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III.

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Barth hat den besonders interessanten Übergang innerhalb der ersten Phase von der allgemeinen positiven Würdigung der sozialen Bewegung zur aktiven Sympathie in «genauerem Überlegen und Studieren» in Briefen aus dem Dezember 1913 anschaulich gemacht. An Wilhelm Loew schreibt er am 15. Dezember 1913:

«Der Sozialismus hat dies Jahr, zunächst in mir selbst, stark überhand genommen. Ich kann dir nicht ausführen, wie es so gekommen ist, ich spüre nur, dass eine innere Konsequenz mich dieser Sache zuführt. Die Verhältnisse in meiner Gemeinde tragen mehr indirekt dazu bei, ausschlaggebend ist mir das, was ich langsam erstudiere auf diesem weiten Gebiet. Du würdest mich von einer kuriosen Literatur umgeben finden hier. Die Theologie schiebt sich bedenklich in den Hintergrund; ich fürchte, die Sache über die Persönlichkeit Gottes, die jetzt dann einmal in der Z. Th. K. erscheinen soll49, wird für längere Zeit mein letztes derartiges Wort sein. Im Sommer las ich Troeltschs Soziallehren, sonst nur noch Gelegentliches und Zeitschriften. Auch da werfe ich auf Neujahr noch Ballast über Bord, das biedere ‹Kirchenblatt› und die schweizer. theol. Zeitschrift. Dafür bin ich nun Leser der ‹Gewerkschaftl. Rundschau›, des ‹Textilarbeiters›, eines Konsumvereinsblattes u. einer Bauernzeitung.» |33|

«Dass ich die Gemeinde nun mit entsprechenden Predigten überschwemme, das brauchst du deshalb nicht zu befürchten. Immerhin wurde die Haltung entschiedener, in Verbindung mit etwas lebhafterer Abstinenzpropaganda noch dazu. (Wir hatten am 24. August einen kantonalen Abstinententag mit ca. 1200 Besuchern hier, der viel Rumor machte.50) Leider wurde das in den freisinnigen Kreisen der Gemeinde unangenehm empfunden, stärker als ich es mir vorstellte. Vor 4 Wochen etwa brach der Sturm los». «Unseligerweise standen gerade die Wahlen in die Ortskirchenpflege und in die Synode bevor. Da entstand nun ein grosses Getümmel, das noch nicht einmal beendigt ist. Zunächst hielt ich eine Predigt, in der ich beschrieb, was eine Kirchenpflege sein u. leisten sollte.51 Gegenchoc: Bildung eines freisinnigen Ortsvereins, der dem Anschein nach neutral sein sollte, in dem aber gleich in der ersten Sitzung die Arbeiterpartei wüst majorisiert wurde, sodass ich mit dieser protestierend das Lokal verlassen musste.52 Nun bildeten sich im Nu zwei Gruppen: Ortsverein, Lehrer, Wirte, Fabrikanten etc. gegen Arbeiter, Abstinenten, Pfarrer!»

«Die dadurch bewirkte Geisterscheidung war wie ich glaube, nötig u. nützlich; es musste nun einmal der hinterste Mann in der Gemeinde Stellung nehmen und es hat mich gefreut, dass ausser den Arbeitern auch Bauern und Handwerker offen auf unsre Seite getreten sind. Es war trotz Allem Kleinlichen u. Lächerlichen, das natürlich mitunterlief, doch ein Kampf um eine Idee, der aufweckend gewirkt hat, wenn auch etwas viel Konflikte aufs Mal zum Platzen gekommen sind. Wie schwer es für mich ist, in diesen Gegensätzen, an denen ich so stark beteiligt bin, als Pfarrer die gerade Linie beizubehalten – […] – das kannst du dir denken.»

Ich habe diesen Brief, dem andere Briefe und autobiographische Bemerkungen zur Seite zu stellen wären, etwas ausführlicher zitiert, weil in ihm deutlich wird, wie eng für Barth – und gewiss nicht nur für ihn – in dieser Zeit die Abstinentenbewegung und die soziale Bewegung verzahnt waren. Auslöser für Barths aktive Beteiligung am sozialistischen Kampf war offenbar zunächst die Reaktion der Freisinnigen auf die Agitation der Abstinenten. Ebenso auffällig ist, dass der politische Kampf für die Sache der Arbeiterpartei zunächst in Auseinandersetzungen um die Kirchenwahlen ausgetragen wurde. Das sind ungemein wichtige gegenseitige Abhängigkeiten und Beeinflussungen, von denen sich einiges in den Texten des vorliegenden Bandes spiegelt, vor allem in den Artikeln und Aufrufen zur Spielbankenfrage, die dadurch zusätzliches Gewicht bekommen. |34|

Theologie im Umbruch

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