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4.2 Höhere Anforderungen an brennbare Baustoffe 4.2.1 Der SBI für Wand- und Deckenbekleidungen

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Für die weitere Differenzierung brennbarer Baustoffe gab es in Europa nur für Fußbodenbeläge ein einheitliches Verfahren, das in verschiedenen Ländern verwendet wurde. Für diese Produkte wurde in den europäischen Normen ein Verfahren festgelegt (Flooring Radiant Panel), das dem bisherigen deutschen Verfahren weitgehend entspricht. Für die übrigen Produkte wurde für die europäische Harmonisierung ein völlig neues Verfahren entwickelt, der sogenannte SBI (Single Burning Item).


Bild 2. Kleinbrenner nach EN-ISO11925-2

Das SBI-Verfahren wurde in Korrelation zum sogenannten Room Corner Test nach ISO 9705 entwickelt und für die Beurteilung von Wand- und Deckenverkleidungen konzipiert. Man ging davon aus, dass ein Bauprodukt in „end-use conditions“, also entsprechend dem Anwendungszustand, geprüft wird. Mit der Prüfung soll es ermöglicht werden, den Beitrag eines Produktes zu einem Flashover und der daraus resultierenden Brandausbreitung in angrenzende Räume durch das eingebaute Produkt abzuschätzen. Auch die Rauchentwicklung und das brennende Abtropfen wird bewertet.

Im Room Corner Test (Bild 3) werden die Wände und Decken des Raums mit dem zu prüfenden Bauprodukt bekleidet. Der Brenner erzeugt 10 Minuten lang eine Leistung von 100 kW und in den nächsten 10 Minuten 300 kW. Die geprüften Produkte werden danach beurteilt, wann der Flashover eintritt, d. h. wann die Gase, die sich bilden, durchzünden und die gemessene Wärmefreisetzung (einschließlich der Brennerleistung) 1000 kW übersteigt.

Diese Prüfung wurde als grundlegendes Referenzszenario für die Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen in Europa definiert und als europäische Norm EN 14390 veröffentlicht.

30 Bauprodukte wurden für die Vorbereitung der Definition der europäischen Klassen geprüft und entsprechend der Zeit bis zum Flashover im Prüfraum bewertet. Zusätzlich wurden auch Klassen für die Rauchentwicklung definiert. Die Produkte wurden in diesem Versuch immer als Materialien, unabhängig von ihrer realen Anwendung, beurteilt. Dämmstoffe wurden z. B. ohne die in der Endanwendung am Bau vorhandenen Deckschichten geprüft. Produkte, die nur als Decken- oder nur als Wandverkleidungen verwendet werden, wurden an Decke und Wand gleichzeitig geprüft und Produkte, die nur in geringen Mengen eingesetzt werden (Kleinteile oder z. B. lineare Produkte wie Kabel oder Fensterrahmen) wurden ebenfalls vollflächig auf Wände und Decken aufgebracht. Damit war eine realistische Abschätzung des Risikos im Brandfall für viele Produkte nicht möglich.


Bild 3. ISO 9705 Room Corner Test

Dennoch wurde dieser Ringversuch als Basis für die Klasseneinteilung im SBI verwendet (Bild 4).

Die SBI-Prüfung als Laborprüfverfahren wurde folgendermaßen konzipiert (Bild 5):

Der Brenner soll einen einzelnen brennenden Gegenstand (z. B. einen Papierkorb) in einer Raumecke simulieren. Zwei Proben mit den Abmessungen 1000 mm × 1500 mm und 500 mm x 1500 mm und einer maximalen Dicke von 200 mm werden in rechtwinkliger Anordnung einer Diffusionsflamme von 30 kW ausgesetzt. Diese Flamme wird mit einem Sandbettbrenner erzeugt, dessen Flammenhöhe zwischen 0,5 m und 0,7 m beträgt. Die Wärmefreisetzung wird mit der Sauerstoffverbrauchsmethode bestimmt (Basis: die Menge des beim Brennen eines organischen Materials verbrauchten Sauerstoffs ist proportional zur freigesetzten Wärme).


Bild 4. Einteilung der Baustoffklassen nach der Zeit bis zum Flashover im Room Corner Test

Bei der Entwicklung des Prüfverfahrens war vorgesehen, die folgenden Parameter zu messen:

 – vertikale Flammenausbreitung,

 – seitliche Flammenausbreitung,

 – Rauchentwicklung,

 – Wärmefreisetzung,

 – brennendes Abtropfen und Abfallen.

Bei der Erprobung des Prüfverfahrens stellte sich heraus, dass die Flammenausbreitung auf der Probe nach oben (vertikale Flammenausbreitung) wegen der Flammenhöhe des Brenners im SBI nicht sinnvoll zu beurteilen ist. Die Flammen erreichen bei fast allen Produkten wegen der geringen verbleibenden Probenlänge über den Brennerflammen die Probenoberkante. Daher wird für die Beurteilung des Brandverhaltens im SBI lediglich die laterale Flammenausbreitung berücksichtigt (Erreichen der Seitenkante des langen Probenflügels).

Schwierigkeiten ergaben sich auch bei der Beobachtung des brennenden Abtropfens, da abtropfendes Material häufig in den Brenner oder in die Nähe des Brenners fällt und dort gezündet werden kann, auch wenn es beim Abfallen/Abtropfen noch nicht brennt. Es wurde festgelegt, dass brennendes Abtropfen nur dann aufgetreten ist, wenn das Brennen von abfallenden Tropfen oder Probenteilen am Boden der Prüfapparatur außerhalb des Brennerbereichs beobachtet werden kann. Um zu verhindern, dass bei thermoplastischen Produkten nicht brennende Schmelze im Bereich des Brenners gezündet wird und dann zur Seite läuft und weiterbrennt, wurde in der Revision 2015 der Norm der Brenner etwas hochgesetzt und in der Rinne vor der Probe eine Sperre für die Schmelze eingebaut.


Bild 5. SBI-Prüfverfahren

Ein Ringversuch mit den 30 Bauprodukten, die im Room Corner Versuch geprüft worden waren, wurde von einer Reihe von Laboratorien mit dem SBI durchgeführt. Auf der Basis der Ergebnisse dieses Ringversuchs wurde nach Kriterien für die Beurteilung im SBI gesucht, mit denen einen Korrelation zu den Zeiten bis zum Flashover im Room Corner Test herzustellen ist. Für einen großen Teil der Produkte (4 Produkte wurden als sogenannt „exotisch“ bzw. „difficult to test“ nicht berücksichtigt) ergab sich die Möglichkeit, mit dem sogenannten FIGRA diese Korrelation herzustellen. Der FIGRA (Fire Growth Rate) wird als Quotient aus der freigesetzten Wärme beim Brennen des Produktes und der Zeit bis zum Auftreten dieser Wärmeentwicklung errechnet. Ein zusätzliches Kriterium für die Beurteilung von Produkten im SBI ist das Integral der Wärmefreisetzung THR (Total Heat Release) in den ersten 10 Versuchsminuten.

Bei manchen Produkten kann in den ersten Sekunden des Versuchs ein „Peak“ der Wärmeentwicklung auftreten, der durch das lokale Austreten entzündlicher Gase aus dem Produkt bei der Erwärmung verursacht wird. Der daraus resultierende steile Anstieg der Wärmefreisetzung am Anfang des Versuchs würde dann trotz eines guten Verhaltens im weiteren Verlauf zu einer schlechten Beurteilung führen. Da ein kurzes Aufflackern zu Beginn der Brandbeanspruchung, das nicht zu einer größeren Entzündung oder Brandweiterleitung führt, nicht sicherheitsrelevant ist, wurde der sogenannte „threshhold value“ eingeführt. Damit wird dieser anfängliche „Peak“ nicht berücksichtigt, wenn das Integral der Wärmeentwicklung zu diesem Zeitpunkt klein genug ist.

Dies ist für eine Reihe von Kunststoffen von Bedeutung, wie z. B. für PIR (Polyisocyanurat – brandschutztechnisch optimierte Variante von Polyurethan), Melaminschäume und Phenolharzprodukte, insbesondere, wenn brennbare Treibgase enthalten sind. Auch wenn Produkte (z. B. Dämmstoffe) mit sehr dünnen Deckschichten versehen sind, die zu Beginn der Brandbeanspruchung aufflammen und dadurch für eine sehr kurze Zeit schlagartig Wärme entwickeln, kann ein solcher Peak zu Beginn des Versuches auftreten.

Trotz der Einführung des threshhold value ist der FIGRA nicht in allen Fällen für eine Risikobeurteilung geeignet. Vor allem Produkte, die erst spät im SBI-Versuch beginnen zu brennen, dann aber mit großer Energiefreisetzung brennen, werden relativ gut beurteilt. Dies wird auch nicht durch den zusätzlichen Klassifizierungsparameter THR600 (Total Heat Release) kompensiert, denn das Integral der Wärmefreisetzung wird nur für die ersten 10 Minuten des Versuchs bewertet (die Versuchsdauer beträgt 20 Minuten). Das trifft z. B. für eine Reihe von Holzprodukten zu.

Für die Rauchentwicklung wurde analog zum FIGRA ein SMOGRA (Smoke Growth Rate) definiert, der sich aus dem Quotienten aus der Rauchentwicklung und dem Zeitpunkt, zu dem diese auftritt, errechnet. Auch hier wurde versucht, eine Korrelation zum Room Corner Test herzustellen. Dies erwies sich jedoch als wesentlich problematischer als beim FIGRA.

Zusätzlich wird das Integral der Rauchentwicklung während der ersten 10 Versuchsminuten (TSP600Total Smoke Production) für die Klassifizierung der Rauchentwicklung verwendet. Die Korrelation zum Room Corner Test war bei den geprüften Produkten nicht zufriedenstellend, und es zeigte sich, dass im ersten SBI-Ringversuch weder die Vergleichbarkeit zwischen den Labors, noch die Wiederholbarkeit der Einzelversuche in den einzelnen Labors den Anforderungen genügte. Daraufhin erhielt die Universität Gent den Auftrag, die Rauchmessung im SBI zu verbessern. Es wurden Änderungen im Messverfahren und beim Abluftstrom vorgenommen. Ohne erneute Überprüfung wurde dann die Rauchklassifizierung mit in das Klassifizierungssystem aufgenommen. Eine weitere Korrektur der Rauchmessung erfolgt in der Revision der SBI-Norm von 2020 – der Beitrag des Hauptbrenners zur Rauchentwicklung wird von der gemessenen Rauchentwicklung subtrahiert. Diese hat allerdings nur für wenige Produkte Auswirkungen. Die Rauchklassifizierung muss bei allen Produkten im CE-Zeichen neben der Brandklassifizierung angegeben werden.

Tabelle 2. Klassifizierungskriterien für brennbare Baustoffe im SBI

Brandklasse FIGRA [W/s] THR600s [MJ] Rauch klasse SMOGRA [m2/s2] TSP600 [m2]
B*) (oder besser) ≤ 120 ≤ 7,5 s1 ≤ 30 ≤ 50
C*) ≤ 250 ≤ 15 s2 ≤ 180 ≤ 200
D ≤ 750 - s3 - -

*) Seitliche Flammenausbreitung bis zur Außenkante des langen Probenflügels nicht erlaubt

Zusammenfassend wird die Klassifizierung brennbarer Bauprodukte nach der Norm EN 13501-1 bezüglich der SBI-Messergebnisse in Tabelle 2 dargestellt.

Bauphysik-Kalender 2021

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