwierigkeiten. Letzteres ist darin begründet, dass die Lebensversicherer in der Vergangenheit gegenüber ihren Kunden teils hohe Garantieverpflichtungen hinsichtlich der Verzinsung des aufgebauten Kapitalstocks bei klassischen Lebens- und Rentenversicherungen eingegangen sind, die nun aufgrund der geringen Renditen bei traditionellen Anlagen am Rentenmarkt nur schwer zu erfüllen sind. Die Kapitalanlagen der Lebensversicherer in Deutschland haben im Mittel eine wesentlich geringere Laufzeit als die Verpflichtungen gegenüber den Kunden24, sodass nach einigen Jahren eine Neu- bzw. Wiederanlage der Vermögenswerte erfolgen muss. Im Niedrigzinsumfeld kann die Anlage der Vermögenswerte – insbesondere der Rentenpapiere – jedoch nur zu deutlich schlechteren Konditionen erfolgen wie zuvor. Als Reaktion auf diese Entwicklung ziehen viele Lebensversicherer eine moderate Steigerung des Kapitalanlagerisikos in Erwägung.25 Bei Rentenpapieren wird mitunter eine Erhöhung des Kreditrisikos, des Illiquiditätsrisikos sowie der Laufzeit (und damit der Sensitivität der Preise gegenüber Zinsänderungen) in Kauf genommen. Ferner besteht bei vielen Lebensversicherungsunternehmen ein verstärkter Anreiz, »die Investitionstätigkeit auf nicht-traditionelle Anlagen auszuweiten«26. Solche nicht-traditionellen Anlageformen können bspw. Infrastrukturprojekte, Immobilien und Private Equity-Investments sein. Zudem kommt es aufgrund des Niedrigzinsumfeldes bei einem Großteil der Lebensversicherungsunternehmen zu Produktanpassungen, sodass bspw. vermehrt fondsgebundene Lebensversicherungen angeboten werden, die keinen Garantiezins bieten und das Kapitalanlagerisiko auf den Versicherungsnehmer übertragen ( Kap. 6.3.10).

Falls die zuvor beschriebenen Maßnahmen nicht zu der gewünschten Verbesserung der Ertragsbasis der Lebensversicherungsunternehmen führen, besteht in einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld bei einigen Lebensversicherern die Gefahr rückläufiger Eigenmittel27. Insbesondere in Kombination mit einem schwachen, makroökonomischen Umfeld, das mit einer sinkenden Nachfrage nach Versicherungsprodukten, einem steigenden Kreditausfallrisiko sowie Wertverlusten bei Anlageformen wie Aktien und Immobilien einhergehen kann, ist ein nicht zu unterschätzendes Gefährdungspotenzial für die gesamte Lebensversicherungsbranche gegeben.28

Leitzinsänderungen und Anleihekaufprogramme beeinflussen zudem die Geldmenge in einer Volkswirtschaft. Wenn eine wachsende Geldmenge auf ein konstantes oder gar sinkendes Angebot von Waren, Dienstleistungen und Investitionsobjekten trifft, werden deren Preise in einer Volkswirtschaft tendenziell steigen. In einem Umfeld mit niedrigen Nominalzinsen führt zunehmende Inflation somit zu Realwertverlusten des größten Teils des Kapitalstocks der Versicherungsunternehmen, der in Rentenpapieren angelegt ist. Zudem steigen die zu erwartenden nominalen Schadenaufwendungen, bspw. weil im Zuge der Inflation mit höheren Reparaturkosten zu rechnen ist. Im internationalen Kontext besteht zudem ein Zusammenhang zwischen den Zinsniveaus in einzelnen Währungsräumen und den zugehörigen Wechselkursen. Bei international tätigen Versicherungsunternehmen können auch aus den Änderungen der Wechselkurse Effekte auf deren Versicherungsgeschäft und Kapitalanlagen resultieren.

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