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VII.

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Es ist dieser Gedanke des ursprünglichen Lebens im natürlichen Leben, des Unmittelbaren im abgeleitet Vermittelten, in dem sich für Barth in dieser Phase Christentum und Sozialismus selbstverständlich begegnen sollten und finden müssten – so fraglos-selbstverständlich, eins in einer Sache, wie Barth es so weder in den vorangehenden noch in den folgenden Jahren ins Auge gefasst und behauptet hat. In den umfassenden Darlegungen über «Die Zukunft des Christentums und der Sozialismus» vom Sommer 1917 führt Barth aus: Im Urteil über den Sozialismus sind nicht entscheidend die Ideen, die Menschen, die erreichten Erfolge. Entscheidend ist vielmehr: Hier brachen «Kräfte» «auf u. wurden wirksam, die das moderne Christentum aller Schattierungen nicht hat», die aber, «wie wir aus dem NT wissen[,] gerade das Wesentliche im Reiche Gottes» sind.73

«Nur ein Seufzen u. Schreien ist eigentlich das Wesen des Sozialismus, ein hilfloses Ringen des Menschen mit den unpersönlichen Mächten dieser Welt, weil er ein Mensch sein[,] weil er leben möchte der tötlichen Umklammerung des Mammon u. einer mammonistischen Gesellschaftsordnung zum Trotz, ein unpraktisches, ratloses, phantastisches Hungern u. Dürsten nach Gerechtigkeit [vgl. Mt. 5,6] […]. Das ist der Sozialismus – nicht mehr als das – aber das ist er.»74

«Dieses Unmittelbare im Sozialismus, […] das ist seine Kraft»75 – seine göttliche Kraft, müssen wir präzisieren. Denn «das Unmittelbare, das wir darin spüren», ist «der göttliche Stoss, der da wieder einmal aus der Tiefe gekommen ist ganz abseits von allem religiösen Wesen»76, aber innerlich zusammengehörig mit dem Evangelium, das als «Kraft Gottes» (Röm 1,16) «ein Stoss aus der Tiefe» ist «gleichsam, zur Erneuerung u. Errettung der Kreatur, geführt von dem Gott[,] der sich selber u. darum auch seiner Welt treu bleibt»77. Dass dieser Stoss im gegenwärtigen Christentum anders als im Sozialismus nicht als Kraft spürbar ist, hat seinen Grund darin, dass die Christenheit das Anklopfen des Gottesreiches

«einfach nicht verstand, sondern sich schleunigst allerhand selbstgestellten Privat- u. Spezialproblemen zuwandte, die an sich wohl wichtig u. nötig wären[,] |40| aber nicht für sich[,] sondern nur im Zusammenhang der Gesamterneuerung des Lebens u. der Welt aus den Kräften Gottes, die der Sinn des Evangeliums ist»78.

Diese Kritik an der Desorientierung der Christenheit hat neben dem spezifischen auch noch einen generellen Sinn, den wir notieren müssen, weil er die für Barth entscheidend wichtige Umkehrung des Paradigmas betrifft, in dem Theologie und Kirche gewöhnlich das Verhältnis von Gott und Welt begriffen haben. Barth bringt die Umkehrung, die er den beiden Blumhardts verdankt, 1919 anlässlich der Gegenüberstellung von Friedrich Naumann und Christoph Blumhardt in einem Doppelnekrolog so zum Ausdruck:

«Die kirchliche Auffassung [sc. von der Naumann ausging], dass die Welt im Grossen und Ganzen im Argen liege [vgl. 1Joh 5,19] und liegen bleibe, während allerdings im einzelnen durch die Religion manches gemildert, erleichtert und verbessert werden könne, kehrten sie [sc. die Blumhardts] gerade um: Es gibt im einzelnen auch ohne Religion viel Gutes und Hoffnungsvolles, viele Gleichnisse des Göttlichen in der Welt, sie bedarf und harrt aber im Ganzen einer durchgreifenden Erlösung und Neuordnung, nicht durch Religion, sondern durch die realen Kräfte Gottes.»79

Die Hoffnung, die in dieser Umkehrung der herkömmlichen Vorstellung von Gott und Welt wirksam ist, würde Robert Spaemann vielleicht auch einen «fast schon ruchlosen Optimismus»80 nennen. Ohne diese Hoffnung ist Barth aber nicht zu denken. Deshalb musste davon hier die Rede sein.

Theologie im Umbruch

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