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Fallbeispiel: Transtheoretisches Modell
ОглавлениеDas Beispiel ist an einem Beratungsprozess angelehnt, welcher sich im Rahmen der Schulsozialarbeit an einem Gymnasium einer mittelgroßen Stadt abgespielt hat. Der vierzehnjährige Richard fällt mehreren Lehrenden immer wieder durch seine herablassende Art gegenüber Erwachsenen sowie durch unregelmäßige Leistungsverweigerung auf. Gespräche mit den Eltern und Richard wurden vom Vater mit dem Vermerk abgebrochen, dass die Schule ihren Job machen und seine Familie in Ruhe lassen solle. Schließlich willigte er aber in Gespräche zwischen Richard und dem Schulsozialarbeiter ein.
Dem Transtheoretischen Modell folgend fanden sechs Beratungsgespräche statt. Analog zum Verhalten des Vaters befand sich Richard zunächst in den ersten beiden Phasen der Sorglosigkeit und der Bewusstwerdung. Dies wurde durch Aussagen ersichtlich wie »Ich weiß nicht, was ich hier soll (…) was wollen die (Lehrkörper) denn (…), so schaffe ich die Stufe nie.« Endsprechend wartete der Schulsozialarbeiter mit motivationaler Gesprächsführung auf und verbalisierte u. a. den anklingenden Missmut über Richards Rolle in der Klasse sowie dessen Beziehung zu den Lehrerinnen.
Gegen Ende des zweiten Gespräches ließen sich Richards Aussagen entsprechend der Phase der Vorbereitung einordnen: »Ich muss gegenüber Frau X einfach mal auf die Zunge beißen und durchhalten, ist nur ein Nebenfach.« Eine kognitive Technik (automatische Gedanken identifizieren) wurde nun vom Berater angewandt: »Wenn Frau X dich so ansieht, welche Gedanken kommen dir zuerst (…), was fühlst Du (…), wie sähen alternative Gedanken aus?«
Vor dem vierten Gespräch wurde ein Rückschritt auf vorherige Phasen ersichtlich, als Richard in der Pause zum Sozialarbeiter ging und vermerkte: »Frau X kann mich wirklich am Arsch. Ich sehe nicht ein, mich für so Eine zu verändern.« Beim Telefonat am Nachmittag konnte der Kollege nur die Mutter erreichen, welche ihren Sohn aber dazu anhalten konnte, den nächsten Gesprächstermin wahrzunehmen. Der Berater nutzte erneut motivationale Techniken. Im Anschluss wurde die aktuelle Auseinandersetzung mit Hilfe der »automatischen Gedanken« analysiert.
In den Beratungsgesprächen fünf und sechs sind schließlich Methoden der Verhaltenstherapie und der Systemischen Beratung zur Anwendung gekommen. Verhaltensorientiertes Training zur Emotionsregulation bot sich als Übung zur Wahrnehmung aufkommender Wut und alternativer Verhaltensweisen (vornehmlich verbaler Art) an. Systemische Aufstellungsarbeit verdeutlichte Richard Wünsche und Ziele unterschiedlicher Protagonisten in seiner Klasse.